Landtag,
16. Sitzung vom 26.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 35
Leben hatten.
Wenn ich nicht durch Zufall diese Lehrstelle bekommen
hätte, glaube ich, würde ich heute nicht hier stehen, aber ich habe auch durch
diese Lehrstelle das duale Ausbildungssystem kennen und schätzen gelernt. Ich
habe gesehen, wie gut es ist, wenn man die Theorie in der Berufsschule lernt,
die Praxis beim Lehrmeister, wie man damit in das Leben einsteigt und wie man
sieht, wie die Praxis wirklich funktioniert.
Ich habe mir damals auch vorgenommen, sollte ich
irgendeine Möglichkeit haben, alles in meiner Macht zu unternehmen, dass es zu
keiner Jugendarbeitslosigkeit kommt und dass es nicht mehr notwendig ist, dass
junge Menschen auf der Straße stehen und keine Chance haben.
Und seitdem ich selbstständig bin, bilde ich
Lehrlinge aus und ich kann Ihnen sagen, auch mir gibt es sehr, sehr viel, mit
der Jugend zu arbeiten, immer am letzten Stand zu sein, zu sehen, wie die
Probleme, die damals meine waren und die heute wieder ganz andere sind, aber
genauso wichtig für den jungen Menschen sind, wie sie es damals waren. Und auch
heute als Lehrmeister schätze ich das duale Ausbildungssystem, und ich habe
auch sehr viel Grund, darauf stolz zu sein. Es gibt ja diese
Lehrlingsolympiaden, wo sich unsere jungen Menschen in der ganzen Welt anderen
im Wettbewerb stellen und es gibt kein Jahr, wo nicht unsere Österreicher und
sehr, sehr viele Wiener darunter, als Sieger aus dieser Olympiade zurückkommen (Beifall bei der ÖVP) und ich glaube das
zeigt, wie gut diese Ausbildung ist.
Natürlich habe auch ich Forderungen. Zum Beispiel
würden wir für die Berufsschule das Blocksystem brauchen, wie es in allen
Bundesländern üblich ist, in Wien gibt es das nur teilweise. Nur teilweise,
weil die Berufsschullehrer sich weigern. Ja, es liegt an den
Berufsschullehrern. Gebt uns dieses Blocksystem, da tun wir uns in der
Wirtschaft wesentlich leichter bei der Ausbildung.
Was wir brauchen, sind besser ausgebildete
Hauptschüler, die zu uns kommen. Reden Sie mit den Berufsschullehrern, die
Schüler können nicht einmal das kleine Einmaleins. Ich bin sehr, sehr oft in
den Berufsschulen unten, Sie können mich beim Wort nehmen, ich zeige Ihnen die
Berufsschullehrer, die müssen mit dem kleinen Einmaleins anfangen in der
Berufsschule. Das ist nicht Aufgabe der Berufsschule, oder? (Abg Franz Ekkamp hebt einen Taschenrechner
in die Höhe: Was ist damit!)
Werten wir doch den Lehrberuf auf, wir fordern
Gleichstellung von Meisterprüfung im Handwerk mit der Matura. Ich habe beides,
ich kann das vergleichen wie schwer das ist, eine Meisterprüfung zu machen. (Abg Mag Christoph Chorherr: Das ist nicht
gleich!) Warum weigern wir uns, das aufzuwerten. (Beifall bei der ÖVP.)
Oder, ich komme jetzt wieder zu Wiener Problemen: Die
Schnupperlehre, die wird doch sehr angenommen von den jungen Menschen, ich
freue mich, wenn sie kommen.
Nur das Wiener Bundesland sagt, Schnupperlehre ist
Kinderarbeit. Da müssen sie in die Schule hingehen und der Lehrer muss
einverstanden sein, der muss unterschreiben, dass der Schüler eine
Schnupperlehre machen darf. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das ist Kinderarbeit!)
In allen anderen Bundesländern ist das nicht Kinderarbeit. (Beifall bei
der ÖVP.)
Leider Gottes rennt mir die Zeit davon, ich könnte stundenlang
darüber reden, aber ich möchte noch auf ein Wiener Problem zurückkommen. Bitte,
Sie von der Mehrheitsfraktion, Sie haben doch die Möglichkeit, mir zu erklären,
wieso haben die Wiener Linien 1997 noch 187 Lehrlinge ausgebildet, aber 2002
nur mehr 99 Lehrlinge? (Abg Dr Matthias Tschirf und Abg Gerhard Pfeiffer:
Aha, aha!)
Ist das nicht ein bisschen hausgemacht? Warum machen
Sie dort nicht Druck, dass die Wiener Linien Lehrlinge ausbilden?
Oder: Bei den Wiener Stadtwerken sank die Zahl vom
Jahr 2000, als noch 273 Lehrlinge beschäftigt waren, im Jahr 2001 auf 257 und
2002 auf 236 Lehrlinge. (Abg Dr Matthias Tschirf: Aha!) Vielleicht
nehmen wir uns da ein bisserl bei der Nase bei dem Ganzen. Im gleichen Zeitraum
sinkt im gesamten Wien der Abschluss der Lehrverträge gegenüber dem Vorjahr um
15 Prozent. (Abg Godwin Schuster: Man kann doch nicht die Lehrverträge
vergleichen!) Antworte mir auf die Stadtwerke, antworte mir, warum die
weniger ausbilden. Jetzt tun wir nicht Statistik hin und her.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Ihre Redezeit ist zu Ende.
Abg Rudolf Klucsarits (fortsetzend):
Frau Präsidentin, ich komme schon zu meinem Schlusswort.
Ganz zum Abschluss: Bitte, machen wir die
Lehrlingsfrage im Interesse der Jugendlichen zu keinem Politikum. Hand in Hand,
gemeinsam in alter Tradition, wie wir den Wohlstand gemeinsam aufgebaut haben,
machen wir etwas gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die Wirtschaft wird
jederzeit bereit sein. Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ing RUDOLPH. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Ing Herbert RUDOLPH (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Hohes Haus!
Herr Kollege Klucsarits, ich glaube, man kann Ihnen
schon antworten auf das, was Sie hier zu Recht gesagt haben. Bei den Wiener
Linien ein dramatischer Rückgang bei den Lehrlingen. Aber wenn jetzt der
Kollege der SPÖ heraus kommt und versucht, das mit Prozentsätzen zu erklären,
dass ja der Prozentsatz der ausgebildeten Lehrlingen ohnedies gleichgeblieben
ist, ist die Rechnung einfach. Die Wiener Linien haben ja auch Mitarbeiter
massiv abgebaut. Waren es im Jahr 2000 noch ungefähr 8 600, so ist die
Planziffer für das heurige Jahr 8 100. Also, in kürzester Zeit 500
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich reduziert. Es sind ja nicht
nur die Lehrlinge betroffen, sondern es ist ja insgesamt eine massive
Kürzungspolitik in diesem sozialistischen Paradebetrieb, die viele der dort Beschäftigten
natürlich potentiell in die Arbeitslosigkeit stürzen wird. Das ist das eine.
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