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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 66

 

allem das Tiroler Wahlrecht hat weiterhin demokratische Defizite, weil die ÖVP nicht bereit ist, diese zu beheben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So sehr ist sie derzeit mit absoluter Macht von ihren genehmen Spielregeln abhängig. Das Tiroler Wahlrecht bevorzugt die stimmenstärkste Partei überproportional" und und und. Das kann man genauso dort verwenden.

 

Warum sage ich das? Weil es Wahlrechtstrukturen auch in Österreich gibt, die nicht unüblich sind, die zugegebenermaßen der jeweils stärksten Partei noch einen gewissen Bonus einräumen. Ich will heute gar nicht herumrechnen. Wenn wir das bereinigen auf die vier Parteien, die hier herinnen sitzen, hätten wir ja eigentlich 49 Prozent der Stimmen. Also da ist der Abstand schon wieder um einiges geringer. Was sollen wir da herumrechnen? So ist es, und so bewegt sich das.

 

Ich bleibe ganz einfach bei einem alten Vorschlag von mir. Wir können natürlich auch darüber nachdenken, dass jede Stimme gleich viel wert ist. Schaffen wir ein Wahlrecht mit einer entsprechenden Anzahl von Wahlkreisen, wo in jedem Wahlkreis das Mandat gleich viel an Prozentstimmen benötigt. Dann hat jeder in Wien die Sicherheit – ob das jetzt 10 Prozent, 12 Prozent, 15 Prozent sind –, so wird seine Stimme bewertet, und dann ist das auch eine Form von Gerechtigkeit. Ich fürchte nur, dass Sie dann nicht ganz mitgehen, obwohl ich die Zahl schon so gesenkt habe, dass Sie (in Richtung der GRÜNEN) auch mehr Chancen für Grundmandate in diesem Zusammenhang besitzen. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Also es ist auch nicht undemokratisch, wenn man hergeht und sagt, das Mandat kostet in Wien gleich viel. Das sollten wir in diesem Zusammenhang auch sehen.

 

Eine kleine Korrektur nur an den Kollegen Kabas. Er hat ja Broda, den früheren Minister, und auch den Bgm Gratz als Zeugen angerufen. Also ich möchte sagen, beide habe ich in Erinnerung mit einem Hefterl, das ich noch besitze, wo sie ein Wahlrecht vorschlagen, das stärker auf Direktmandate zugeht. Das ist genau umgekehrt gewesen, als es der Kollege Kabas gesagt hat. Aber das ist ja nur eine Frage des Historischen und hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung.

 

Und jetzt bleib ich bei der Briefwahl. Da kann man wieder über alles reden. Ich habe bei der Briefwahl durchaus seriöse Bedenken. Aber ich frage Sie: Wenn man sich schon so versteift und in ideologische Strukturen hineinarbeitet, warum hat es zum Beispiel im Konvent beim Abschlussbericht jetzt Dissens zu meinem Vorschlag gegeben, der vorgesehen hätte, den Ländern und Gemeinden das gleiche Recht bei der Stimmabgabe einzuräumen, das einer, wenn er am Wahltag nicht an seinem Wohnort ist, bei der EU-Wahl, bei der Bundespräsidentenwahl und bei der Nationalratswahlrat hat? Da haben wir uns nicht gefunden. Also wenn ich in Richtung Briefwahl gehen möchte – und manche sagen, das ist ohnehin schon fast so etwas –, warum kann man dann nicht zuerst überhaupt das umsetzen und den Ländern und Gemeinden das Recht einräumen, genauso vorzugehen wie bei den genannten Wahlen.

 

Das Zweite: Sie reden vom Zweitwohnsitz. Auch hier ein offenes Wort. Sicher kann man darüber reden, und ich wäre gerne bereit, auch hier nochmals darüber zu reden. Aber unter gleichen Voraussetzungen sähe ich es wenigstens berechtigt, dass nicht nur jene, die einen Zweitwohnsitz haben, sondern jene, die 5, 6, 7 oder 8 Jahre hier leben, Steuern zahlen, mitarbeiten, den Reichtum der Stadt vergrößern, nur halt nicht Österreicher sind, die gleiche Chance wie die mit dem Zweitwohnsitz haben sollen. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

 

Das ist ganz einfach die Argumentation. Wenn wir uns finden können, dann ist beides wahrscheinlich ein möglicher und ein gangbarer Weg, den man sehen soll. Darum bin ich eigentlich dafür, dass man über die Dinge durchaus sachlich redet, sie bespricht und überlegt. Und wenn man dann vieles von dem wegräumt, was jetzt in der Konventdiskussion rein politische Demokratiethemen waren, dann sollte man Minderheitsrechte im Parlament genauso machen, wie es sie in Wien bei Untersuchungsausschüssen und bei anderen Formen gibt.

 

Ich gebe zu, ich bin auch ein Verfechter gewesen – ich bin halt gelehrig gewesen vom letzten Mal – und habe gesagt: Gut, da mich die ÖVP überzeugt hat, dass das Minderheitsrecht für Untersuchungsausschüsse etwas Lebenswichtiges für die Bürger und für die Demokratie in einem Bundesland ist, dann kann es doch nur klug sein, wenn man es allen Bundesländern in Österreich als Mindeststandard aufzwingt. Unmöglich! Unmöglich, kein Konsens, im Gegenteil. Seit 2001 liegt im Parlament ein Antrag, den wir dort, glaube ich, eingebracht haben und der im zuständigen Ausschuss nicht verhandelt wird, weil man in diesem Bereich das ganz einfach nicht tut. Das betrifft nicht nur die Frage der Minderheitenrechte und die Frage der parlamentarischen Minderheitsrechte und Untersuchungsausschüsse, sondern das geht ja noch bei vielen anderen Themen weiter. Das würde zu weit führen, alles zu sagen.

 

Daher nochmals: Ich verstehe, dass die Opposition, wenn sie weniger Stimmen hat, als sie sich erhofft hat, unzufrieden ist. Trotzdem ist es eine demokratische Form unserer Wahlsysteme, unserer Entscheidungen. Das bestätigen jetzt nicht nur Gerichte und Verfassungsjuristen, sondern das ist ganz einfach so, und Sie wissen es genauso wie wir. Und ich bekenne mich dazu und spreche es aus, dass es genauso gut und demokratisch ist, es durch kleine Formen der Zurechnung – auch wenn diese nicht besonders entscheidend sind – zu ermöglichen, dass auch klare politische Verhältnisse in den verschiedensten Bundesländern oder in der Republik möglich sind. Und wenn das so ist, ist es passend. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner hat sich Herr Klubobmann Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es war inhaltlich sehr interessant, dem Herrn Landtagspräsidenten zu folgen, weil er tatsächlich von Seiten

 

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