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Landtag, 22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 104

 

Heinz-Christian Strache: Wo haben Frauen für Sie einen Wert? Dort, wo Frauen Ihre Hilfe brauchen, versagen Sie!) Das ist eine Schande, und dass Sie nicht rot werden - nein, "rot" ist der falsche Ausdruck -, wenn Sie das hier vertreten, ist ungeheuerlich! (Abg Heinz-Christian Strache: Was ist die Schande? Ihre Schande ist, dass Sie die Frauen dieser Stadt im Stich lassen! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Ich komme jetzt auf den Boden der Tatsachen zurück und möchte sachlich in die Diskussion einsteigen (Abg Dr Herbert Madejski: Wo waren Sie bis jetzt?), damit beginnend, dass wir GRÜNE selbstverständlich keine rechtlich ungeklärte Situation in Wien sehen. Wir sehen eine rechtlich geklärte Situation. (Abg Mag Heidemarie Unterreiner: Das ist absurd!) Selbstverständlich - das hat auch die Bundespolizeidirektion richtigerweise festgestellt - dürfen Asylwerberinnen der Tätigkeit der Sexarbeit nachgehen. Selbstverständlich - und das ist kein Skandal, bitte, sondern das ist geltendes Recht und gut so - sollen sich Sexarbeiterinnen melden und Gesundheitskontrollen vornehmen.

 

Es wäre vollkommen absurd, verbieten zu wollen, dass Asylwerberinnen Sexarbeit nachgehen. Wir schieben doch dadurch die Frauen noch weiter in die Illegalität. Wir lösen so gerade das Problem nicht, das Sie ansprechen. Weder das gesundheitspolitische Problem noch das Sicherheitsproblem, bitte, lösen wir damit, indem wir weiter kriminalisieren, abschieben, wegschieben, ja nicht anschauen. Glauben Sie denn, dass diese Frauen dann nicht der Sexarbeit nachgehen? Wie naiv! (Abg Heinz-Christian Strache: Zahlt Ihnen jemand was, dass Sie das sagen?) Was setze ich mich mit Ihnen da überhaupt auseinander, das ist ja lachhaft! (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Heinz-Christian Strache: Zahlt Ihnen jemand was?)

 

Wir wollen, dass sich möglichst viele Sexarbeiterinnen melden und registrieren. (Abg Mag Heidemarie Unterreiner: Die werden ja ausgebeutet!) Wir würden uns zwar andere Umstände wünschen, wir haben das ja schon eingehend im Zuge der Novellierung des Prostitutionsgesetzes diskutiert. (Abg Mag Heidemarie Unterreiner: Haben Sie mit denen gesprochen? Kennen Sie das Problem?) Wir hätten uns allerdings andere Umstände gewünscht, nämlich dass sich Sexarbeiterinnen nicht bei der Polizei melden müssen, sondern, wie zum Beispiel die Stadt Salzburg es vornimmt, bei Beamten und Beamtinnen beim Magistrat, um nicht von vornherein kriminalisiert zu werden. Wir würden uns auch erleichterte Bedingungen für die Gesundheitskontrolle wünschen. Aber, noch einmal: Auch wir haben das Interesse, möglichst viele Sexarbeiterinnen aus der Illegalität zu holen und sie nicht in eine rechtliche Grauzone - wo sie jetzt nicht sind, bitte! - abzuschieben.

 

Was Sie fordern, nämlich dass Asylwerberinnen keiner Tätigkeit nachgehen sollen, der Sexarbeit nicht nachgehen sollen, ist auch integrationspolitischer und asylpolitischer Humbug. Aber das brauche ich hier gar nicht näher zu erläutern. (Abg Heinz-Christian Strache: Das ist eine tolle Karriereentwicklung! Sie fördern, dass Frauen gezwungen werden, Prostitutionsarbeit zu leisten!) Wir haben ja von der Freiheitlichen Partei nichts anderes erwartet. (Abg Heinz-Christian Strache: Das ist ja frauenfeindlich! Das ist ja frauenfeindlichst, was Sie hier tun!) Den Arbeitsmarkt für Asylwerberinnen zu sperren und gleichzeitig zu verhindern, dass Asylwerberinnen arbeiten dürfen, ist absolut der falsche Weg, die falsche Politik.

 

Wir GRÜNE kämpfen dafür - seit Jahren als einzige Partei, die das fordert -, dass jeder und jede, die in diesem Land Aufenthalt hat, legal Aufenthalt hat, auch arbeiten darf, auch einer Tätigkeit nachgehen darf, einer Beschäftigung, einer selbstständigen oder unselbstständigen Beschäftigung oder der Beschäftigung als Sexarbeiterin. Wir würden uns ja wünschen, dass Sexarbeit - wie in vielen anderen Ländern Europas - endlich als Arbeit und Gewerbe anerkannt wird, damit eben die Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind, hier auch Arbeits- und Sozialrechte haben und hier nicht illegal Tätigkeiten verrichten müssen, die kein erfreuliches Phänomen sind. Natürlich ist Sexarbeit - das will ich an dieser Stelle auch betonen - kein erfreuliches Phänomen. Aber zu glauben, man kommt hier mit Verboten weiter, ist wohl Schwachsinn. Entschuldigen Sie, ich muss das wirklich sagen: Das ist sowohl frauenpolitischer als auch integrationspolitischer Schwachsinn.

 

Wir GRÜNE kämpfen dafür, dass alle Menschen, die hier leben, auch arbeiten dürfen. (Abg Heinz-Christian Strache: Auch gezwungen werden können!) Für uns beginnt Integrationspolitik nicht erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens, sondern schon bei der Einreise. Wir sind dafür, dass Asylbewerberinnen schon innerhalb des laufenden Asylverfahrens einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen können. (Abg Mag Heidemarie Unterreiner: Was ist da sinnvoll?) Nur so ist ein menschenwürdiges Dasein, auch ein selbstbestimmtes Dasein möglich. (Abg Mag Heidemarie Unterreiner: Was Sie da reden!)

 

Wir wollen auch nicht, dass, wie soll ich sagen, selbsterhaltungswillige und selbsterhaltungsfähige Menschen - ich sage das jetzt auch an die Adresse der Sozialdemokratie, die sich bei diesem Thema immer schwer getan hat (Abg Heinz-Christian Strache: ... von der organisierten Kriminalität das Geld gleich abgenommen wird! Das ist für Sie ...!), und ich freue mich über den Sinneswandel der Gewerkschaft vor kurzem in dieser Frage, die jetzt auch auf den Kurs eingeschwenkt ist, endlich zu erkennen, dass Asylwerberinnen einer Beschäftigung nachgehen sollen. Seit 1. Mai 2004 ist das eigentlich rechtlich möglich, das AusländerInnenbeschäftigungsgesetz wurde geändert, AsylwerberInnen dürfen einer Beschäftigung nachgehen. Allerdings wurde dies leider sofort wieder abgeändert durch einen Erlass von Wirtschafts- und Arbeitsminister Bartenstein, der diese Möglichkeit auf Ernte- und Saisonarbeiter und -arbeiterinnen einschränkt. Wir begrüßen, dass es im Bundesrecht jetzt prinzipiell die Möglichkeit gibt, dass Asylbewerberinnen arbeiten dürfen, und möchten dieses Recht natürlich weitestgehend ausweiten.

 

Noch ein Satz dazu, warum ich glaube, dass es

 

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