Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 79
Deutschland, etwa Strabag,
um nur einen Konzern zu nennen, der in Deutschland und international höchst erfolgreich
ist.
Herr Vizebürgermeister! Wir hätten diese Dynamik
gerne in Wien. Wir hätten diese Dynamik gerne in Wien, und wir würden gerne
vermehrt ausländische, auch deutsche, Unternehmungen erleben, die in Wien
zuziehen. Wir erwarten uns von Ihnen ein dynamisches Vorangehen, aber Ihnen,
Herr Vizebürgermeister, fällt nichts anderes ein, als den Herrn
Außenwirtschaftsbeauftragten Nettig irgendwo in einem neuen Hochhaus in Wien in
ein schönes Büro zu setzen, so nach dem Motto: Nettig, geh du voran! Das kann
es ja wirklich nicht sein! Von jemandem, der am Ende seiner politischen
Laufbahn steht, sind doch keine Impulse mehr zu erwarten, wenn es darum geht,
wie man ausländische Unternehmen hier in Wien erfolgreich ansiedelt.
Die Verweigerung von Baxter und der Wegzug von
Sandoz, so traurig das ist – ich weide mich nicht daran –, die sprechen eine
klare Sprache. So schaut es aus in Wien! So ist es leider bestellt um den
Wirtschaftsstandort Wien.
Deshalb, Herr Vizebürgermeister: Tun Sie uns was
Gutes! Bestellen Sie einen anderen Außenwirtschaftsbeauftragten! Lassen Sie
jemand anderen vorangehen! Der Herr Nettig ist es mit Sicherheit nicht mehr. (Beifall
beim BZW.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächste
zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Vassilakou. Ich erteile es ihr.
Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren!
Kollege Margulies hat es vorhin zitiert, ich zitier
es kurz noch einmal aus der "Presse": „Blutspur des Liberalismus.
VP-Amon für höhere Löhne." Und weiters: „ÖAAB-Generalsekretär fordert
Anteile am Gewinn ein." Und weiters: „Unternehmen haben genug
verdient," – hören Sie zu! – „so ÖAAB-Generalsekretär Amon, nun seien die
Arbeitnehmer dran."
Warum zitiere ich das? Ich bin mit dem ÖAAB, verehrte
Damen und Herren von der ÖVP, absolut d'accord.
Das Lohn-
und Steuerdumping als Wettbewerb zur Sicherung des Standorts Österreich und
Wien ist nicht das Erfolgsrezept. Denn das können wir in Österreich und in Wien
bei Gott nicht gewinnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diesen
Dumping-Wettbewerb können wir nicht gewinnen. Also wenn wir eine Chance haben,
Standortpolitik zu machen für Wien und für Österreich, dann müssen wir in die
so genannten weichen Standortvorteile investieren. (Weitere Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Und das hat ja bereits Kollege Serles auch erwähnt, nämlich das
vielfach vernachlässigte Kapitel Bildung, wenn ich auch, Kollege Serles,
absolut nicht einer Meinung mit Ihnen bin. Ich glaube nämlich nicht, dass
Elitenbildung das Patentrezept ist, das den Bildungsstandort Österreich
sichert, sondern vielmehr, dass Breitenbildung, hochqualitative Bildung für die
breite Masse wohl eher das ist, was den Standort Österreich vorantreibt. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Lassen Sie
mich vielleicht nur darauf eingehen: Was haben Sie getan? Was hat die
blau-schwarze Bundesregierung getan in den letzten Jahren für den
Bildungsstandort Österreich und für den Bildungsstandort Wien? Wer hat das Bildungsministerium
seit Jahren in der Hand? Wer hat die Universitäten ausgehungert? Wer hat die
Schulen ausgehungert? Wer hat das PISA-Debakel zu verantworten? Wer ist daran
schuld, das der Bildungsstandort Österreich und der Bildungsstandort Wien heute
bei weitem schlechter dasteht als vor einigen Jahren? Das sind Sie!
Aber Sie
stellen sich hierher und möchten über die Standortversäumnisse der Wiener
Politik sprechen und möchten kein Wort darüber verlieren, was eigentlich und
wer schuld ist an der Bildungsmisere, die es in dieser Stadt gibt.
Doch mein
eigentliches Thema ist nicht der Bildungsstandort, das war sozusagen nur ein
kurzer Exkurs vorher. Mir geht es um was anderes.
Die Wirtschaftskammerwahl, liebe Kolleginnen und
Kollegen, ist vorbei, und für gewöhnlich ist es so, dass im Vorfeld der Wahlen
alle das wahre Rückgrat der Wiener Wirtschaft entdecken. Da spricht man dann
von Kleinstunternehmen, da spricht man von den neuen Selbstständigen, da
spricht man von den Tausenden von Menschen in dieser Stadt, die mit einer
Kleinstfirma, meistens einer Einpersonenfirma, teilweise sogar um ihre Existenz
ringen müssen. Und da verspricht man ja alles mögliche. Da hat sich sogar der
Herr Wirtschaftskammerpräsident für eine Arbeitslosenversicherung ausgesprochen,
für eine Notstandshilfe ausgesprochen und und und. Und kaum ist die Wahl
vorbei, ist das ganze Thema begraben, existiert nicht mehr. Man spricht nur
mehr von Sandoz und von Baxter und von Standortpolitik, und das tut man
jahrelang, jahrelang tagein, tagaus. Und ungefähr drei Monate vor der nächsten
Wirtschaftskammerwahl erinnert man sich plötzlich daran und man verspricht
wieder dieselben Dinge, die zu unternehmen man zwischendurch verabsäumt hat.
Tatsache ist, dass, während wir hier sitzen und über
den Standort Wien sprechen, das wahre Rückgrat der Wiener Wirtschaft nicht
Sandoz und nicht Baxter ist. Denn das hat die Entwicklung der letzten Monate
und der letzten Tage ja auch eindrucksvoll einmal mehr belegt. Tatsache ist,
dass das wahre Rückgrat der Wiener Wirtschaft in der Tat jene Tausende von
Menschen in dieser Stadt sind, die Kleinstunternehmen haben, die die
Nahversorgung sichern oder die in vielen, vielen neuentstehenden Branchen immer
mehr selbstständig werden.
Und wenn wir schon über Versäumnisse sprechen, dann
lassen Sie uns über jene Versäumnisse sprechen, die Sie betreffen. Kein
soziales Absicherungsnetz, keine Arbeitslosenversicherung, ein
kontraproduktives Steuer- und Abgabensystem, übrigens auch von Schwarz-Blau
eingeführt, veraltete Wirtschaftsförderung, eine veraltete
Nahversorgungsförderung.
Verehrte Damen und Herren! Wenn
Wien etwas tun hätte können, dann das: Ein neues soziales Absicherungsnetz für
Kleinstunternehmer einführen, zum
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