Landtag,
4. Sitzung vom 30.03.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 42
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster
Abgeordneter hat sich Kollege Wutzlhofer zu Wort gemeldet. – Ich erteile
es ihm.
Abg Jürgen Wutzlhofer
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Sehr geehrter Herr
Präsident! Liebe Jugendanwälte! Meine Damen und Herren!
Zuerst möchte ich mich sehr herzlich für den Bericht bedanken, in
welchem wie jedes Jahr nicht nur sehr umfangreich geschildert wird, welche
Arbeit geleistet wird, sondern der uns hier im Gemeinderat und Landtag auch
immer Anregungen für unsere konkrete Arbeit gibt. Wir haben das in der
Vergangenheit ernst genommen und sehr geschätzt, und wir wollen das auch
weiterhin tun!
Gerade im Bereich Bauen und Wohnen, den Kollegin Smolik erwähnt hat,
gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Ich muss aber auch aus meiner Sicht ganz
offen sagen, dass es diesbezüglich, wie im Bericht anschaulich erläutert,
tatsächlich sehr viel Handlungsbedarf gibt. Es besteht natürlich Bereitschaft,
mit eurer Expertise versehen ganz konkret weiterzuarbeiten. Ich glaube auch,
dass für den weiten Weg, bis es rechtliche Regelungen geben wird, besonders
sinnvoll ist, wenn es solche Anregungen wie den Kriterienkatalog für
generationenübergreifendes Wohnen, der darin enthalten ist, gibt.
Ich möchte aber noch etwas Grundsätzliches sagen. Für mich und meine
Fraktion ist es sehr begrüßenswert, dass hier eine sachliche Auseinandersetzung
mit den Vorschlägen der Kinder- und Jugendanwaltschaft und damit mit Anliegen
von Kindern und Jugendlichen geführt werden kann, und ich bin sehr froh
darüber, dass das fast alle Fraktionen pflegen! Nicht getan hat das jedoch
Kollege Gudenus, der zum Beispiel davon gesprochen hat, dass es sich bei
MigrantInnen überhaupt nicht um Mitglieder unserer Gesellschaf, sondern um eine
andere Gesellschaft handelt und dass das Ganze eine Folge der Politik von
Integrationsfanatikern sei.
Ich möchte dazu wenig sagen, und zwar ohne mir einen Ordnungsruf
einzuhandeln. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur die Definition von
Fanatismus, die ich auf “Wikipedia“ gefunden habe, bringen, weil dieser Begriff
im Zusammenhang mit Immigration gefallen ist: „ Als Fanatismus bezeichnet man
das Besessensein von und unbedingte Festhalten an einer Idee oder theoretischen
Vorstellung. Fanatismus ist durch Intoleranz gegenüber jeder anders lauteten
Meinung gekennzeichnet. Einer vernünftigen Argumentation ist ein Fanatiker
dabei nicht zugänglich.“ – Meiner Ansicht nach gibt es eine Fraktion, die
diese Form von Fanatismus verinnerlicht und zum politischen Programm gemacht
hat, und das ist die FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt aber zu den wesentlichen Punkten. Etwas, das ich hervorheben
möchte, ist, dass der Bericht nicht nur Aufschluss darüber gibt, wie es
sozusagen ausschaut, sondern jedes Jahr auch innovative neue Projekte und damit
Ansätze für uns bietet. Dafür möchte ich sehr herzlich danken! Heuer ist ein
neuer Ansatz zum Beispiel dieses PatInnenprojekt oder auch das Mystery Shopping
und die Arbeit mit den Softguns.
Ich möchte jetzt aber ganz konkret noch auf eine Sache eingehen, die
ich gerne hier behandelt haben möchte, nämlich die Arbeit mit Tätern
beziehungsweise jugendlichen Sexualstraftätern. Es ist sehr traurig, was hier
im Bericht nachzulesen ist, dass nämlich die Unterstützung von Bundesebene
offensichtlich abnimmt. Ich meine, dass man darüber diskutieren sollte, warum
offenbar kein Verständnis für die Notwendigkeit, dass mit Tätern gearbeitet
wird, mehr vorhanden ist.
Als Information für alle, die den Bericht nicht gelesen haben: Die KJA
arbeitet intensiv mit dem Verein LIMES im Zusammenhang mit minderjährigen
Tätern zusammen, der von massiven Kürzungen durch das BMSG betroffen ist und
daher immer weniger tun kann beziehungsweise – sagen wir es einmal
so – seine Arbeit nur mit der Unterstützung der KJA fortführen kann. Ich
finde, das ist ein trauriger Umgang mit dem Thema jugendliche Sexualstraftäter,
und ich befürchte, dass das vielleicht sogar ein Rückfall in eine Zeit sein
könnte, in der wir immer wieder quasi darüber diskutieren mussten, dass es
diese Täter und dieses Thema gar nicht gibt. Abgesehen davon, dass das
Sabotierung der Arbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist, ist das eine
massive Sabotierung von Prävention. Wenn man jetzt nicht mit den Tätern
arbeitet, dann kann sich diese Situation auch nicht verbessern!
Symptomatisch für diese Haltung ist auch, dass es heuer nicht wie jedes
Jahr eine internationale Tagung zum Thema Prävention von sexueller Gewalt
gegeben hat, und zwar natürlich nicht deshalb, weil die Stadt Wien irgendwelche
diesbezüglichen Förderungen eingestellt hat, sondern weil es keine
Unterstützung durch das BMSG gegeben hat. Das ist sehr, sehr schade!
Schade ist außerdem, dass der Vorschlag der Kinder- und Jugendanwälte
aus ganz Österreich zum Strafprozessreformgesetz, nämlich die TäterInnenarbeit
mit einzubeziehen, nicht berücksichtigt wurde. Diese Thematik ist leider hier
im Landtag noch nie besprochen worden. Ich möchte das Thema jetzt einmal
anreißen: Es würde mich wirklich interessieren, ob nach Meinung der Vertreter
der Bundesregierung hier in unserem Haus Täterarbeit tatsächlich nicht so
wichtig ist. Wenn Sie dieser Auffassung sind, dann denken Sie an allen
Expertinnen und Experten in Österreich vorbei! Das wäre sehr schade!
Um es nicht zu lange zu machen, möchte ich am Schluss dem Team der
Kinder- und Jugendanwaltschaft und den beiden anwesenden Anwälten danken. Ich
bitte euch, meinen Dank für den kompromisslosen Einsatz für die Rechte von
Kindern und Jugendlichen in unserem Land auch allen anderen auszurichten! Dass
das eine weisungsfreie Institution für Kinder zu sein hat, ist ja in der
Institutionalisierung festgelegt, diese Haltung äußert sich aber tatsächlich in
eurem täglichen Tun, und dafür sage ich ein herzliches Dankeschön meiner
Fraktion! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als
nächster Abgeordneter
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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