Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 83
Ein Pensionsantrittsalter von 65 für Männer und 60 für
Frauen fordert Gusenbauer genauso wie die Regierung. Die Regierung sagt:
schrittweise erhöhen ab Mitte 2004, und Gusenbauer will es von der Entwicklung
am Arbeitsmarkt abhängig machen. Ich glaube, diese Idee von Gusenbauer ist eine
Schnapsidee. (Abg Gerhard Pfeiffer: Eine Weinidee!) Ich wünsche mir eine
schrittweise Erhöhung, weil nur das geeignet ist, Vertrauen zu schützen.
Einen Solidarbeitrag für Pensionisten, die über der
ASVG-Höchstbeitragsbemessungsgrundlage liegen, will nicht die Bundesregierung,
diesen hat Herr Gusenbauer vorgeschlagen. Was die Bundesregierung vorgeschlagen
hat, ist ein Pensionssicherungsbeitrag für Beamte im Ruhestand. Die Aufwertung
und stärkere Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten will Herr Gusenbauer genauso
wie die Bundesregierung, der Streit liegt im Detail. Der Streit geht darüber,
wie hoch und in welchem Ausmaß diese Kinderbetreuungszeiten angerechnet werden
sollen. Glauben Sie mir, Herr Driemer, da ist Bewegung im Spiel.
Herr Gusenbauer sagt offen, dass er die
Pensionsversicherungssysteme ab 2004 oder 2005 harmonisieren will. Die
Bundesregierung hat sich bisher zwar verbal zu diesem Vorhaben bekannt, aber
mit diesem Entwurf noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür
geschaffen. Ich meine, man sollte im Zusammenhang mit dieser Pensionsreform
ernsthaft auch über eine Harmonisierung der Pensionsversicherungssysteme
verhandeln.
Die Bundesregierung sagt ganz klar etwas zu den
budgetären Auswirkungen dieser Reform und rechnet vor, dass durch diese Reform
der Bundeszuschuss zu den Pensionen im Jahre 2007 um rund
1 Milliarde EUR sinken wird. Frau Kollegin Korosec hat soeben zu
Recht darauf hingewiesen, dass Gusenbauer genau das Gleiche, nämlich diese
1 Milliarde, bereits im Jahr 2006 haben will. Herr Kollege Driemer,
rechnen Sie mir jetzt einmal vor, wie das gehen soll und wie das auf der Basis
der Vorschläge, die von Herrn Gusenbauer bekannt sind, funktionieren soll!
Möglicherweise ist das der wirkliche Grund, warum Herr Broukal heute das
Hangerl geworfen hat, weil er all diesen Klimmzügen, all diesen Manövern von
Herrn Gusenbauer nicht mehr folgen kann und daher die Nase voll hat von Herrn
Gusenbauer und von seiner SPÖ.
Und jetzt, Kollege Driemer, möchte ich mit Ihnen noch
einmal ganz ernst reden. Auch wenn ich mir Mühe gegeben habe, Ihnen hier
40 Minuten zu folgen - ich glaube, es ist es wert, diese Diskussion hier
auszutragen, bei Ihnen in der Gewerkschaft auszutragen, medial auszutragen,
öffentlich auszutragen! Aber es ist schädlich, schon im Vorfeld einer derart
wichtigen Frage mit Streiks zu drohen, wie das Ihre Kollegen Nürnberger, Kaske
und Haberzettl tun. (Abg Rudolf Hundstorfer: Sie sind falsch informiert!)
Nein, ich bin nicht falsch informiert. Wenn ich mir das aktuelle
"NEWS" ansehe (Abg Rudolf Hundstorfer: Das ist falsch!), wenn
ich mir die Aussendung der APA ansehe und wenn davon die Rede ist, dass die
Gewerkschaften dieser Republik den Flughafen Wien bestreiken wollen,
möglicherweise schon nächste Woche, um die Koordination der einzelnen
Teilgewerkschaften "eindrucksvoll unter Beweis zu stellen", dann
frage ich mich: In welchem Lande leben wir eigentlich? (Abg Rudolf
Hundstorfer: Ja, fragen Sie!) Verdient es ein derart wichtiges Thema für
die Republik, über das man reden sollte, dass man als verantwortungsbewusste
Gewerkschaft bereits im Vorfeld mit Streiks droht, mit derart massiven Streiks,
nur um die Koordination der einzelnen Teilgewerkschaften "eindrucksvoll
unter Beweis zu stellen"? (Abg Godwin Schuster: Was ist, wenn der
Bundeskanzler nicht will?) Das ist eine Politik, die wir wirklich zutiefst
ablehnen! (Beifall bei der FPÖ. - Abg Godwin Schuster: Wenn er nicht will,
was ist dann?)
Wenn ich lesen muss und höre, dass die Gewerkschaft
nach dem Ministerrat - wir alle wissen noch nicht, was nach dem Ministerrat
nächste Woche, am 29. April, passieren soll - den Bahnverkehr lahm legen
will, dann denke ich mir: Um Gottes willen, wie können Sie es verantworten,
dass Millionen von Konsumenten in diesem Land zu Schaden kommen, weil der
Güterverkehr nicht mehr funktioniert, wenn Hunderttausende von Unternehmungen
ins Trudeln kommen, weil sie nicht mehr mit den erforderlichen Gütern beliefert
werden, und wenn damit letztlich erst recht Arbeitsplätze riskiert werden? Wie
können Sie eine derartige Politik verantworten und tatsächlich im Ernst daran
denken, nur wegen eines Reformvorschlages bereits nächste Woche den Bahnverkehr
auf Österreichs Bahngleisen lahm zu legen? - Eine Politik, Herr Driemer, die
wir massiv ablehnen und kritisieren! (Beifall bei der FPÖ und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Wie können Sie ernsthaft davon reden, dass nach dem
1. Mai die Streikwelle auch auf die Städte überschwappen soll? Wie können
Sie ernsthaft davon reden, dass nach dem 1. Mai die Gewerkschaft der
Gemeindebediensteten aktiv werden wird und dafür sorgen wird, dass in Wien die
Müllabfuhr nicht mehr funktioniert (Abg Rudolf Hundstorfer: Sie irren sich!),
Kindergärten geschlossen bleiben und Musikschulen und Verkehrsbetriebe
geschlossen bleiben? (Abg Rudolf Hundstorfer: In Gesamt-Österreich, nicht
nur in Wien!)
Lieber Herr Kollege! Ich muss Ihnen sagen, das ist
wirklich eine Politik, die wir auf das Schärfste ablehnen. Das darf doch nicht
wahr sein, dass Sie mit derartigen brachialen Mitteln die Diskussion über ein
wichtiges Thema letztlich verweigern! (Beifall bei der FPÖ. - Abg Franz
Ekkamp: Wenn es eine Diskussion geben würde! - Abg Godwin Schuster: ... der
Bundeskanzler nicht über das Thema diskutieren will!)
Der Gipfel des Ganzen ist die Androhung der Gewerkschaft,
dass ein maximaler "Impact" - das Wort wurde seitens der Gewerkschaft
geprägt - dadurch herbeigeführt werden kann (Abg Godwin Schuster: Welche
Konsequenz zieht die FPÖ daraus, dass der Bundeskanzler nicht diskutieren
will?), dass es punktuelle Aktionen bei Energieversorgern gibt. Wenn ich
mir vorstelle, dass nächste Woche in Wien die Lichter ausgehen wie in
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