Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 83
ist das sogar zwingend vorgeschrieben.
8. Punkt: Dieser Entwurf widerspricht aber auch dem
Art 3 des Staatsgrundgesetzes, wonach ein öffentliches Amt nur von
Staatsbürgern ausgeübt werden darf. Da haben Sie versucht, gerade noch die
Kurve zu kratzen, indem Sie jetzt normieren, dass nicht von Angehörigen von
Drittstaaten ausgeübt werden kann das Amt des Bezirksvorstehers, des
Bezirksvorsteher-Stellvertreters, eines Mitgliedes des Bauausschusses und eines
Mitgliedes der Kleingartenkommission. Das sind Bereiche, in denen in einer
Bezirksvertretung hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden und Angehörige von
Drittstaaten dürfen dort nicht hineingewählt werden. Die Verfassungswidrigkeit
geht aber tatsächlich mit Sicherheit weit über diese genannten Funktionen
hinaus.
Und Sie schaffen damit, als 9. Argument, zwei
Klassen von Wahlwerbern. Nämlich jene, die unbeschränkt alle Funktionen
besetzen können und jene, die das nicht können, mit all dem Sprengstoff, der
auch in dieser Problematik liegt.
Und schließlich 10.: Allein von diesen Argumenten mit
den offenkundigen Verfassungswidrigkeiten, die ich in den neun Punkten aufgezählt
habe, erscheint auch die fünfjährige Hauptwohnsitz-Meldung als alleinige
Voraussetzung vor dem Hintergrund der Zuordnung maßgebender Rechte bei weitem
als zu gering. Dies umso mehr, als lediglich aus verwaltungsökonomischen
Gründen von einem rechtsgültigen Aufenthaltstitel abgesehen wird. Offenbar ist
noch nicht bekannt, dass es natürlich im Fremdenrecht Versagungsgründe gibt,
die zu einem Verlust des Aufenthaltstitels führen können. Da nehmen Sie aber
einfach in Kauf, dass dann trotzdem gewählt werden kann, obwohl gar kein
Aufenthaltstitel mehr vorhanden ist.
Wir werden unsere Bedenken gegen dieses Gesetz
weiterhin in der Öffentlichkeit artikulieren, wir werden diese weiter in die
Öffentlichkeit bringen, wir werden die Öffentlichkeit informieren,
thematisieren und diskutieren, weil wir glauben, dass es hier um eine
Fehlentwicklung in einer sehr wichtigen demokratiepolitischen und
verfassungsrechtlichen Frage geht.
Und wir werden uns bemühen, eine Anfechtung dieses
Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof auch durchzubringen. Das ist, betone ich
noch einmal, das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht.
Wir werden jedenfalls weiterhin gegen die Aushöhlung
der Staatsbürgerschaftsrechte mit den uns zur Verfügung stehenden
demokratischen Mitteln Stellung nehmen und wir glauben, dass wir rechtlich,
juristisch, diese Bestimmungen, die Sie heute im Beharrungsbeschluss nochmals
beschließen werden, tatsächlich aus verfassungsrechtlichen Gründen zu Fall
bringen werden können. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich hätte mir ja gewünscht, dass etwas von dem Geist,
der bei der vorigen Debatte über die Europadeklaration durchaus bei allen
Fraktionen, zumindest bis zu einem gewissen Grad, vorhanden war, jetzt in eine
konkrete Debatte herüber gerettet wird. Leider muss ich feststellen, dass davon
bei ÖVP und FPÖ überhaupt nicht die Rede ist. Es ist leider so, dass man zwar
im Allgemeinen sehr leicht europäisch diskutieren und reden kann, aber dann,
wenn es darum geht, ein Gesetzeswerk umzusetzen, das wirklich dem neuen
europäischen Geist entspricht, dann sind ÖVP und FPÖ natürlich wieder dagegen,
und das lehnen wir aufs Schärfste ab. (Beifall bei der SPÖ.)
Insgesamt ist es ja so - wie auch Frau StRin
Vassilakou gesagt hat – dass wir heute ein gewisses Déjà-vu-Erlebnis haben. Die
Debatte gab es ja am 13. Dezember schon, dann hat sich die Bundesregierung
darin gefallen, einen Einspruch gegen unseren Beschluss wegen angeblicher
Gefährdung von Bundesinteressen zu fassen.
Es ist so, dass der Geist, der aus diesem Beschluss
der Bundesregierung spricht, nach meiner Auffassung kleinkariert ist. Der
Geist, der daraus spricht, ist nach meiner Auffassung uneuropäisch, weil er
gegen den weltoffenen Geist ist, der uns in der Europäischen Union beflügeln
soll. Der Geist dieses Beschlusses der Bundesregierung ist destruktiv, er
drückt die Angst vor mehr Demokratie, vor mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen
und Bürger aus und er drückt eine irrationale Angst vor dem vermeintlich
Fremden aus, statt dass man Vielfalt als Bereicherung für die Gesellschaft und
für unser Gemeinwesen betrachten würde, wie wir es machen, die wir den
Landtagsbeschluss vom 13. Dezember 2002 natürlich unterstützen und
heute bekräftigen. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Einspruch der Bundesregierung ist sachlich nicht
gerechtfertigt, vielmehr ist der Beharrungsbeschluss, von dem ich vermute, dass
er mit klarer Mehrheit beschlossen werden wird, in hohem Maße sachlich
gerechtfertigt. Die Stadt Wien, die Mehrheit des Wiener Landtages, beharrt
darauf, dass es in unserer Stadt auf verfassungskonforme Art und Weise mehr
Demokratie geben soll. Es sollen Menschen, die in unserer Stadt seit Jahren
ihren Lebensmittelpunkt haben, hier ihre Steuern zahlen, hier ihren Beitrag zu
unserem gemeinsamen Wohlstand leisten, deren Kinder hier zu Bürgerinnen und
Bürgern unserer Stadt heranwachsen, wenigstens auf Bezirksebene ein gewisses
Maß an Mitbestimmung haben. Darauf beharren wir mit Überzeugung und mit Stolz. (Beifall
bei der SPÖ.)
Und es soll wirklich irgendjemand einmal hergehen und
mit sachlichen Argumenten erklären, warum Bundesinteressen gefährdet sein
sollen, wenn Nicht-EU-BürgerInnen, die seit Jahren hier leben, mitentscheiden,
was in ihrem unmittelbaren Lebensbereich, auf Bezirksebene, geschieht.
Beispielsweise, was sind die Kompetenzen der Bezirke: Wenn
man festlegt, wo soll ein Seniorenwohnheim situiert werden, wenn man die
Planung und Herstellung und Instandhaltung eines Kinderspielplatzes, oder eines
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