Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 79
färben wollen. Aber was ist von jemandem zu halten, der sagt, das alles hat so nicht stattgefunden, man ist sich nicht klar. Man stellt es in Frage, und der in Frage stellt, dass Millionen von Menschen auf diese grausame Art und Weise umgebracht wurden? Man müsste ihn entweder als völlig unwissend ansehen oder aber als vorsätzlich ignorant und menschenverachtend einstufen.
Solche Menschen sind, meiner Ansicht nach, zum Glück
eine verschwindende Minderheit in unserem Land, und sie finden zum Glück auch
tatsächlich immer weniger Beachtung. Allerdings werden solche Einstellungen aus
meiner Sicht dann zu einem tatsächlichen Problem, wenn solche Personen in hohen
Ämtern des Staates sitzen, und wenn solche Personen in ihrem Amt solche
Aussagen tatsächlich auch treffen.
Denn Österreich bekennt sich zum Glück zur
geschichtlichen Wahrheit und der Mitverantwortung vieler Österreicher an den
Verbrechen des Dritten Reiches. Und wer diese Wahrheit leugnet, meine Damen und
Herren, der fügt unserem Land, der fügt der Institution, in der er tätig ist,
großen Schaden zu. Und der Bundesrat Gudenus fügt tatsächlich durch seine
beharrliche, wiederholte und öffentliche Leugnung der Gaskammern der
Nationalsozialisten dem Bundesrat, dem Parlament und vor allem aber auch dem
Land Wien, für das er in diesem Bundesrat sitzt, schweren Schaden zu. Herr
Gudenus hat sich unserer Ansicht nach durch dieses Verhalten nicht dieser
Verantwortung würdig erwiesen, die mit der Funktion des Bundesrates verbunden
ist.
Und damit zur Sozialdemokratischen Fraktion. Ich bin
ich sehr froh, dass ich heute einen Antrag einbringen kann, in dem dieses Hohe
Haus einhellig Herrn Gudenus auffordert, unverzüglich sein Amt als Bundesrat
zurückzulegen. Ich bin sehr froh, dass er von allen unterstützt wird und ich
fordere Sie an dieser Stelle daher auf, legen sie Ihr Bundesratsmandat zurück,
Herr Gudenus. (Beifall bei der SPÖ, den GRÜNEN und bei der ÖVP.)
Und ich tue das bewusst auch namens der unzähligen
Opfer des Nationalsozialismus. Ich sage, machen Sie das Amt frei für einen
Vertreter des Landes Wien, der tatsächlich und unzweifelhaft auf Seiten der
Freiheit, auf Seiten der Demokratie und der Menschenwürde steht und der die
Verbrechen des Nazi-Regimes, wie wir alle, verurteilen. Und ich fordere Sie
weiters auf, Herr Gudenus, fahren Sie nach Mauthausen. Es findet dort am
8. Mai die alljährliche Gedenkveranstaltung an die Befreiung des
Konzentrationslagers vor nunmehr 60 Jahren statt. In Mauthausen wurden
zwischen 1938 und 1945 über 100 000 Menschen getötet. Und wenn Sie
dort hinfahren, Herr Gudenus, werden Sie im Keller des Lagergefängnisses, in
der Nähe der Verbrennungsöfen und des so genannten Genickschussraumes einen als
Duschraum getarnten, etwa vier Meter großen Raum, die Gaskammer, finden mit
zwei Türen, einem Guckloch und einer Brauseanlage. Und wenn Sie dort
hinschauen, dann werden Sie an der Decke ein Rohr finden, das damals für die
Opfer nicht sichtbar, an der Oberseite eine sehr lange Öffnung hat. Dieses Rohr
war mit dem Gaseinfüllgerät außerhalb der Kammer verbunden. Ab März 1942 wurden
laut gerichtlichen Feststellungen in dieser Gaskammer in Mauthausen etwa
3°500 Menschen mit dem Gift Zyklon B getötet. Der Erstickungstod
dauerte ca 15 bis 20 Minuten. Und gestern vor 60 Jahren wurden dort
die letzten 34 Österreicher, 5 Polen und 1 Kroate vergast. Heute
vor 60 Jahren versuchte die SS noch, die Einrichtungen rasch zu
demontieren, um dieses Verbrechen zu vertuschen.
Herr Gudenus, fahren Sie nach Mauthausen, öffnen Sie
dort Ihre Augen, Ihre Ohren, Ihr Herz. Dort finden Sie mehr Klarheit, um mit
den Worten des Herrn Bundespräsidenten zu sprechen, mehr Klarheit als ein
normaler Mensch eigentlich ertragen kann. Vielleicht wird es Ihnen dann Leid
tun, dass Sie bislang Millionen Opfer des Nationalsozialismus und deren
Angehörige verhöhnt und verletzt haben. Herr Gudenus, verlassen Sie den Bundesrat,
fahren Sie nach Mauthausen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und bei den
GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt der Abg Dr Tschirf.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Bevor ich auf das ernste Thema dieser Diskussion
eingehe, darf ich noch einen Antrag einbringen, der sich aus einer Diskussion
ergeben hat, die wir am Vormittag zum Thema Begutachtungsverfahren geführt
haben und der die Entwürfe der Wiener Landesgesetze im Internet zum Gegenstand
hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben jetzt
eine sehr ernste Diskussion. Und wenn wir uns in diesen Tagen, der sechzigsten
Wiederkehr der Begründung der Zweiten Republik erinnern, dann ist es auch die
Erinnerung an das Ende einer grausamen Zeit. Wenn es im 20. Jahrhundert so
manches gegeben hat, das eine Blutspur hinterlassen hat, dann ist es aber ein
System gewesen, ein Regime, das viel, viel schlimmer als alle anderen war. Eines,
das einen Weltkrieg vom Zaun gebrochen hat mit Millionen Toten und eines, das
die industrielle Vernichtung von Menschen auf Grund ihres religiösen
Bekenntnisses, auf Grund auch ihres politischen Bekenntnisses, zum Ziel gehabt
hat.
Und wir sind froh, dass diese Zeit vorbei ist, wir
sind froh, dass wir auch wissen, dass das nie wieder passieren darf. Und umso
mehr tut es weh, wenn ein Vertreter Wiens im Bundesrat, nämlich der Bundesrat
Gudenus, mit derartigen Bemerkungen, mit einer derartigen Wortwahl, mit einem
derartigen Relativieren hier in Erscheinung tritt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die
Österreichische Volkspartei, die an der Wiege dieser Republik gestanden ist,
die Österreichische Volkspartei, die eine der Säulen dieser Demokratischen
Republik Österreich ist, verurteilt das, was der Herr Gudenus gesagt hat und
fordert Herrn Gudenus auf, endlich zurückzutreten. (Beifall bei der ÖVP, bei
den GRÜNEN und von Abg Godwin Schuster.)
Meine sehr geehrten Damen und
Herren, es ist sicherlich ein ernster Moment, und es ist vor allem auch
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