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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 66

 

Jetzt gebe ich auch zu, dass ich mich persönlich dazu bekenne, dass absolute Mehrheiten nichts Schreckliches sind und dass es auch für die ÖVP, glaube ich, in der 60-jährigen Geschichte der Zweiten Republik nichts Unanständiges bedeutet, wenn jemand gelegentlich da oder dort über eine absolute Mehrheit verfügt. Und man ist gerade dort, wo man die absolute Mehrheit hat – das entnehme ich aus Äußerungen, die ich immer wieder verfolgen kann –, auch der Meinung, das ist gut so, weil es Klarheit zwischen Regierenden und Nichtregierenden schafft. Auch das ist wieder ein Blickpunkt, je nachdem, in welcher Position man sich in der jeweiligen Körperschaft befindet.

 

Ich bin überzeugt, Herr Dr Tschirf – lassen Sie mich diese kleine Nebenbemerkung machen –: Ich wäre ja nicht dafür, aber wenn Sie auf der Bundesebene jetzt die absolute Mehrheit hätten, würden Sie es auch nicht beklagen. Sie würden sogar froh sein, weil Sie sich dann die FPÖ ersparen könnten mit manchem Ärger, den Sie haben, aber dagegen wären Sie nicht. Ich schon, das gebe ich zu. Es ist nicht wünschenswert, aber eben von der Position aus gesprochen. Und wenn Sie dort mit 47 Prozent der Stimmen 51 Prozent Mandate in der Republik Österreich hätten, hätte ich gerne gesehen, mit welcher Geschwindigkeit Sie zu einer Wahlrechtsänderung laufen. Darf ich das auch so aussprechen. Jede Schnecke hätte Sie überholt in diesem Wettbewerb, zur Wahlrechtsänderung zu kommen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

 

Daher wieder: Ich verstehe seine politische Auseinandersetzung, ich greife sie auf und ich dokumentiere sie und da weiß ich, welche Geschichte das ist. Wirklich mit Handkuss würden Sie so etwas dann verteidigen. Da brauchen wir uns gar nichts vorzumachen.

 

Also ich bekenne mich zur Mehrheitsförderung, obwohl manche Wahlsysteme zur Mehrheitsförderung in der demokratischen Welt oft ganz einfach schwierig sind. Ich gebe zu, ich habe zum Beispiel keine Freude damit, dass der amerikanische Präsident – jetzt hat er es ja korrigieren können; Klammer auf, für mich bedauerlicherweise, Klammer zu; bei seiner zweiten Wahl hat er auch bei den Stimmen eine Mehrheit bekommen – bei der ersten Wahl von einer Stimmenmehrheit weit weg war, aber trotzdem ist er Präsident geworden. Und in Wirklichkeit hat niemand in der ganzen freien Welt geschrien und gesagt, das ist völlig undemokratisch. Es war eigenartig, aber es war nicht undemokratisch, weil es einem Rechtssystem entsprochen hat.

 

Wir haben heute schon die Engländer angesprochen. In Amerika kann es beim Senat auch anders sein. Also dieses so genannte mehrheitsverstärkende Wahlrecht gibt es. Das hat es ja auch in Österreich gegeben. Zweimal in der Zweiten Republik, wenn wir jetzt bei 60 Jahren Geschichte bleiben, hat die SPÖ – Sie wissen es ja genauso gut wie ich – mehr Stimmen als die ÖVP gehabt und die ÖVP mehr Mandate.

 

Das hat nicht dazu geführt, dass das Wahlrecht geändert wurde. Das haben wir nicht einmal in der Koalition mit der ÖVP erzwingen können, sondern das Wahlrecht im Großen ist eigentlich dann bei einer Minderheitsregierung ab 1970 entstanden, zugegebenermaßen auch in einer Form, an der die FPÖ ein gewisses Interesse gehabt hat, dass sich das verändert. Aber vom Grundsatz her ist es eigentlich damals auch noch um ein bisschen etwas anderes bei der Änderung dieses Bundesrechtes gegangen. Das war für die SPÖ, nicht nur für die FPÖ, damals das Entscheidende, sondern für die SPÖ die Erinnerung, dass in Österreich keine Partei die stärkste Partei im Parlament sein soll, wenn es nach den Stimmen eine andere Partei ist. Also die Korrektur, die man gemeinsam mit der FPÖ damals vorgenommen hat, sollte erstens ausschließen, dass eine Partei mehr Stimmen und weniger Mandate hat, zweitens, es hat bestimmte Absicherungen von – sagen wir es jetzt einmal so – demokratischeren Verteilformen von Mandaten gegeben, die kleinere Parteien etwas stärker als früher bei der Mandatsverteilung bevorzugt hat.

 

Das braucht man nicht wegzustreiten. Diese zwei Gründe waren es. Die ÖVP hat damals keine besondere Freude gehabt. Und Sie sagen ja heute noch, es ist nicht nach dem Grundsatz, etwas Undemokratisches wegzubringen, vorgegangen worden, sondern Sie betrachten es als politisches Geschenk.

 

Wir haben die Wirtschaftskammerwahl angesprochen. Der Herr Bürgermeister hat das gesagt. Ich will es nicht wiederholen, obwohl theoretisch natürlich schon noch einmal dieser haushohe Unterschied zwischen Stimmen und Prozenten der Mandate in Erinnerung gerufen werden muss. Einige von Ihnen haben, als es der Bürgermeister gesagt hat, Arbeiterkammerwahl gerufen. Ich bin sofort hinübergangen und habe mir das Ergebnis von der Wiener Arbeiterkammerwahl herausgeholt. Sie haben Recht: 69,5 Prozent SPÖ-Stimmen sind 71 Prozent Mandate. Also den Unterschied (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Möchte ich Klavierspielen können!) möchte ich Klavierspielen können bei der Wirtschaftskammerwahl und bei der Arbeiterkammerwahl. Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie bei der Arbeiterkammerwahl mit den Mandaten um ein Zehntel Prozent besser abschneiden als bei den Stimmen, denn das eine Zehntel ist nichts.

 

Also es gibt bei Mehrheitswahlstrukturen bestimmte Formen, wo es einen Vorzug gibt. Das geht quer über Österreich. In Oberösterreich hat die ÖVP fast 2 Prozent mehr Mandate als Stimmen, in der Steiermark sind es 1,5 Prozent. In Kärnten hat die FPÖ 2 Prozent mehr bei den Mandaten als bei den Stimmen. In Niederösterreich gehen wir in die Nähe der 3-Prozent-Grenze, in Vorarlberg in die Nähe der 4-Prozent-Grenze. Was lernen wir daraus? Je höher der Prozentanteil bei einer Partei wird, umso mehr kommt unter Umständen dann dieser Bonus, der in Österreich legitim ist, zum Tragen. Und in Tirol sind es 5,6 Prozent, obwohl auch in Tirol der Fünfer bei den Stimmen bei der ÖVP nicht vorne steht.

 

Ich habe schon überlegt – ich weiß noch nicht, ob ich es tue –, ob ich den Antrag oder eigentlich die Dringliche Anfrage nehmen und meinen Tiroler Freunden geben soll, denn die brauchen das ja nur abzuschreiben: „Vor

 

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