Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 79
pharmazeutischen
Industrie Österreichs: „Wir müssen den Pharmaunternehmen in Österreich vernünftige
Rahmenbedingungen bieten. Damit meinen wir nicht zuletzt einen rascheren und
unbürokratischeren Marktzugang für neue Arzneimittel, und zwar zu fairen
Preisen“, fordert Huber von den Partnern aus Gesundheitspolitik und
Sozialversicherung. Weiter heißt es, Österreich könne und wolle im Wettbewerb
mit den neuen EU-Mitgliedsstaaten nicht mit den niedrigen Lohnkosten mithalten
– das ist eine durchaus vernünftige Aussage –, daher müsse die
Wirtschaftspolitik gezielt alle übrigen Hebel in Bewegung setzen, um den
Standort Österreich für pharmazeutische Forschung, Produktion und
Unternehmenszentralen attraktiv zu halten. Bei den Forschungsausgaben etwa
liege Österreich noch weit hinter vergleichbaren EU-Mitgliedstaaten wie Schweden
und Finnland, meint Herr Huber abschließend.
Die
Forschungsausgaben, das ist ein wesentlicher Punkt. Schauen wir uns doch einmal
an, wie denn die Forschungsquote auf Bundesebene ausschaut und wie sie in Wien
ausschaut. In Wien haben wir eine Forschungsquote, die 4,12 Prozent des Bruttoregionalproduktes
ausmacht, und auf Bundesebene haben wir 2,27 Prozent. Hier ist
Nachholbedarf. Das könnten Sie vielleicht in tollen Reden und Ausführungen
innerhalb der ÖVP und der Bundesregierung einmal ansprechen, und vielleicht
bewegen Sie etwas für Wien. Auf diese Weise könnten Sie uns auch unterstützen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Eine Diskussion über Wirtschaftspolitik zu führen,
ist durchaus legitim, na, selbstverständlich reden wir darüber, aber Sie, Herr
Kollege Neuhuber, haben in Ihrem Beitrag gesagt, wenn die Konjunkturlage
schlecht ist, dann kommt immer der Ruf nach der Investition, und Sie meinen,
das ist nicht der richtige Ansatz. Und da unterscheiden wir uns grundsätzlich.
Der richtige Ansatz ist sehr wohl, dass, wenn die Konjunkturlage schlecht ist,
die öffentliche Hand gefordert ist und mit Investitionen einspringen muss. Das
ist wichtig für die Wirtschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss
möchte ich Ihnen noch eines sagen: Wenn Sie über Wirtschaftspolitik sprechen,
wenn Sie über Steuerreform sprechen und wenn Sie über die Wirtschaftspolitik
der Bundesregierung sprechen, dann wissen Sie auch und Sie sollen es genau
wissen, was das Ergebnis dieser Wirtschaftspolitik ist, dieser verfehlten
Wirtschaftspolitik auf Bundesebene: Das Ergebnis sind 324 011 Arbeitslose!
Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. (Lebhafter Widerspruch bei der ÖVP.) Das ist nicht in Ordnung, und das
müssen wir verändern! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Serles. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Wilfried Serles (Bündnis
Zukunft Wien – die Stadtpartei): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Weil heute hier von Bernhard Görg die Rede war und von
seiner Abschiedrede, darf ich mich darauf beziehen. Kollege Margulies hat
gemeint, Görg hätte die Bedeutung der weichen Standortsfaktoren in Wien
besonders hervorgehoben, und ich glaube, er liegt damit richtig. Ich möchte
einen weichen, aber gleichzeitig auch harten Standortfaktor herausheben, der
vernachlässigt wird, das ist die Bildung und das Wissensmanagement. Dr Görg ist
mit der Einrichtung der Sir-Karl-Popper-Schule hier in Wien einen richtigen und
notwendigen Weg gegangen. Wir brauchen Eliten, weil Eliten das Rückgrat der
wirtschaftlichen Erfolge von morgen sind.
Wenn ich heute "Die Presse" lese und
realisiere, wie Herr Prof Zeilinger mit seinem edlen Vorhaben, eine
Elite-Universität einzurichten, irgendwie alleine auf weiter Flur steht, dann
frage ich mich, Herr Vizebürgermeister: Warum setzen Sie sich auf dieses Thema
eigentlich nicht schon längst drauf? Warum setzten Sie sich mit dem Prof
Zeilinger nicht an einen Tisch? Warum helfen Sie ihm nicht, durch die
Einrichtung eines Fonds, einer Privatstiftung als Träger einer derartigen
Elite-Universität das zu realisieren, was in Wien so bitter notwendig ist: Hoch
ausgebildete spezialisierte Wissenschaftler, die nicht ins Ausland abwandern
müssen, sondern hier in Österreich Unternehmungen, die sich hier ansiedeln wollen,
zu Spitzenleistungen verhelfen.
Das ist der Punkt, um den es geht. Sie haben im
Bereich der Bildungspolitik – auch wenn das primär eine bundespolitische
Aufgabe ist, das sei Ihnen zugestanden –, Sie haben im Bereich des Wissensmanagements
in Wien in den letzten Jahren geschlafen. Und das ist der Hauptgrund dafür,
warum Baxter nicht kommt und warum Sandoz geht. Das darf ich Ihnen wirklich
sagen. (Beifall beim BZW.)
Ich glaube, die Diskussion heute ist in eine richtige
Richtung gegangen. Sie hat gezeigt, dass es Dynamik gibt in der heimischen
Wirtschaft, Dynamik auf Bundesebene, eine Dynamik, die wir hier in Wien gerne
hätten. Ich male hier nicht schwarz-weiß und ich schiebe Ihnen nicht den
Schwarzen Peter zu, aber wenn Bundeskanzler Schröder vor kurzem bei
Bundeskanzler Schüssel in Wien war und sich hier ein Zwischenresümee der Presse
anhören musste, das in etwa gelautet hat, wir erleben ein zweites Cordoba –
vielen, die sich im Fußball nicht so gut auskennen wie der Herr Bürgermeister,
sei es gesagt, damals hat Österreich drei zu zwei gegen Deutschland gewonnen –,
das Ländermatch Österreich gegen Deutschland hat einen Zwischenstand, bei dem
Österreich eindeutig führt, dann muss das bitter sein für den deutschen
Kanzler. Und noch bitterer für den deutschen Kanzler muss es sein, wenn
heimische Medien – ich meine jetzt deutsche Medien – geradezu hymnisch über die
Wirtschaftsentwicklung in Österreich berichtet.
„Vom Trittbrettfahrer der allgemeinen deutschen
Nachkriegswohlfahrt", schreibt etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung,
„hat sich Österreich zum autonomen Erfolgsmodell gemausert." Und das
Hamburger Management Magazin hat unlängst sogar mit der Titelgeschichte
aufgemacht, dass Österreich das bessere Deutschland sei.
Richtig wahrgenommen wird diese
Entwicklung in Wahrheit erst seit einigen Monaten, seit es sich langsam
herumspricht, dass erfolgreiche österreichische Unternehmen auf Einkaufstour
sind, und zwar gerade in
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