Landtag,
15. Sitzung vom 26.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 51
Maßnahmenbeschwerdeverfahren durch die Präsidentin nicht
abgewehrt, sondern wurde zur Grundlage eines Disziplinarverfahrens.
Sie können sich vorstellen, dass der Verhandlungsleiter
damit in einer einigermaßen unangenehmen Situation war. Ich verstehe nicht, wie
so ein Verhalten, nämlich die Ausübung der Sitzungspolizei, zur Grundlage eines
Disziplinarverfahrens werden kann, weil ja eine Form der Gesetzesanwendung,
selbst wenn sie sich im Nachhinein als unrichtig herausstellen würde,
sicherlich eine disziplinarrechtliche Ahndung und Beurteilung nicht zulässt.
Dieses kraft Gesetzes zuständige Mitglied hat sich
angesichts dieser massiven Beeinträchtigung – ich zitiere – "seiner
Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit nicht in der Lage gesehen, das
anhängige Maßnahmenbeschwerdeverfahren vor Abschluss dieser unzulässigen
Intervention im Zuge des Disziplinarverfahrens fortzuführen."
Diese Person, dieser Verhandlungsleiter,
"Richter" könnte man sagen, wenn auch nicht im formalen technischen
Sinn, war sohin befangen, war nicht mehr in der Lage, über diese Beschwerde zu
entscheiden, und leider Gottes gibt es auch keine Regelung für eine Vertretung
im Falle einer solchen Befangenheit.
Was ich an Hand dieses Beispiels dokumentieren
wollte, ist, dass es sehr wohl Einflussmöglichkeiten von Seiten des Magistrats
gibt und dass es tatsächlich auch immer wieder – zumindest in diesem einen Fall
– passiert ist, dass versucht wurde, über das Disziplinarrecht Einfluss auf
eine Entscheidung des UVS zu nehmen.
Ich glaube daher, dass es keinen Grund geben kann,
das Disziplinarrecht für den UVS in dem Sinne zu verschärfen, dass dem
Kontrollierten nun mehr Möglichkeiten und mehr Kompetenzen gegeben werden,
Einfluss auf das kontrollierende Organ nehmen zu können. (Beifall bei der
ÖVP.)
Präsident Johann Römer: Als Nächster zu
Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing RUDOLPH. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Ing Herbert RUDOLPH (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Hohes Haus! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Meine Vorrednerin, mein Vorredner haben jene
Stellungnahmen zu diesem Gesetz mit einem durchaus sperrigen Titel, das sei
zugegeben, zitiert, die sich kritisch, ablehnend, distanzierend zu dieser
Vorlage geäußert haben. Das ist eine Seite der Medaille.
Es gibt auch eine zweite Seite der Medaille, und die
soll hier durchaus auch genannt werden. Beispielsweise die Rechtsanwaltskammer Wien
hat zu der vorliegenden Gesetzesänderung angemerkt, dass insbesondere der
Ersatz des Inquisitions-, durch das Anklageprinzip im Verfahren vor den
Disziplinarorganen ausdrücklich begrüßt wird, weil es als sachgerecht angesehen
wird, für die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates als
Disziplinarorgan eben nicht die Vollversammlung, sondern eine eigene
Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag als Disziplinarsenat einzurichten.
Also die Rechtsanwaltskammer – und ich glaube, dass das durchaus ein Gremium
ist, das berufen ist, sich qualifiziert zu dieser Materie zu äußern – hat die
positive Veränderung angemerkt und zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, dass der
Gesetzgeber es auch durchaus als sehr vernünftig ansieht, dieser Meinung zu
folgen. – Dies zum einen.
Zum Zweiten: Wie sehen das die Betroffenen selbst.
Der Unabhängige Verwaltungssenat selbst hat sich in seiner Stellungnahme zu
diesem Gesetzesentwurf, glaube ich, auch sehr sachlich, sehr fundiert und mit
einer absolut gegebenen Objektivität geäußert, indem er angemerkt hat, dass bei
der Vollversammlung im Hinblick darauf, dass es sich um 56 Mitglieder
handelt – und das ist ja ein durchaus sehr großes Gremium, 56 Mitglieder
zum selben Zeitpunkt zu versammeln, das gelingt ja nicht einmal dem Wiener
Landtag und Gemeinderat über die gesamte Dauer seiner Tagungszeit –, Bedenken
bestehen, denn jeweils diese 56 Mitglieder ein Entscheidungsorgan zu
befassen, führt dazu, dass es zu einer erheblichen Schwerfälligkeit bei der
Entscheidungsfindung kommt. Und genau das, will ja der Unabhängige
Verwaltungssenat, der durchaus auch immer wieder einmal im Geruch steht, bei
der Geschwindigkeit seiner Entscheidungen noch nicht das Optimum erreicht zu
haben, zumindest verändern.
Zum Dritten finde ich es auch sehr fair, dass ein
Grundprinzip des Verwaltungsrechtes zum Ausdruck gebracht wird. Ich meine an
sich den § 7 AVG, der hier in einer anderen Form in dieser Stellungnahme
zum Ausdruck kommt, dass es eben in der Natur der Sache liegt, dass es ein
Naheverhältnis vieler Mitglieder zu dem disziplinär zu beurteilenden Mitglied
gibt, weswegen der Vollversammlung tatsächlich nur in besonders einschneidenden
Fällen eine Entscheidungskompetenz zukommen sollte. Das schreibt hier die
Präsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates, und ich meine, dass sie das
auch sehr vernünftig und sehr richtig sieht.
Wir werden diesem Gesetzesentwurf deshalb unsere
Zustimmung geben, weil auch eine Modifikation, die sich jetzt in der Vorlage
wiederfindet, Einzug gefunden hat, nämlich die, dass der Disziplinarsenat in
Zukunft aus vier Damen und Herren bestehen kann – nicht so, wie das
ursprünglich angedacht war, aus drei, sondern aus vier – und dass von den vier
zwei unabhängige Richter/Richterinnen sein werden und die Vorsitzführung in jedem
Fall auf der richterlichen Seite gegeben ist und das auch noch verbunden mit
einem Dirimierungsrecht für den Vorsitzenden, was sehr vernünftig ist, damit es
zu keiner Blockade kommt.
Ich glaube, dass das auch eine sehr kluge
Entscheidung seitens der Mehrheitsfraktion war, dieser Idee zu folgen und diese
Disziplinarsenat damit auch tatsächlich sehr handlungsfähig auszugestalten.
Nun noch zu einem der vorliegenden Abänderungsanträge,
eingebracht von Frau Abg Sommer-Smolik betreffend die Vertrauenspersonen bei
Disziplinarverfahren. Ohne mich jetzt an der Begründung stoßen zu wollen, weil
hier der Begriff Opfer und Täter verwendet wird
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