Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 84
Austritte sind ja nicht nur jetzt das Thema, sondern das hat sich ja schon Jahre vorher abgezeichnet. Meiner Meinung nach ist die Basis daran schuld. Mit Basis meine ich diverse Betriebsratsobmänner und -obfrauen, die sich an den Dienststellen zu Betriebsratskaisern entwickelt haben, ziemlichen Druck ausüben und sich zum Beispiel nicht mehr unter die ArbeitnehmerInnen mischen, sondern sich in den Betriebsratskammerln verstecken, mit den Werkmeistern, mit den Diensteinteilern ein Zigarrl rauchen und ein bisschen was trinken. Wie sollen die ArbeitnehmerInnen, wenn sie ein Anliegen haben, zum Betriebsrat kommen, wenn hier der quasi Dienstgeber immer dabeisitzt? Wie soll das funktionieren? Man verliert ganz einfach das Vertrauen.
Dann weiters: Die freien Tage oder die Beurteilungen
"ausgezeichnet" werden nur vergeben, wenn man 100 Prozent
FSG-Zugehörigkeit eingesteht. Im Klartext: Diese Beurteilungen und die freien
Tage werden nach der braunen Halskrause vergeben, meine Damen und Herren. So
ist das! (Abg Nurten Yilmaz: Ein starkes Stück, was Sie da behaupten!)
Ja, ein starkes Stück, aber die Wahrheit. (Abg
Nurten Yilmaz: Das ist beschämend!)
Für Ansuchen um höhere Dienste, meine Damen und
Herren, braucht man den Betriebsrat. Wir sagen immer Erdäpfelstempel dazu. Das
heißt, man muss sich gut stellen, sonst landen die Ansuchen im Rundordner,
meine Damen und Herren. (Abg Kurt Wagner:
Steht das hier zur Diskussion? Wir sind nicht im Betriebsratsgremium!)
Weiters: Sie kommen aus den Löchern nur vor den
Personalvertretungswahlen hervor. Ja, da fahren wir mit Festln auf, Essen und
Trinken frei, und dann, wenn man schon ein bisschen weichgesoffen ist (Abg
Franz Ekkamp: Also bitte! Ein bisschen andere Worte!), wird mit
Versprechungen herumgeworfen, dass man vielleicht auf dem 18. Platz
kandidieren darf bei der FSG. So schaut es aus! Sie wissen es ja nicht. Sie von
der SPÖ, die einen gewerkschaftlichen Hintergrund haben, Sie haben sich vorher
genauso in den Kammerln versteckt. Darum weiß man es auch nicht. (Abg Kurt Wagner: Sie wollen wissen, wie es
bei uns zugeht!)
Wenn eine Oppositionsfraktion kandidieren möchte und
Unterstützungserklärungen dazu braucht, werden die ArbeitnehmerInnen, die bei
der Oppositionsfraktion unterschreiben, unter Druck gesetzt und gemobbt. Da
muss angesetzt werden, da muss reformiert werden. Von ganz unten muss
reformiert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall von Abg Mag Wolfgang Jung. – Zwischenruf
von Abg Kurt Wagner.) Sie können es mir glauben. Das ist gelebter
FSG-Basis-Gewerkschaftsalltag. So ist es! (Abg
Kurt Wagner: Es ärgert Sie nur, dass Sie dort keine Mehrheit haben! Aber so ist
es in der Demokratie!)
Nun zu meinem Antrag, meine Damen und Herren, und
zwar betreffend zukünftige Gehaltserhöhungen und Gehaltsverhandlungen.
Die Vorgehensweise, Gehaltserhöhungen nur in
Prozentabschlüssen auszuhandeln und durchzuführen, begünstigt die besser
verdienenden Beschäftigten. Die Schere geht immer weiter auseinander. Das weiß
man ohnedies. In Zeiten steigender Armut und einer immer weiter wachsenden
Anzahl an Working Poor, also Menschen, die trotz Erwerbsarbeit von ihrem
Einkommen nicht leben können (Abg Godwin Schuster: Haben wir ein Gesetz zum
Betriebsrat?), wären solidarische Gehaltsabschlüsse im öffentlichem Sektor
ein wichtiges Signal. (Abg Franz Ekkamp:
Das stimmt ja gar nicht mit den Prozenten! – Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist die
Realität, Herr Kollege! – Abg Franz Ekkamp: Das stimmt nicht!)
Wir haben ausgerechnet, laut vorliegendem
Gesetzesentwurf verdient ein nach Schema I entlohnter Beamter oder eine
Beamtin der Verwendungsgruppe 4, Gehaltsstufe 1 statt
1 078,16 EUR in Hinkunft mit Gehaltserhöhung in Prozentabschlüssen
1 107,37 EUR. Dies entspricht in absoluten Zahlen einer Erhöhung von
29,21 EUR. Hingegen beim Schema II, KAV, Verwendungsgruppe A1,
Gehaltsstufe 12 gibt es bei 7 787,74 EUR eine Erhöhung von
210,27 EUR, meine Damen und Herren. Also das heißt, der besser Verdienende
hat gegenüber den schlechter Verdienenden eine siebenfache Erhöhung.
Ich werde diesen Antrag zur sofortigen Abstimmung
fordern, denn wieso soll ich ihn irgendwo zuweisen lassen, wenn der ÖGB-Präsident
eh da sitzt, nur mit einem anderen Hut. Das wäre ein Zeichen von Reformierung,
meine Damen und Herren. (Abg Kurt Wagner: Der Herr Vorsitzende ist aber
nicht als ÖGB-Präsident da!)
Deshalb wolle der Landtag beschließen:
Der Landtag fordert die zuständigen
VerhandlungsführerInnen seitens des Landes Wien auf, bei zukünftigen in den
besoldungsrechtlichen Rechtsvorschriften zu verankernden Gehaltserhöhungen
verstärkt BezieherInnen niederer Einkommen zu begünstigen. Dies soll durch den
verstärkten Einsatz von Gehaltserhöhungen durch Sockelbeträge statt rein
prozentuellen Erhöhungen, welche besser Verdienende bevorzugen, erreicht
werden. (Abg Kurt Wagner: Das ist die Autonomie der
Kollektivvertragsverhandlungen! – Abg Godwin Schuster: Die verhandeln ja gemeinsam!
– Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ja, es war auch die Antwort, wir lehnen uns an den
Bund an, Frau Frauenberger. Es wird immer geschimpft auf den Bund. Machen wir
es doch! Das wäre ein Weg und ein Zeichen eines Gewerkschaftsvertreters, auch
in dieser Funktion vielleicht einmal die ArbeitnehmerInnen zu vertreten. –
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Frauenberger. Ich erteile es ihr.
Abg Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zuerst möchte ich, persönlich
möglichst unaufgeregt, aber trotzdem, diese pauschalierten Vorwürfe und
Untergriffe gegenüber Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern aufs Schärfste
zurückweisen. Es gibt sehr, sehr viele Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die
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