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Landtag, 23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 69

 

dessen Präsident Sie, glaube ich, sind -, es ist vier Wochen alt, und in diesem Papier des Städtebundes wird eine Erhöhung der Grundsteuer und die Streichung der Grundsteuerbefreiung gefordert. Das ist also ein Widerspruch, den Sie dann sicher noch aufklären können.

 

Ich möchte Sie aber etwas anderes fragen, Herr Landeshauptmann. Die Bundesregierung hat vor kurzem eine wegeweisende Steuerreform durch das Parlament beschließen lassen. Da wird die Körperschaftssteuer von 34 auf 25 Prozent gesenkt. Da gibt es eine international vorbildliche Gruppenbesteuerung, die den Ausgleich von Verlusten, die im Ausland erlitten werden, mit österreichischen Gewinnen ermöglicht, also doch weitreichende Auswirkungen auf die Attraktivität von Holdinggesellschaften in Österreich hat. Wir haben seit heuer den Hälftesteuersatz für nicht entnommene Gewinne von Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Da gibt es ein ganzes Paket von steuerlichen Maßnahmen, das die Wirtschaft insgesamt begünstigt.

 

Meine Frage an Sie, Herr Landeshauptmann, ist: Wie beurteilen Sie die Auswirkung dieser Steuerreform auf den Wirtschaftsstandort Wien?

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Landeshauptmann, bitte.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Zunächst einmal kann ich Sie, was das Papier des Städtebundes betrifft, vollkommen beruhigen. Dieses Papier des Städtebundes ist einhellig verabschiedet worden, in einer Resolution beim Städtetag selbst; statt "einhellig" muss ich eigentlich präzise "einstimmig" sagen. Da steht natürlich auch keine Erhöhung der Grundsteuer drin. Hingegen, dass man Steuerprivilegien abschafft, war bisher immer die Position der Freiheitlichen Partei; es verwundert mich, dass Sie das plötzlich kritisieren. Daher hat es ja auf der Basis dieser inhaltlichen Auffassung der Freiheitlichen Partei auch zu Recht die Zustimmung der freiheitlichen Vertreter im Städtebund dazu gegeben. Denn ich sage es noch einmal: Wir haben im Städtebund nicht eine Erhöhung der Grundsteuer gefordert, aber sehr wohl - ganz im Sinne der Politik der Freiheitlichen - eine Abschaffung von dabei bestehenden Privilegien. Auf diesen Unterschied werden wahrscheinlich wir beide in hohem Ausmaß Wert legen.

 

Was die Auswirkungen betrifft, die ich durch die großartige Steuerreform der Bundesregierung auf Wien sehe - um auf Ihre Frage einzugehen -, gibt es da zweifelsohne durchaus interessante Anmerkungen. Etwa bei der Körperschaftssteuer: Hier ist der Satz gesenkt worden, das ist gut für die Stimmung, das ist gut für das Außenbild, das will ich in keiner Weise bestreiten. Ich halte nur fest, dass nach Berechnungen des Finanzministeriums selbst - also nicht aus der Propagandaküche der SPÖ oder sonstiger verwerflicher Einrichtungen, sondern des Finanzministeriums selbst - die real bezahlte Körperschaftssteuer, die vorher bei 12 Prozent gelegen ist, nun bei über 16 Prozent liegt. Das ist ein Weg, über den man sagen kann: Nun gut, der entspricht auch einer gewissen Grundübereinstimmung, nämlich Steuerprivilegien abzuschaffen. Dann sollte man sich auch dazu bekennen, dagegen ist wirklich nichts zu sagen. Aber man sollte nicht so tun, als ob das nun wirklich das Nonplusultra an einer realen Entlastung der Wirtschaft wäre. Den Unterschied zwischen dem, was für Stimmungen und so weiter gut ist, und dem, was die Realität betrifft, sollte man da zumindest auch einmal ansprechen. Trotzdem wird man von mir nichts dagegen hören, dass dabei die Körperschaftssteuer gesenkt wurde.

 

Zu anderen Formen wie etwa der Gruppenbesteuerung und Ähnlichem: Sie haben ja recht gut darauf hingewiesen, dass mit Gewinnen, die in Österreich erwirtschaftet werden, Verluste, die im Ausland gemacht wurden, abgedeckt werden können. Genau das sollte man aber auch valorisieren! Ob das so im Interesse insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe in unserer Stadt ist, die immerhin den erheblichsten Anteil der Wiener Wirtschaft ausmachen, das wage ich zu bezweifeln.

 

Ich kenne Firmen, für die das hoch interessant ist, da können sie eine ganze Menge machen. Das wurde in einer Betriebsversammlung eines großen multinationalen Konzerns vor nicht allzu langer Zeit auch einmal gesagt: Da ist der durchschnittliche Steuersatz des Arbeitnehmers, der dort beschäftigt ist, bei etwa 22 Prozent, der Herr Generaldirektor zahlt 50 Prozent, und die Firma selbst zahlt 11,8 Prozent Steuern. So gesehen, haben wir ohnehin entsprechend ... (Abg Dr Wilfried Serles: Das ist ja fast klassenkämpferisch!)

 

Entschuldige, klassenkämpferisch? Das ist eine Beschreibung des Ist-Zustandes! Klassenkämpferisch kann es überhaupt nicht sein. (Abg Heinz Hufnagl: Aber richtig ist es! - Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie können mich durchaus auch breitklopfen in die Richtung hin, dass der Herr Generaldirektor nicht 50 Prozent Steuern zahlen muss; dann ist der Klassenkampf überhaupt weg. Das ist einmal eine Beschreibung des Ist-Zustandes, sonst gar nichts, und die Beschreibung des Ist-Zustandes ist so, dass da von einer Nichtentlastung gerade auch multinational agierender Betriebe in Österreich keine Rede sein kann.

 

So gesehen, möchte ich meinen, das ist ganz ruhig und pragmatisch zu valorisieren. Nützt das in der Tat der in Wien situierten Wirtschaft? Welcher nützt es? Ich denke doch, wir stimmen auch da überein, dass wir in erster Linie schauen sollten, Hilfestellungen in Richtung hin zum produzierenden Kapital und nicht ausschließlich zum Finanzkapital zu leisten. Oder vielleicht sehen Sie das anders, aber ich sehe es jedenfalls so, dass das auch eine wichtige Grundüberlegung dabei wäre.

 

Nach dieser Valorisierung schaut man sich das an, und da geht es nicht um meine Befindlichkeit. Wirtschaftspolitik - das sage ich dazu - mache ich sehr pragmatisch, und ich sehe sie auch sehr pragmatisch. Das sollte man da ebenfalls tun. Wir haben mühselig gelernt, dass Ideologie in der Wirtschaft, sagen wir einmal, nicht immer das Allerbeste ist. Lernen Sie nicht umgekehrt jetzt wieder das Falsche. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Die 3.°Zusatzfrage hat Herr Abg Dipl Ing Margulies.

 

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