Landtag,
2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 65
zusperren. Begründung ist der Strukturwandel.
Jetzt sage ich einmal, wenn 2003 782 Betriebe
existierten und im Jahr 1995 es noch 1 163 Betriebe waren, dann
muss man sich vor dem Strukturwandel aber schon gewaltig fürchten, weil der im
Grunde genommen, wenn man es sich mathematisch anschaut, irgendwann einmal dazu
führen wird, dass es in Wien kaum mehr Betriebe geben wird. Wenn man das so
hinnimmt und sagt, na ja, es ist halt jetzt nicht mehr ganz so schlecht, es
wird eh besser, heuer haben nur 30 zugesperrt, dann denke ich mir, da kann
mit so einem Bericht etwas nicht stimmen. Das ist einmal das eine.
Das andere ist in Wirklichkeit, dass dieser Bericht
nicht wirklich sagt, wie man jetzt mit diesem Strukturwandel umgehen soll. Er
sagt nur, es ist so, es werden weniger, es wird das und das angebaut, ganz,
ganz wichtige Zahlen, aber es wird keine Perspektive für die Menschen hier und
für die Bäuerinnen und Bauern aufgezeigt.
Nächster Punkt ist, abgefeiert mit der Stadträtin,
freiwillig Gentech in Wien, ganz toll abgefeiert von A bis Z und dann schaut
man sich 2005 an, wie viele Betriebe es denn wirklich waren, die in Wien
freiwillig Gentech machen. Noch einmal: 782 haben wir insgesamt und jetzt sind
es 275, die das tun. Das ist eine große Zahl, aber immerhin noch weniger als
die Hälfte und da wünsche ich allen, dass es durchaus mehr werden. Warum nicht?
Gute Aktion, aber noch immer viel zu wenig. Besser, wie gesagt, aber noch nicht
gut, wenn man so will.
Was mir in diesem Bericht eigentlich völlig fehlt,
ist: Wie geht man in Wien mit dem Bodenschutz um? Es gibt alle möglichen
Förderungsmaßnahmen, aber es ist zum Beispiel immer noch Tatsache, dass es in
Wien noch immer kein Bodenschutzgesetz gibt. Es ist schon von der vorigen
Stadträtin versprochen worden, ich glaube, 2001 unmittelbar nach der Wahl und
jetzt haben wir 2005, bald haben wir 2006 und es gibt keines,
überhaupt keines, weil es irgendwo steckt.
Wie ist es mit der Grundwasserentnahme durch die
Landwirtschaft? Wie ist es mit dem Erholungswert? Hat sich da etwas getan? Wie
ist es mit der Landwirtschaftsfläche? Alles Dinge, die in einen guten Bericht -
und der Bericht ist nicht schlecht - hinein gehören.
Es gibt den agrarstrukturellen Entwicklungsplan für
die Stadt Wien, der sagt, welche Ackerflächen, welche Landwirtschaftsflächen
weiterhin bevorzugt sein sollen, welche sind für die Verbauung geöffnet und
welche anderen Flächen sind noch wichtig. Das ist eine Momentaufnahme. Aber
andererseits: Wohin geht die Reise mit all diesen Flächen? Wie wird es in
20 Jahren ausschauen? Wie wird es in 30 Jahren ausschauen? Was wollen
die Bäuerinnen und Bauern in dieser Richtung überhaupt? Das steht nicht
drinnen. Wie wird zum Beispiel das Überleben der Wiener Landwirtschaft
gesichert? Nichts. Wie schaut es mit den Biobetrieben aus? Da steht zum
Beispiel: 11 Prozent der Fläche - jetzt kommen die klassischen
Zahlenspielereien -, da gibt es 18 Betriebe, davon sind 2 Teilbetriebe.
Noch einmal: 18 Betriebe von 282!
Man kann natürlich über die Flächen spekulieren. Die
Stadt Wien hat ja große Flächen auf biologischen Landbau umgestellt. Aber es
gibt da immerhin einige Flächen der Stadt Wien, die das nicht sind, und
trotzdem: 18 Betriebe von 782. Das ist eigentlich ein Armutszeichen, es
gibt ganz wenige und es gibt keine Perspektive, wie das besser gemacht werden soll.
Überhaupt fehlt das völlig.
Last but not least hört man nämlich ein Ding ganz
besonders, in den Medien waren jetzt die WTO-Verhandlungen. WTO ist ein Thema.
Da geht es auch um Landwirtschaft. Da geht es nicht nur um den Rübenpreis oder
um die Rübenbauern, sondern da geht es insgesamt um die kleinstrukturierte
österreichische, auch um die Wiener Landwirtschaft und darüber steht da gar
nichts. Da muss man die “Agrarische Rundschau“ bemühen, Herausgeber Ökosoziales
Forum, das wird Ihnen offensichtlich bekannt sein, auch der ÖVP. Da ist unter
anderem ein Text von Christian Felber von “Attac“ drinnen, der schreibt: „Die
EU-Förderungen sollten ausschließlich auf soziale und ökologische Zielsetzungen
umgestellt werden. Biolandbau, Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze, Erhöhung der
Arten- und Sortenvielfalt, Produktion hochwertiger Lebensmittel, Erhalt kleiner
Strukturen und kultureller Diversität. Es ist ganz wichtig, zunächst ist die
Landwirtschaft völlig aus der Handelsliberalisierung auszunehmen. Die Handelsliberalisierung
der WTO bedroht die Landwirtschaft wirklich.“ Und genau der Punkt fehlt mir in
einem Wiener Landwirtschaftsbericht und der gehört da hinein.
Solange solche Dinge wie Biolandbau, Strukturprobleme
und WTO nicht behandelt werden, kann niemand Vernünftiger so einem Bericht
zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg WALTER.
Abg Norbert WALTER,
MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Geschätzte Damen
und Herren!
Am Mittwoch, dem 14., hat die “Kronen Zeitung“
tituliert: „Wiens Bauern geben nicht so leicht auf.“ Und das könnte eigentlich
das Resümee des Landwirtschaftsberichts 2005 sein. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich möchte mich zuerst einmal bei den Verfasserinnen
und Verfassern für diesen detaillierten Bericht bedanken. Wenn der Kollege
Maresch bekrittelt, dass da einige Dinge fehlen, dann muss ich sagen, bis vor
einiger Zeit hat es noch gar keinen gegeben und insofern ist es ein
Riesenfortschritt. Vielleicht kann man die Dinge, die jetzt noch fehlen, beim
nächsten Mal anhängen und ich denke, diesem Bericht so nicht zuzustimmen, weiß
ich nicht was das... (Abg Mag Rüdiger Maresch: Aber wenn entscheidende Dinge
fehlen?) Na ja, soweit ich weiß, wird ja nur diskutiert und gar nicht
abgestimmt, aber das ist ein anderes Kapitel.
Jedenfalls gibt es aus meiner
Sicht Punkte, die erfreulicher sind. Sie haben das ja auch angesprochen. Sie haben
gesagt, Rückgang der Betriebe von 40 auf 30 jährlich ist zwar kein ganz großes
Plus, aber immerhin geht es in die richtige Richtung. Allerdings hat die
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