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Landtag, 2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 65

 

ist. Da frage ich: Wofür brauchen wir ein Landesgesetz, wenn all jene interessanten Gebiete, wo sich etwas für die Stadt tun könnte, aus der Liste gestrichen werden? Das heißt, dass dieses Umgebungslärmgesetz dort im Sinne von Umweltschutz und Menschenschutz – und daran bin ich sehr interessiert! – nicht mehr greifen kann. Dieses Landesgesetz müsste aber doch irgendetwas schützen!

 

Auf Seite 7 steht wörtlich: „...dass durch die Schaffung ruhiger Gebiete am nordöstlichen Stadtrand, namentlich Donaustadt, eine weitere Stadtentwicklung ebenso gefährdet wäre.“ – Das heißt: Die Erhaltung von ruhigen Zonen in Wien gefährdet die Stadtentwicklung, daher streichen wir sie aus der Liste, und die Stadtentwicklung kann im sozialistischen Sinn weiter betrieben werden!

 

Ich zitiere weiter: „…als auch die Ansiedlung von Betrieben, Gewerbezentren sowie deren Verkehrsanbindung auf Grund technischer Vorgaben mitunter verunmöglicht worden wären.“ – Da steht eh schon alles drinnen! Die ruhigen Gebiete werden gestrichen, und wir machen all das so weiter, wie wir es gewohnt sind. Daher frage ich noch einmal: Wozu dieses ganze Landesgesetz? Auslassen ist besser!

 

Auf Seite 7 können wir auch nachlesen: „…wenngleich die MA 22 dieser Neufassung, wie sich in den Abstimmungsgesprächen herausstellte, nicht gewogen ist.“ Das heißt: Die für den Umweltschutz Zuständigen haben natürlich gesagt, dass dieses Gesetz so nicht beschlossen werden sollte. Wir sind auch dieser Meinung, denn wir sind für Umweltschutz. Ich zitiere weiter: „…ergibt sich aus nachvollziehbaren Gründen eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Wien. Die ruhigen Gebiete werden daher fortan…“, namentlich aufgezählt. Da haben wir es: Umweltschutz kontra Wirtschaftsstandort!

 

Das heißt: Die MA 22, Umweltschutz, musste vor den Wirtschaftsinteressen der Baudirektion in die Knie gehen. Das heißt: Hier hat sich die Baudirektion durchgesetzt. Alles, was interessant ist, wird aus den ruhigen Gebieten herausgenommen. Nur etwa der Lainzer Tiergarten, wo die Wildschweine ihren Auslauf haben, wurde halt belassen. Dort hätte aber mit oder ohne Gesetz sowieso keine Entwicklung stattgefunden.

 

Es ist klar: Die Wirtschaft setzt sich durch, Ruhe, Gesundheit und Umwelt bleiben hingegen auf der Strecke. Beim Verkehrslärm Straße und beim Industrielärm spielt es sich jetzt genauso ab wie schon beim Fluglärm. Wir sehen ganz klar: Der Wirtschaftsstandort Wien ist das Wichtige, die Umwelt hat in dieser Stadt keinen Stellenwert. Beim Fluglärm ist das ganz klar: Er darf sich weiterhin jedes Jahr um ca 10 Prozent verstärken, da wird überhaupt nicht diskutiert. Und es dürfen sich offensichtlich auch der Straßenverkehrslärm und der Industrielärm überall dort ausbreiten, wo die Sozialdemokratie erwartet, dass er kommen könnte, und die ruhigen Zonen wurden einfach zusammen gestrichen! Die Wirtschaft ist eben höherwertig. Es ist dies also ein grausliches Ausspielen von Gesundheit und Umweltschutz gegen Wirtschaft.

 

In diesem Papier steht echt, dass sich die höherwertigen Dinge durchgesetzt haben. – Da frage ich: Gibt es wirklich etwas Höherwertigeres als Umwelt und Gesundheit? – Natürlich muss der Wirtschaftsstandort seine Bedeutung haben, aber die Wirtschaft brutal als höherwertiger zu bezeichnen als Gesundheit, das ist schon ein bisschen arg! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich bin auf die Ausführung der Umweltstadträtin gefasst! Für StR Rieder ist das natürlich klar: Wirtschaft ist unheimlich wichtig, aber wie schaut es denn mit der Umweltstadträtin aus? Wie hat sie sich denn in dieses Gesetz eingebracht?

 

„Im Wiener Umgebungslärmschutzgesetz werden den notwendigen Maßnahmen mittels Aktionsplänen umgesetzt.“ – Das ist sehr interessant! – „Der Öffentlichkeit ist die Einsichtnahme in die strategischen Lärmkarten möglich.“ – Das ist aber lieb! Man wird viel Verwaltungsaufwand haben. Und es gibt auch Konfliktpläne. Die sind natürlich auch unheimlich gut! Da werden wir dann die Konflikte vielleicht auch einmal lösen! Der Öffentlichkeit wird – wie gesagt – eine Einsichtnahme in die strategischen Lärmkarten „und Aktionspläne sowie ein Stellungnahmerecht zu den vorgesehenen Lärm mindernden und Ruhe erhaltenden Maßnahmen gewährleistet.“ – Das ist lieb! Die Bürger dürfen hineinschauen. Die Bezirksvorstehung darf sogar ein bisschen eine Stellungnahme abgeben. Aber damit hat er sich auch schon.

 

„Die Mitgliedsstaaten haben der Europäischen Kommission in regelmäßigen Abständen über die Lärmsituation zu berichten.“ – Na, das ist gut: Beschäftigung für die Beamten! Ich bin auch für Arbeitsplatzerhaltung, und unseren Beamten arbeiten ja brav und fleißig. Die in Brüssel habe ich weniger gern. Aber da werden halt Papiere ausgearbeitet werden und es wird berichtet werden. Da werden sich ziemlich viele Aktenberge ergeben!

 

Lesen wir nach, was mit solchen Aktionsplänen wirklich geschieht, denn diese sind ja der Lösungsansatz. Da gibt es verschiedene Pläne, diese Konfliktpläne und die Lärmkataster, und all das kommt in den Aktionsplan. Was aber geschieht mit dem Aktionsplan? Natürlich nichts! Er wird schubladisiert oder verkommt sonst irgendwo.

 

Ich zitiere von Seite 21: „Mit dem Hinweis auf die etwaige Selbstbindung der Behörde sollte primär eine positive Abgrenzung dazu geschaffen werden.“ – Die Sprache ist wirklich gut! Für den Normalverbraucher unlesbar! „Mit dem Hinweis auf die etwaige Selbstbindung der Behörde sollte primär eine positive Abgrenzung dazu geschaffen werden, dass keinem Rechtunterworfenen ein Rechtsanspruch auf die Umsetzung eines Aktionsplanes zukommt. Die genannte Selbstbindung der Behörde ergibt sich nicht ex lege, da im Gesetz kein Hinweis auf die Realisierung von Aktionsplänen enthalten ist.“

 

Das heißt: Lieber Bürger! Wir werden Abrakadabra machen, und es wird entsprechende Verfahren, Bürgerbeteiligung und Bürgerbefragungen und Stellungnahmen

 

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