Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 83
mit VertreterInnen aller Parteien, der Sozialpartner und
sonstigen wichtigen Interessensvertretungen, in dem Vorschläge für ein
harmonisiertes Pensionssystem eingebracht und ein größtmöglicher Konsens
erzielt werden soll.
Sozialpartner, fällt mir ein – der Herr Leitl und der
Herr Verzetnitsch. Der Herr Leitl hat gesagt, die Sozialpartner werden bis
Herbst einen gemeinsamen Entwurf vorlegen. Ja was ist das? Ist der Herr Leitl ein
Niemand in der ÖVP? Also was brauchen Sie noch für Argumente? (Abg Johann
Römer: Das sag’ ich dir gleich!) Wir sind nicht per du, Herr Kollege.
Ein sozial verträgliches Pensionssystem, das sich
nach folgenden Grundsätzen richtet: Keine Geldbeschaffung und Budgetsanierung
des Bundes durch Pensionskürzungen, Absicherung des derzeitigen Bundesanteils
als Grundpfeiler der gesetzlichen Pensionsversicherung und damit einer
solidarischen Pensionsabsicherung. Noch einmal der Kernpunkt: Um die Pensionen
2010 und folgende abzusichern, ist es absurd, zur kurzfristigen Budgetsanierung
diese sogenannte Reform jetzt herbeizuführen.
Nächster Punkt: Vermeidung von Altersarmut. Meine
Damen und Herren! Wir haben derzeit Hunderttausende Frauen ohne eigenen
Pensionsanspruch! Die Einkommens- und Vermögensunterschiede sind besonders im
Alters riesengroß. Also hier geht es darum, der Altersarmut - sie wurde heute
von der Frau Korosec auch richtig angesprochen - gegenzusteuern und nicht einen
Entwurf vorzulegen, der das noch verschärft, indem er insbesondere bei Frauen
derartige Kürzungen vorsieht.
Und dann ein ganz ein wichtiger Punkt, auf den schon
der Kollege Öhlinger bei den Verhandlungen mit der ÖVP im Zuge der
Regierungsbildung aufmerksam gemacht hat und der jetzt auch wieder sichtbar
wird: Es kann doch nicht gehen, dass man, indem man radikal und kurzfristig
sagt „Keine Frühpensionen“, Menschen direkt in die Arbeitslosigkeit schickt!
Hier geht es um flankierende Maßnahmen, um massive flankierende Maßnahmen für
die über 50jährigen, über 55jährigen am Arbeitsmarkt. Da gibt es Ideen. Das ist
auch nicht einfach, aber hier kann man etwas tun und hier muss man etwas tun!
Noch einmal: Zu glauben, es ist bitte bis Dienstag Zeit, in drei Tagen kann man
sich da etwas Nachhaltiges einfallen lassen - also wie unseriös agiert diese
Bundesregierung? Ich glaube, dass das eines der wirklich unterschätzten Punkte,
eines der großen Themen ist.
Und weil
ich im Prinzip durchaus Einiges, was die Frau Korosec heute in der Früh gesagt
hat, teilen will, nicht was Ihre Verteidigung der Bundespolitik betrifft, aber
dass es um ein Umdenken einer älter werdenden Gesellschaft geht, wo es in der
Tat nicht sinnvoll ist, auch gegen ihren Willen 52jährige, 54jährige, 56jährige
in die Pension zu schicken: Dass es darum geht, einen funktionierenderen
Arbeitsmarkt zu schaffen für, was heißt ältere Leute, beim heutigen
Lebensalter, das bei 80 und darüber hinaus liegt, ist eine 52jährige nicht alt,
sondern ist mitten drinnen was Gesundheit betrifft und auch was Erfahrung
betrifft. Hier müssen wir uns überlegen, wie wir diese Menschen im
Arbeitsprozess halten und Qualifikationsmaßnahmen setzen können. Was kann hier
passieren? Das ist ein ganz ein wichtiger Punkt.
Ein letzter Punkt unseres Antrags: Progressive
Pensionssicherungsbeiträge für alle, womit gemeint ist, dass es in der Tat
darum geht, eine gerechte Form des Beitrags zu finden, die sich einfach danach
richtet, je mehr jemand Pension oder Einkommen hat, in desto größerem Ausmaß
soll er dazu beitragen, die Pensionen absichern zu helfen.
Ich werde Ihnen jetzt zum Abschluss sagen, was
momentan passiert und was Sie mit dieser Diskussion anrichten: Sie stellen
damit den Generationenvertrag radikal in Frage. Viele 25jährige, 30jährige,
35jährige sagen: Ich kann mir à la longue ohnehin nichts mehr erwarten, wenn so
Politik gemacht wird, wie sie jetzt von der Regierung gemacht wird. Warum
sollen wir überhaupt noch einzahlen? Das grundsätzliche Solidaritätsprinzip, dass
die Arbeitsfähigen, die in Arbeit befindlichen in die Pensionsversicherungen
einzahlen, damit die derzeitigen Pensionen gesichert werden, ist eine
unglaubliche Stärke unseres Systems. Wenn sich die Jüngeren verabschieden und
sagen: Bitte ich zahl’ nicht mehr ein, ich versichere mich überhaupt nur mehr
privat, ich pfeiff’ auf den ganzen Sozialstaat - dann rütteln wir am Fundament
dessen, was soziale Gerechtigkeit in Österreich ist! Und das ist eine der
Auswirkungen dieses Überfalls.
Darum wünsche ich mir und erhoffe eine breite
Mehrheit für diese beiden Anträge – Gang zum Verfassungsgerichtshof, falls der
Entwurf so kommt, aber vorweg massiven Druck auf die Bundesregierung, das
zurückzunehmen. Ich erhoffe mir Unterstützung und glaube, dass das ein Thema ist,
ein so ein wichtiges Zukunftsthema, das uns hier auch noch weiter beschäftigen
wird. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und bei den Abgen Dipl Ing Omar
Al-Rawi und Dr Kurt Stürzenbecher.)
Präsidentin Prof Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist der Herr Präsident Römer. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Johann Römer (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Der Vorredner hat bereits die aktuelle
Pensionsdebatte angefangen und ich gehe davon aus, dass es nachfolgende Redner
ebenfalls tun werden. Daher vielleicht auch von mir erst einmal ein Blick
zurück.
Das Pensionsrecht unterliegt ja einer permanenten
Änderung, permanent werden Novellen verabschiedet, permanent wird mit anderen
Gesetzen in die Gesetzesmaterie eingegriffen und trotzdem ist immer wieder
Handlungsbedarf gegeben. Das ist vollkommen logisch, denn das ist ja keine
statische Sache, da geht es ja um viele Faktoren, die hier Einfluss nehmen.
Der erste große Punkt war an und für sich, als damals Rürup
gebeten oder beauftragt wurde, das österreichische Pensionssystem zu
durchforsten und Vorschläge zu unterbreiten. Wir können uns noch erinnern, dass
es
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