Landtag,
30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 64
die für den gewerblichen Kundenkreis, für die Industriekunden von Bedeutung sind - da wurde etwa ein ähnliches Niveau der Energiepreisangebote damit begründet, dass man die Preislegung auf Börsenindizes umstelle, und dann hat man Forward-Preise bemüht -, alle diese Argumente sind für die Haushaltskunden nicht gültig, weil wir hier, zum Unterschied von Industriekunden, vor dem Phänomen einer erheblichen Preisstreuung im Bereich des gesamten Bundesgebietes stehen.
Festzuhalten ist also, dass vor allem die geringe
Wechselrate von Haushaltskunden, der dadurch entstehende geringe
Wettbewerbsdruck und die starke Stellung des jeweiligen Local Players der
Hauptgrund sind, warum Haushaltskunden überteuerte Strompreise zahlen und warum
Haushaltskunden vor allem in Wien zu hohe Strompreise zahlen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vergleich
macht sicher: Im ersten Zwischenbericht der Bundeswettbewerbsbehörde vom
November 2004 gibt es eine Graphik, die ich Ihnen zumindest in
verkleinerter Taferlform sehr gerne zeigen möchte. (Der Redner hält ein
Blatt Papier im A4-Format, auf dem ein Balkendiagramm abgebildet ist, in die
Höhe.) Ich weiß, das ist didaktisch nicht besonders gut, weil man fast
nichts sieht, aber eines sieht man ganz deutlich: Man sieht auf dieser Graphik
zwei ganz große Balken, und einer dieser Balken stellt die Wien Energie dar.
Dieser Balken zeigt das Einsparungspotential eines typischen Haushaltskunden,
nämlich bei 3 500 Kilowattstunden pro Jahr, bei einem Wechsel zum
jeweils günstigsten Lieferanten in Prozent des Energiepreises. In Wien gibt es
da einen absoluten Spitzenwert, nämlich ein Einsparungspotential von mehr als
30 Prozent für Haushaltskunden; dieses könnten Haushaltskunden erzielen,
wenn sie von Wien Energie zum jeweils günstigsten Anbieter wechseln würden.
Wien ist damit mit Abstand, nur gefolgt von der Energie Graz GmbH,
Spitzenreiter, trauriger Spitzenreiter in diesem Segment der Haushaltskunden!
Das ist das, was Sie, meine sehr geehrten Damen und
Herren von der SPÖ, politisch ändern sollten. Genau darauf hätten Sie als
Eigentümer von Wien Energie Einfluss, und diesen politischen Einfluss sollten
Sie sich sichern, den sollten Sie auch ausüben.
Eine zweite Bemerkung zu energiepolitischen Aspekten:
Es war heute bereits in der Fragestunde von der österreichischen Stromlösung
die Rede, und Herr VBgm Rieder hat sich - für mich interessanterweise - als
einer der letzten Verteidiger dieser österreichischen Stromlösung profiliert.
Ich glaube auch, eine Erklärung dafür zu haben. Herr VBgm Rieder hat sich
deswegen als einer der letzten Verteidiger für die österreichische Stromlösung
stark gemacht, weil das Unternehmen, über das er damit schützend seine Hand hält,
nämlich Wien Energie, seine Hausaufgaben, die es schon längst hätte machen
müssen, um Wien Energie als ein im Rahmen eines liberalisierten Marktes
wettbewerbsfähiges Unternehmen auszurichten, einfach noch immer nicht gemacht
hat. Daher ist es mit Sicherheit um vieles bequemer, sich in das Faulbett einer
großen österreichischen Stromlösung zu legen - da sind wir dann eben mit dabei
-, wenn die Kunden und solange die Kunden die Rechnung dafür zahlen. Das wäre
die Lösung, die Herrn StR Rieder vorschwebt und die er auch heute vertreten
hat, und mit dieser Lösung sind wir absolut nicht einverstanden.
Jetzt mag Sie das wenig bewegen, wenn ich sage, dass
ich oder wir damit nicht einverstanden sind. Da gibt es aber einen
unverdächtigen Zeugen, nämlich die Bundeswettbewerbsbehörde, die ebenfalls
größte Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer österreichischen Stromlösung im
Umfeld der derzeitigen europäischen Wettbewerbslandschaft signalisiert. Ich
habe hier einen Auszug aus dem zweiten Zwischenbericht der Bundeswettbewerbsbehörde
vom Frühjahr dieses Jahres, und da wird zur österreichischen Stromlösung
Folgendes ausgesagt - ich zitiere wortwörtlich: „Vor dem Hintergrund der
aktuellen Wettbewerbsentwicklung am europäischen Energiemarkt, die unter
anderem aktuell auch auf EU-Ebene zu einer Wettbewerbsuntersuchung dieser
Märkte durch die Europäische Kommission geführt hat, erscheinen ernste Zweifel
an der wettbewerbspolitischen Sinnhaftigkeit der österreichischen Stromlösung,
wie sie derzeit konzipiert und von der Europäischen Kommission genehmigt ist,
aus heutiger Sicht berechtigt."
Ein paar Seiten später sagt die
Bundeswettbewerbsbehörde noch deutlicher - auch das zitiere ich wortwörtlich:
„Dieses Projekt" - gemeint ist die österreichische Stromlösung – „dürfte
in seiner derzeitigen Form mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit aus heutiger Sicht
nicht mehr geeignet sein, wettbewerbspolitisch ausreichend positiv bewertet
werden zu können." - Soweit die Bundeswettbewerbsbehörde.
Eigentlich hätte ich mir angesichts dieser Stellungnahmen,
die Herrn StR Rieder natürlich bekannt sind, heute Klartext von ihm erwartet.
Ich hätte mir von Herrn VBgm Rieder eigentlich erwartet, dass er klar sagt,
dass es konkreter Maßnahmen bedarf, um die negativen Folgen der derzeitigen
Marktkonzentration vor allem auch für die Kunden in Wien abzuschwächen. Ich
hätte mir erwartet, dass er davon spricht, dass genau dieser Wechselaufwand,
der Sie und mich daran hindert, den Anbieter zu wechseln und Strom günstiger
einzukaufen, reduziert werden muss.
Ich hätte mir erwartet, dass Herr StR Rieder etwa
auch davon spricht, dass vor allem das Risiko für kleine Stromanbieter, die auf
den Markt treten, minimiert werden soll. Ich hätte mir erwartet, dass Herr StR
Rieder davon spricht, dass es im Bereich des Vertriebsaufwandes, den letztlich
alle Kunden mitzahlen, deutliche Maßnahmen geben muss, um den
Verwaltungsaufwand in dem Bereich zu senken, etwa eine zentrale Datenbank, die
auch von der Bundeswettbewerbsbehörde gefordert wird, oder auch die Beseitigung
von administrativen Hürden in den drei Regelzonen, die wir kennen.
Ich
hätte mir von Herrn VBgm Rieder erwartet, dass er davon spricht, dass es
Maßnahmen - und zwar deutliche Maßnahmen - zur Besserstellung der Stromkunden
geben soll, etwa vermehrte Transparenz bei Angeboten, etwa Garantien für einen
fairen Wettbewerb um Kunden,
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