Landtag,
23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 69
einem nicht passt, schon a priori eine parteipolitische
Angelegenheit.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir kommen zur 3.°Zusatzfrage:
Herr Abg Dr GÜNTHER.
Abg Dr Helmut GÜNTHER
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr
Landeshauptmann!
Ihr Engagement und Ihr Einsatz für derartige
Veranstaltungen, wie Sie sie gerade bekannt gegeben haben, ist sehr erfreulich,
und solche Veranstaltungen sollten auch durchgeführt werden. Aber gerade die
EU-Wahl oder auch die daran anschließende Wahl des Bundespräsidenten haben ja
gezeigt, dass es eine geringe Wahlbeteiligung gibt, und man kann nicht sagen:
Wenn ich die Schüler jetzt motiviere, zur Wahl zu gehen, erreiche ich bedeutend
höhere Wahlbeteiligungen. - Das heißt, es betrifft ja die ganze Bevölkerung,
und ich glaube, dass nicht nur die Diskussion in der Schule - die ich für eine
der wichtigsten halte, weil sie auch für das Leben etwas mitgibt -, sondern
dass auch dann im weiteren Bereich so etwas stattfinden sollte. Wenn man hier
auf die Zuschauerränge blickt, sieht man auch, dass das Interesse der
Bevölkerung ein verhältnismäßig geringes ist. Es ist jetzt durch das Internet
et cetera ein bisschen besser, weil man auch zu Hause die Möglichkeit hat, die
Debatten zu verfolgen.
Meine Frage geht aber in eine von Ihnen schon
angezogene Richtung. Sie haben gesagt, über die EU wurde bisher diskutiert,
weil es auch um die Erweiterung der EU geht. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass
dort Vertreter aller Fraktionen sitzen, dann gibt es von der ÖVP eine ziemlich
klare Linie, von den GRÜNEN eine ziemlich klare Linie. In der FPÖ gibt es ein
einfaches Mitglied, das die klare Parteilinie etwas durchbricht. Die Frage ist
jedoch: Wie sieht es in der SPÖ aus? Was werden die Vertreter Ihrer Fraktion
hier im Haus vertreten: Ihre Meinung oder die des Hernalser Bezirksobmanns und
Klubobmanns Cap?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Was das Letztere betrifft, so lassen Sie das meine
Sorge sein, wie man mit Auffassungen, die auf unterschiedlichen Einschätzungen
beruhen - die eigentlich auch nicht von einer besonders hohen Praxisrelevanz
sind, das sei auch einmal gesagt -, entsprechend umgeht. Meine Meinung ist in
der Tat nicht allzu weit entfernt von der Meinung des einfachen Parteimitglieds
der FPÖ, nämlich: Beitrittsverhandlungen ja, allerdings mit offenem Ende, weil
dieser Automatismus, der mehrfach, unter anderem auch in einem
"ZiB"-Interview, angesprochen wurde - wenn man Beitrittsverhandlungen
aufnimmt, dann ist damit auch der Beitritt de facto schon vollzogen (Abg
Dr Helmut GÜNTHER: Was bisher schon der Fall war!) - was bisher begründeterweise
der Fall gewesen ist, aber aus meiner Sicht trotzdem gerade an diesem Beispiel
zu verifizieren ist -, mit Sicherheit zu durchbrechen ist.
Ich füge aber auch da hinzu - wenn ich die
Gelegenheit dazu schon habe -, ohne ausführlich darauf einzugehen, dass meine
Priorität zweifelsohne auch in Europa liegt, denn da haben wir, wenn wir vom
Friedensprojekt der Europäischen Union ausgehen, auch noch eine ganz Menge zu
leisten und schwierige und mitunter seltsame Fragen zu lösen, die momentan noch
offen sind, auch in Bereichen der Ökonomie, aber durchaus auch in Bereichen der
Staatsverfassung, des Strafrechts und anderer Dinge, die ja auch von der Türkei
noch zu lösen sind. Ich denke da insbesondere auch an die Balkanstaaten, die in
einem Integrationsprozess Europas sicherlich nicht unter diesem Geschützdonner,
der sich jetzt um die Türkeiverhandlungen abspielt, untergehen sollten. Denn
bis vor nicht allzu langer Zeit ist von dort eine Kriegsgefahr ausgegangen
beziehungsweise hat dort real ein Krieg stattgefunden, und wenn man das
Friedensprojekt Europa auf ganz Europa entsprechend auszuweiten hat, dann bin
ich schon der Auffassung, dass es auch darum geht, etwa Serbien oder Montenegro
oder anderen Perspektiven zu geben, denn was für die Türkei gilt - nicht
zuletzt nach den Argumenten des einfachen Parteimitglieds -, gilt für
europäische Staaten mit Sicherheit genauso oder vielleicht sogar noch eine Spur
mehr, weil sie ja unbestritten zu Europa gehören. - Das sei nur ein Exkurs über
meine persönlichen Auffassungen dazu, die sich natürlich - und das tut mir Leid
– nicht in einem Halbsatz von den Medien darstellen lassen, weil das eben auch
etwas komplexere Zusammenhänge sind.
Die EU-Wahl selbst ist natürlich etwas, was nicht nur
junge Leute betrifft. Wenn ich mir im besonderen Ausmaß anschaue, wie sich etwa
in einem Land mit einer traditionell sehr hohen Wahlbeteiligung, nämlich in
Vorarlberg, diese Wahlbeteiligung zunächst von der Bundespräsidentenwahl dann
über die EU-Wahl bis hin zur Landtagswahl entwickelt hat, dann ist das
zweifelsohne etwas, wo man in Einzelteilen - insbesondere würde ich den Beleg
"Bundespräsidentenwahl" heranziehen - einfach Wahlverweigerung
betrieben hat. Da würde ich sagen, das ist über weite Strecken auch eine politische
Manifestation! Das ist nicht Gleichgültigkeit, das ist nicht etwas, wo man
gesagt hat: Das interessiert mich nicht!, Ich bin verdrossen!, oder sonst
irgendetwas, sondern hier ist bewusst auch Wahlverweigerung betrieben worden.
Daher sehe ich das natürlich schon auch reichlich differenziert.
Jawohl, ich bin ganz fest der Überzeugung, dass man
mit jungen Leuten, vor allem auch in ihrem unmittelbaren Lebensbereich,
Demokratie lernen muss - wir lernen ja auch etwas dabei, es ist ja nicht so, dass
wir nur lehren, sondern es ist eine Wechselbeziehung -, dass dies etwas ist,
mit dem man Zukunft auch entsprechend gestalten kann. Und sehr viele junge
Leute – das ist absolut richtig; dort, wo man das praktisch ausprobiert hat,
ist der Beweis dafür auch erbracht – wollen dies auch! Sie wollen das
nicht, aber sie wollen natürlich auch entsprechend mitarbeiten, mitgestalten,
nicht zuletzt an ihrer eigenen Zukunft.
Darüber hinaus ist es aber
natürlich auch wichtig, sich mit dem auseinander zu setzen, was Menschen
mittleren Alters oder Ältere dazu bewegt, etwa nicht zur Wahl zu gehen, mit dem
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