Landtag,
30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 64
(Beginn um
9.01 Uhr.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Schönen
guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die 30. Sitzung des Wiener Landtages ist
eröffnet.
Entschuldigt ist Herr Abg Stark.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 02036-2005/0003 - KVP/LM) wurde von Herrn
Abg Mag Neuhuber gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet: Werden
Sie sich für eine umfassende Wiener Landessteuer- bzw –abgabenreform einsetzen,
die den Wiener Betrieben und den Wienerinnen und Wienern eine spürbare
Entlastung bringen wird?
Ich
ersuche um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Ich
kann Ihre Ungeduld zunächst einmal verstehen, denn Sie haben ja einen
diesbezüglichen Antrag vor nicht allzu langer Zeit eingebracht, der – soweit
ich informiert bin – in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses beantwortet
wird. Dass Sie die Frage jetzt hier in der Fragestunde einbringen, ist für mich
ein Beleg eben Ihrer Ungeduld. Sie wollen es sozusagen gleich hören. Ich kann
das nicht ganz nachvollziehen, denn ich werde mich gerade in einer Fragestunde
selbstverständlich außerstande sehen, Ihnen die ausführliche und detailreiche
Beantwortung, die in schriftlicher Form ja möglich ist, heute schon zu geben.
Aber ich möchte zunächst doch ein bisschen auf die Dimension im Hinblick auf
die Wirtschaftsfreundlichkeit Ihrer Vorschläge und Ihrer Vorstellungen
hinweisen.
Die
ausschließlichen Bundesabgaben sind gemäß den Informationen des
Finanzministeriums für das Jahr 2003 mit etwa
9 200 Millionen EUR – ich bleibe gleich beim Euro – zu
veranschlagen. Dazu kommen gemeinschaftliche Bundesabgaben von in etwa
44 400 Millionen EUR, was sohin eine Changiermasse für eine
Bundessteuerreform von etwa 53 600 Millionen EUR ausmacht. Im
Vergleich dazu hat Wien im gleichen Jahr eine Größenordnung von
894 Millionen EUR Changiermasse. Wenn ich davon die beiden
bedeutendsten Gemeindesteuern, nämlich die Kommunalsteuer und die Grundsteuer,
abziehe, verbleiben rund 290 Millionen EUR. Wenn ich davon
Kleinigkeiten wie etwa die Vergnügungssteuer abziehe – was wir sinnvollerweise
ja alle gemeinsam meinen – oder die Besteuerung von Spielautomaten, dann bleibt
eine Summe von knapp 180 Millionen EUR übrig. Also das Verhältnis der
Changiermassen zwischen Bund und Wien ist mit etwa 1 zu 0,005 anzugeben. So
viel zur Massenrelevanz.
Abgesehen
davon möchte ich auch darauf hinweisen, dass sowohl bei der Steuerreform 2004
als auch nunmehr bei der Steuerreform 2005 der Bund jeweils Gegenfinanzierungen
für seine Steuerreform beschlossen hat; schlauerweise – muss ich hinzufügen –
gerade in jenen Bereichen, wo er sich das Geld alleine behalten kann und nicht
mit den Ländern und Gemeinden teilen muss. Stichwort: Mineralölsteuer. Ich
erwähne das deswegen, damit man sich in etwa auch ein Bild machen kann, von
welcher großen Dimension diese Vorschläge sind.
Ich
bin bereit, über alles zu reden, so auch über die von Ihnen inkriminierte
Hundeabgabe, die etwa 2,2 Millionen EUR im Jahr einbringt. Angesichts
dessen, dass ich allerdings laufend, auch von der eigenen Partei, damit
konfrontiert bin, dass man gegen die Verschmutzung der Gehsteige durch
Hundeverkotung – um das einmal freundlich und landtagskonform auszudrücken –
noch mehr unternehmen sollte, insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass
man, ähnlich wie bei der Schneeräumung die Grundstückseigentümer, die
Hundebesitzer in Verantwortung nehmen soll, scheint mir hier eher mehr Geld als
weniger notwendig zu sein.
Summa
summarum: Inhaltlich gesehen – tut mir Leid – kann ich Ihre Anfrage und auch
Ihren Antrag, den Sie gemeinsam mit anderen eingebracht haben, wirklich nicht
nachvollziehen, bei aller Wirtschaftsfreundlichkeit, die man auch mir nachsagt.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. – Die 1. Zusatzfrage: Herr Mag Neuhuber.
Abg Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
In der Sache bin ich tatsächlich etwas ungeduldig und
ich denke, zu Recht. Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele geben, die Sie vielleicht
dann nachvollziehen oder auch nicht nachvollziehen können. Sie kennen das mit
dem Ausflugsschiff etwa auf der Donau, wenn man nach Melk fährt. Solange man in
Wien, also quasi auf Wiener Boden, nicht tanzt, ist natürlich auch keine Abgabe
fällig, wenn man tanzen würde, wäre die Vergnügungssteuer fällig, auf
niederösterreichischer Seite dann nicht. Welchen Sinn das heute noch haben mag,
etwa bei Tanzveranstaltungen Vergnügungssteuer einzuheben, sei dahingestellt,
noch dazu, wo das in anderen Bundesländern nicht so ist.
In Bezug auf die Spielautomaten bin ich aber völlig
bei Ihnen, da ist es durchaus zu Recht. Aber man könnte hier einiges ändern
oder reformieren.
Lassen Sie mich heute auch eine andere Abgabe
inkriminieren. Ich möchte gar nicht auf die Hunderln eingehen, sondern auf –
ich musste das selber nachlesen, weil ich sie nicht kannte – die
Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern. Ich meine, die
gibt es. Ich könnte Ihnen jetzt auch noch vorlesen, wie sie berechnet werden.
Das ist eine relativ komplizierte Formel. Immerhin war da die Einnahme im Jahr
2003 tolle 68,24 EUR.
Also dass sich eine Kommune von Zeit zu Zeit
überlegt, so etwas zu reformieren, aufzulösen, zu durchforsten, zu schauen, ob
Luft- und Luststeuern heute noch zeitgemäß sind, ich glaube, das hat mit
Ungeduld nichts zu tun, sondern mit freundlicher Bürgerverwaltung.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Ich habe zwar Ihre Frage jetzt
nicht ganz verstanden, aber da ich ja gewohnt bin, in der Fragestunde auch
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