Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 84
Unter dem Titel 'Der verschollene Konstantin' werden die zwielichtigen Umstände rund um die Person Makarenko dargelegt.
Demnach soll er der Republik Österreich
100 Millionen an Steuer schulden und einen Mordauftrag erteilt haben. Es
wird per internationalem Haftbefehl gesucht.
Konkret wird Makarenko vorgeworfen, dass er
Auftraggeber für das Attentat auf Johann Rosenthal, dessen Partner und
'Osteuropa-Beauftragter', sei, der versucht hätte, ihn, Makarenko, zu
erpressen.
Im Zuge von Hausdurchsuchungen wurden in Makarenkos
Büros und Wohnungen deutliche Indizien gefunden, die diese Tatversion
glaubwürdig erscheinen lassen. Nicht zuletzt ist Makarenko von Mazepin, der den
telefonischen Auftrag zur Ermordung Rosenthals gegeben hatte, belastet worden.
Die Vorgänge rund um die Person Makarenko scheinen
offenbar so aufklärungsbedürftig und bedeutsam, dass der Fall von der für Mord
zuständigen Ermittlergruppe zu jener, die gegen die organisierte Kriminalität
vorgeht, wanderte. Dort ist man überzeugt, mit Makarenko einen 'großen Fisch'
an der Angel zu haben.
Fix behauptet wird jedenfalls, dass ein
kompliziertes, internationales Geflecht von Unternehmen oder Scheinfirmen aus dem
Dunstkreis von Makarenkos Wiener Transportunternehmen die Republik Österreich
durch Abwicklung von Scheingeschäften betrogen haben soll. Existente oder auch
nicht existente oder falsch deklarierte Waren sollen international von
Unternehmen zu Unternehmen im Kreis geschickt worden sein, um so die Erstattung
der real nirgendwo entrichteten Vorsteuer vom österreichischen Staat zu
erwirken. Gesamtschaden: Zwischen 70 und 150 Millionen EUR. Angebliche
Software für Metallverarbeitung in Sibirien, tonnenweise Trockeneiweiß oder
Aluminium haben da für angebliche Millionen die angeblichen Besitzer
gewechselt.
Konstantin
Makarenko kam 1991 nach Wien und gründete bald danach ein international
fungierendes Transportunternehmen. 1996 organisierte er für die Stadt Wien
kostenlos Hilfstransporte nach Moskau und öffnete sich so die Tür zum Wiener
Rathaus. Intensiven Kontakt hatte Makarenko mit Michal Polak, der ein
persönlicher Sekretär von Bgm Michael Häupl ist. Makarenko und Polak
wurden persönliche Freunde, flogen mehrmals gemeinsam über’s Wochenende nach
Kiew. Einmal, nachdem Makarenko eben aus der Haft entlassen worden war, ging es
gemeinsam für eine Woche in die Karibik. Makarenko, der sich selbst als
Uhrenliebhaber bezeichnet, steht dazu, seinem 'persönlichen Freund Michal Polak
einmal zum Geburtstag eine Uhr um 2 000 EUR geschenkt' zu haben.
Auch Polak
war seinem Freund Konstantin behilflich. Der hatte 1998 um die Verleihung der
österreichischen Staatsbürgerschaft angesucht, doch die zuständige
Magistratsabteilung 61 sah keinen Grund, Makarenko vorzeitig
(Mindestdaueraufenthalt in Österreich ist zehn Jahre) einzubürgern. Im Jahr
2001 ging das Einbürgerungsverfahren schließlich in die Endphase, doch die
MA 61 verlangte wie von jedem anderen Antragsteller auch eine 'Unbedenklichkeitsbescheinigung'
des Finanzamtes, mit der bestätigt wird, dass die betreffende Person keine
Steuerschulden hat. Zu diesem Zeitpunkt waren aber längst finanzstrafrechtliche
Ermittlungen gegen Makarenko eingeleitet worden. Aus einem Haftungsbescheid des
Finanzamtes Wien 9/18/19/Klosterneuburg vom 23.8.2004 geht zudem hervor, dass
gegen Makarenko ein Steuerrückstand zumindest für die Jahre 1997 und 1998
bestand.
Jetzt
wurde die MA 61 mit Interventionen aus dem Präsidialbüro des
Bürgermeisters richtiggehend bombardiert. In teils ungeduldigen E-Mails (die
'profil' vorlagen) forderte Polak einen Beamten der MA 61 ultimativ auf,
bekannt zu geben, 'wann genau die Staatsbürgerschaft Herrn DI Makarenko
verliehen' werde. Auch andere Eingaben in dieser Sache wurden über das Büro
Häupl angewickelt.
Schließlich
wurde die Staatsbürgerschaft verliehen. Ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung
während eines laufenden Verfahrens wegen Steuerhinterziehung im großen Stil.
Im
Dezember 2005 hat Volksanwalt Ewald Stadler eine ’Missstandsfeststellung' in
der Causa vorgelegt. Darin werden zum einen die 'vehementen Urgenzen aus dem
Büro des Herrn Bürgermeisters' scharf verurteilt, zum anderen die Verleihung
der Staatsbürgerschaft trotz lückenhafter Dokumentation der Voraussetzungen.
Makarenko hätte auch bewusst falsche Angaben gemacht. Zitat aus der auch von
Volksanwalt Peter Kostelka mitgetragenen Feststellung: ,Der Gesamtzusammenhang
der Akte lässt keinen anderen Schluss zu als den, dass die Entscheidung (die
Staatsbürgerschaft wegen fehlender Voraussetzungen nicht zu verleihen,
Anm d Red) auf Grund weiterer Interventionen seitens des Büros des
Herrn Bürgermeisters revidiert wurde.'
Die
'aktenkundige Einflussnahme auf das Verfahren' sei jedenfalls als
'unangemessene Druckausübung auf die verfahrensführenden Beamten' anzusehen.
Doch auch eine 'noch so vehemente Urgenz' könne die rechtlich vorgegebenen
Voraussetzungen für die Bescheiderlassung nicht aufheben, weswegen die
Tatsache, dass sich die 'Behörde letztlich sehenden Auges und aktenkundig
darüber hinweggesetzt hat', ebenfalls als 'gravierender Missstand in der
öffentlichen Verwaltung' zu werten sei.
Eine
Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens steht angeblich bevor. Auch
wegen des Verdachts, dass weitere von Makarenko vorgelegte Unterlagen gefälscht
sein könnten.
Da eine
missbräuchliche Verleihung der Staatsbürgerschaft des Herrn Makarenko oder von
Staatsbürgerschaften im Allgemeinen durch das Land Wien nahe liegen, und auch
nicht ausgeschlossen werden kann, dass geschäftliche Aktivitäten mit Herrn
Makarenko zum Nachteil der Stadt Wien erfolgten, stellen die gefertigten
Landtagsabgeordneten daher gemeinsam mit den Mitunterzeichnern gemäß
§ 36 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien an den Herrn
Landeshauptmann nachfolgende
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