Landtag,
2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 65
Wir helfen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern
nicht, wenn wir ihnen das verschweigen, weil sie dann nur Kosten haben, aber
der Antrag negativ beschieden werden muss.
Präsident Johann Hatzl:
Nächste Zusatzfrage: Frau Abg Ekici.
Abg Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Die Ausführungen meiner Vorrednerin Korun geben mir Anlass
zu fragen: Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen der MA 61 auf die neuen Regelungen im
Staatsbürgerschaftsgesetz vorzubereiten? (Abg Godwin Schuster: Das gibt es
ja noch nicht!)
Präsident Johann Hatzl:
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 61
werden, seit es den Gesetzesbeschluss gibt und der auch hier vorliegt,
permanent geschult. Die Problematik ist natürlich die - und ich freue mich ja,
dass Sie das ansprechen, durchaus auch problembewusst -, dass die Länder in die
Entstehung dieses Gesetzes nicht einbezogen worden sind, dass daher die Frage,
was hier auf die vollziehenden Länder zukommt, nicht klar war, dass auch weder
auf politischer Ebene noch auf beamteter Ebene mit den Ländern gesprochen
worden ist, sondern einfach drübergefahren wurde.
Wäre das anders passiert, würden wir uns leichter
tun, weil wir uns dann schon länger auf diese Gesetzesnovelle hätten
vorbereiten können. Die wäre dann auch nicht in dieser Schärfe passiert, weil
das nicht im Sinn der beamteten, aber auch der politischen
Staatsbürgerschaftsreferentinnen und -referenten ist. Und da spreche ich nicht
nur von Wien.
Präsident Johann Hatzl:
Nächste Zusatzfrage: Frau Abg Yilmaz.
Abg Nurten Yilmaz
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Welche Auswirkungen wird die
Staatsbürgerschafts-Novelle 2005 auf die Wienerinnen und Wiener, die die
österreichische Staatsbürgerschaft noch nicht besitzen, haben?
Präsident Johann Hatzl:
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sie wird erstens bewirken, dass viele Menschen
länger warten müssen, bis sie die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen
können. Sie bewirkt insbesondere - und das merken wir ganz stark in der
MA 61 - eine sehr, sehr große Verunsicherung und Unruhe unter den
Menschen, die im Jahr 2006 nach dem derzeit geltenden Staatsbürgerschaftsrecht
- übrigens ist das derzeit in Geltung befindliche Staatsbürgerschaftsrecht das
schärfste, das es in ganz Europa gibt - einen Anspruch hätten und diesen im
Jahr 2006 aufgrund des Gesetzes nicht mehr haben werden.
Es wird weiters dazu führen, dass zum Teil
staatsbürgerschaftsrechtlich Familien auseinander gerissen werden, weil zum
Beispiel der Sitzenbleiber-Paragraph nur zum Teil entschärft wurde. Für alle
Jugendlichen - oder eigentlich sind es noch Kinder -, die zum Beispiel in die
Hauptschule gehen, ist die Notwendigkeit einer positiven Deutschnote zur
Erlangung der Staatsbürgerschaft nach wie vor im zukünftigen
Staatsbürgerschaftsgesetz vorgesehen. Das heißt, ein "Nicht genügend"
in Deutsch - und ich denke, es gibt viele österreichische Kinder, die auch ein
"Nicht genügend" in Deutsch haben - verhindert die Staatsbürgerschaft.
Darüber hinaus besteht zum Beispiel auch nicht die
Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, wenn ein Kind nicht beurteilt
werden kann. Wenn es zum Beispiel aufgrund eines Unfalls ein paar Monate nicht
in der Schule war, verhindert das die Staatsbürgerschaft. Das heißt, wir werden
zukünftig Familien auseinander reißen müssen.
Es führt weiters zu etwas, was ich für ganz schlecht
halte, nämlich zu einer Zersplitterung des Vollzugs des
Staatsbürgerschaftsgesetzes. Das Staatsbürgerschaftsgesetz ist nämlich bisher
sehr einheitlich in allen Bundesländern vollzogen worden, das bestätigen die
Statistik Austria und alle Bundesländer. Dadurch, dass jetzt historische
Prüfungen entsprechend der Landesgeschichte in neun Bundesländern vorgenommen
werden müssen, haben wir jetzt erstmals, vom Bundesgesetzgeber vorgeschrieben,
die Zersplitterung des Vollzugs des Staatsbürgerschaftsgesetzes.
Präsident Johann Hatzl:
Weitere Zusatzfrage: Herr Abg Herzog.
Abg Johann Herzog
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadtrat!
Ein großer Teil der Staatsbürger, hat man schon den
Eindruck, ist der deutschen Sprache nicht gut oder kaum mächtig. Das ist
einfach ein Faktum. (Abg Christian Oxonitsch: Das haben wir gestern
gesehen!) Wenn Sie zum Beispiel heute unten im Rathaus oft genug
angesprochen werden... (Abg Harry Kopietz: Das haben wir ja gestern
gesehen!) Sie werden oft genug im Rathaus angesprochen mit der Frage nach
den Örtlichkeiten, wo die Staatsbürgerschaftsangelegenheiten abgewickelt
werden; selten in Deutsch. Das heißt, eine schwierige Situation ist gegeben.
Das Erfordernis der deutschen Sprache ist in der Verfassung und natürlich auch
im Staatsbürgerschaftsrecht drinnen, und es wäre daher sicherlich - das kann
man feststellen - ein Verstoß, der gesetzwidrig ist, wenn Beamte der Stadt Wien
trotz Unkenntnis der deutschen Sprache eine solche Staatsbürgerschaft
verleihen. - Das ist das eine.
Das andere ist, dass ich den
Eindruck habe, dass in vielen Gegebenheiten Wiens Dinge entstehen, dass, was
weiß ich, Serben nicht in kroatische Lokale gehen, Kroaten nicht in türkische,
Türken nicht in albanische und so weiter und so weiter. Das heißt, es bilden
sich Parallelgesellschaften heraus.
Hier kommt die Frage: Schaffen Sie nicht durch Ihre
Politik, indem Sie die Integration durch den Begriff der Diversität ersetzen,
letztendlich die Möglichkeit, dass sich Parallelgesellschaften bilden,
weiterkommen und sogar von Ihnen noch gefördert werden?
Präsident Johann Hatzl: Frau
Stadträtin.
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