Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 84
haben wir etwa 3 690 Personen gehabt. Bereits 1980 waren es 12 470. 1985 waren es 16 700 Betreute. 1990 waren es schon 18 350. Und es werden eigentlich immer mehr. Aber diese Entwicklung zeichnet sich schon seit vielen Jahren ab und Sie von der SPÖ haben aus dieser Sache nichts gelernt und sind dementsprechend nicht vorbereitet! Wie wir gesehen haben, fehlt es vorne und hinten am nötigen Kapital!
Sie von der SPÖ, in Person der amtsführenden
Stadträtin für Gesundheit, haben immer wieder versprochen, dass zum Beispiel
nicht Nachkommen für die Betreuung der Eltern aufkommen sollen. Da bin ich
gespannt, wann Sie dieses Versprechen brechen werden. Denn so, wie es derzeit
läuft, fehlt das Geld und damit auch die notwendige Betreuung und die
notwendigen Pflegesätze. Ich habe Ihnen gesagt, wir müssen weg von großen
Einheiten, von Heimen, damit man diesem demographischen Trend entgegenwirken
kann. Man muss weiter den außerstationären Bereich aufwerten. Das ist genauso
wichtig wie der Krankenhausbereich.
Wenn man weiterhin ernst nimmt, dass man eine
Professionalisierung vorantreiben möchte, dann wird, so denke ich, der Stadt
Wien nichts anderes übrig bleiben, als die Andersen-Studie, wie ich sie schon
vor drei Tagen erwähnt habe, einmal ernst zu nehmen und die darin enthaltenen
Anregungen und Kritikpunkte umzusetzen. Aber offenbar wird hier auch etwas
verschlafen. Wir brauchen Investitionen in die Gesundheitsvorsorge und in die
Gesundheitsfürsorge für hilfsbedürftige und pflegebedürftige Menschen außerhalb
der Krankenanstalten, müssen diese raschest ausbauen und nicht nur die Mittel
kürzen. Das Verantwortungsangebot muss diesen längeren Lebenserwartungen
angepasst werden. Es gibt vielmehr seit Jahren einen gleich bleibenden langen
Stau auf der Warteliste von Heimplätzen.
Zweitens: 300 Senioren sind dauernd angemeldet,
um nach einem Spitalsaufenthalt einen Platz in einem Geriatriezentrum zu
bekommen. Meine Damen und Herren, bei der Versorgung von pflegebedürftigen
Personen in Wien ist es bereits fünf nach zwölf und es fehlt an
Geriatriezentren, es fehlt an weiteren sozialen Diensten, es fehlt an Personal,
es fehlt an Tageszentren und es fehlt auch an Tageskliniken. Das konnten wir
wieder einmal an dem traurigen Beispiel aus der Zeitung vom 27. Juni
erkennen.
Vielleicht können wir einmal die Einführung eines
Pflegeschecks anstatt kompletter Geldleistungen überdenken, um zumindest das
Pflegegeld in professionelle Hilfe umzuleiten. Geben wir damit dem Einzelnen,
der es auch braucht, die Möglichkeit, dass er sich selbst aussuchen kann, wo er
hin will, dass er selbst die Möglichkeit hat, unter Umständen zu wechseln, dass
es einen gewissen Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Heimen gibt und dass
der Betroffene, der einen Pflegebedarf hat, bessere Möglichkeiten vorfindet und
eine bessere Pflegequalität bekommen kann!
Vielleicht können wir den Abriss neu renovierter
Pavillons, wie zum Beispiel in Baumgarten, einmal überdenken und auch die
Sanierung von Pavillons stoppen, die in naher Zukunft abgerissen werden sollen.
Da wäre zum Beispiel effizienter Einsatz von gesundheitspolitisch notwendigen
Mitteln unerlässlich. Dass hier vieles schief läuft, meine Damen und Herren,
zeigen mittlerweile auch die optimistischsten Untersuchungen.
Wir sehen auf medizinischer Seite immer mehr und
mehr, dass die Zahl der Pflegebedürftigen mit Demenzen und
Alzheimererkrankungen massivst zunimmt. Daher wird die Intensität der Pflege
und Betreuung im Einzelfall immer zunehmen.
Eine gute Mobilität ist insbesondere für ältere
Menschen von grundlegender Wichtigkeit. Deshalb muss man im Bereich der
Stadtplanung, Wohnbau- und Verkehrspolitik mehr in diese Richtung machen und
die Betreuung zu Hause verstärken.
Sie von der Stadtverwaltung müssen erhebliche
Anstrengungen unternehmen, um ein Altern in Würde und bei bestmöglicher
Gesundheit zu ermöglichen! Nehmen Sie unsere Kritik ernst! Verharmlosen Sie
nicht immer die wahren Zustände! Schieben Sie die Verantwortung nicht immer von
sich! Und schaffen Sie die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Gesetz zur
Einrichtung einer Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft, (Beifall bei der FPÖ.) die solche humanitären Zustände, wie
wir sie in der Zeitung lesen, verhindert oder zumindest solche Missstände
aufdeckt und beseitigt! Aber schaffen Sie auf jeden Fall die gesetzlichen
Voraussetzungen, damit effektive Kontrolle stattfindet! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl:
Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Korosec.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
„Sind hilfsbedürftige
Menschen so viel weniger Beachtung wert als der ORF und die
Ortstafelproblematik?" - Diese Frage stellte Prof Leopold Rosenmayr, ein
unermüdlicher Kämpfer für hochbetagte und hilfsbedürftige Menschen. Er meint in
einem Gastkommentar: „Wie viel Streit und Aufwand von Berichterstattung
riskiert die Republik und betreiben die Medien für die gewiss notwendige
Regelung der Ortstafelfrage oder um die Unabhängigkeit des ORF? Sind
hilfsbedürftige Menschen in einer für sie sehr entscheidenden Lebensphase viel
weniger Beachtung wert, so wenig, dass man die Sonderaufmerksamkeit durch eine
Ombudsperson aufhebt?" - Meine Damen und Herren, das sagt alles! Und das
sagt ein Fachmann, das sagt jemand, der sich seit vielen Jahrzehnten mit dieser
Problematik beschäftigt!
Meine
Damen und Herren, wir wissen, wieso der Pflegeombudsmann Dr Vogt eingesetzt
wurde. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sehr
interessiert ist die Frau Stadträtin nicht!) Als 2003, im Konfliktjahr der
Pflege von alten Menschen in Lainz, Not am Mann, Feuer am Dach war, hat die
damalige Gesundheitsstadträtin etwas sehr Kluges gemacht. Sie hat nämlich Dr
Vogt geholt. Sie setzte den durch medizinische Qualifikation, Spitalserfahrung
und hohen sozialen Mut, und das ist bitte in dieser Position von besonderer
Bedeutung, bekannten Werner Vogt als Pflegeombudsmann ein und Dr Vogt übernahm
mit
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