Landtag,
2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 65
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es hat ja durchaus Vorteile, nicht mehr die kleinste
Fraktion in diesem Haus zu sein, aber jedes Mal unmittelbar nach den
Freiheitlichen reden zu müssen, ist schon eine Art Strafverschärfung. (Abg Johann Herzog: Es sollte umgekehrt
sein!)
Ich darf in Ihre Richtung, Herr Strache, sagen: Es
ist unerträglich, wie Sie eine Aktuelle Stunde, die heute intendiert ist, um
über den Gewaltschutz von Frauen zu sprechen, missbrauchen (Abg Heinz-Christian Strache: Das steht aber nicht im Titel! Da steht
Gewalt im Allgemeinen!), um hier verschiedene Personengruppen und Menschen
pauschal wieder einmal zu diffamieren und zu kriminalisieren, von Menschen mit
Suchtproblemen angefangen über Sexarbeiterinnen. Ich will ja jetzt gar nicht
alles wiederholen und aufzählen. Das ist unerträglich, Herr Strache. Es ist
unwürdig für dieses Haus. Mit Ihrem Gewaltschutzbegriff, der eigentlich eine
Law and Order-Politik will (Abg
Heinz-Christian Strache: Reden Sie doch einmal mit der Bevölkerung!), haben
wir – und ich glaube, ich spreche für die Mehrheit dieses Hauses – ganz sicher
nichts zu tun! (Beifall bei den GRÜNEN und der SPÖ.)
Aber nun zurück zum Thema, zur Aktuellen Stunden
"Gewaltschutz für Frauen". (Abg
Heinz-Christian Strache; Also bitte, wo steht im Titel etwas von Gewalt gegen
Frauen?)
Der Bedarf an Gewaltschutzeinrichtungen steigt auch
in Wien. Frau Kollegin Ludwig hat es angesprochen, die Frauenhäuser sind schon
bald überlaufen. Die Aufnahme in die Wiener Frauenhäuser ist allein dieses Jahr
bis September um 20 Prozent gestiegen auf 388 Frauen, die mit ihren
356 Kindern heuer aufgenommen wurden.
Der Frauennotruf erfreut – unter Anführungszeichen –
sich eines regen Zulaufes, wobei "erfreut" natürlich der falsche
Ausdruck ist. Wir freuen uns darüber, dass er immer bekannter wird und deshalb
immer häufiger in Anspruch genommen wird. – Sorry! Entschuldigung! (StR David Ellensohn, da die Rednerin hörbar
heiser ist: Wir haben mit Gewalt um jede Stimme gekämpft, sie kämpft um ihre
eigene Stimme!) Ja, ich kämpfe um meine eigene Stimme.
Die Zahl der Wegweisungen, die die Polizei vornimmt,
ist auch heuer dramatisch angestiegen. Im Jahr 2004 gab es
2 000 Wegweisungen, doch diese Zahl wird heuer sicher überschritten
werden. Es ist zwar rechtlich gesehen Zuständigkeit des Bundes, hier für die
Gewaltschutzeinrichtungen vorzusorgen, insbesondere die Interventionsstellen
gegen Gewalt, die Sie angesprochen haben, die in vier Wiener Bezirken ihre
Arbeit nicht zufriedenstellend vornehmen können, aber, meine lieben Kolleginnen
von der Sozialdemokratie, der Schutz vor Gewalt gegen Frauen darf nicht ein
parteipolitisches Hickhack sein (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist eine Frage der Kompetenz!) und ist nicht
nur eine Frage des Geldes, sondern sicher auch keine Frage der Parteipolitik.
Wien ist eine reiche Stadt, und ich denke, es geht
hier nicht um viel Geld, die diese vier Wiener Bezirke brauchen würden. Hier
sollte Wien einspringen, weil ich denke, wir sind uns einig, das es nur eine
temporäre Lösung sein wird, denn wenn wir darauf hoffen, dass die nächste
Bundesregierung eine andere sein wird, dann wird es nur eine kurzfristige
Lösung sein. Und ich denke, den betroffenen Frauen ist es herzlich egal, ob
rechtlich der Bund zuständig wäre oder nicht, die betroffenen Frauen brauchen
Schutz in der Krise, brauchen Hilfe, brauchen Sicherheit, und dafür ist zwar
rechtlich – da gebe ich Ihnen Recht – der Bund zuständig, und wir haben auch
von dieser Stelle aus wiederholt an die Bundespolitik appelliert, ihre
Verantwortung hier wahrzunehmen. Aber, meine Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, auch wir haben hier in Wien eine Verantwortung, dass
Gewaltschutz für Frauen an erster Stelle steht, und hier einzuspringen, wenn es
nötig wird. Wir haben uns das Problem in Wien jetzt lange genug angesehen, und
hier gilt es doch, diesen Schutz für Frauen zu gewährleisten. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Die Bundespolitik hat sich offensichtlich ja
vollkommen verabschiedet aus dem Gewaltschutz. Wir haben schon gehört,
Finanzminister Grasser ist das Stalking zu teuer, noch dazu hat die
Frauenministerin ihn auch noch unterstützt in einem Interview mit der "Presse"
und hat Sympathie für diese Aussage gefunden.
Auch der Schutz von Frauen vor dem Psychoterror vor
Abtreibungskliniken ist der Bundesregierung bisher kein einziges Wort, keine
einzige Handlung wert gewesen. Hier wäre es höchst an der Zeit, eine bundesgesetzliche
Regelung – ähnlich Frankreich zum Beispiel – zum ungehinderten Zugang von
Frauen zum Schwangerschaftsabbruch zu treffen oder auch Schwangerschaftsabbruch
in allen öffentlichen Spitälern endlich möglich zu machen, was leider auch in
Wien derzeit noch nicht der Fall ist.
Eine weitere Forderung der GRÜNEN in diesem
Zusammenhang – eine wichtige Forderung und für Wien sehr relevant – ist das
Aufenthaltsrecht für Migrantinnen, die Opfer von Gewalt werden, um eine
effiziente Strafverfolgung hier auch gewährleisten zu können.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend): Frau StRin Vana, die
Redzeit ist bereits zu Ende.
StRin Dr Monika Vana (fortsetzend).
Ich möchte auch noch einmal appellieren und erinnern an eine Forderung der
GRÜNEN in diesem Zusammenhang, nämlich eine finanziell langfristig abgesicherte
Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen in Wien, die es derzeit nicht gibt, weil
die Stelle, die es gibt, leider ein SILA-Projekt ist, das auf zwei Jahre
befristet ist.
Auch wegen des steigenden Bedarfes in den Wiener
Frauenhäusern denke ich, wäre es an der Zeit für Wien, über ein fünftes
Frauenhaus nachzudenken, denn der Schutz von Frauen vor Gewalt darf eben keine
Frage des Geldes sein – auch in Wien nicht. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
nächste Rednerin ist die Frau Abg Mag Feldmann gemeldet. Ich erteile ihr das
Wort.
Abg Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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