Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 83
Weichenstellungen, wie eben GATS,
vorgenommen werden, und dann sind EU-Konvent und Europäische Union eigentlich
ein Nebenschauplatz.
Denn wenn
es so weit ist, dass die öffentliche Hand, dass ein Staat, dass Regionen, dass
Kommunen nicht mehr Auflagen – sagen wir im sozialpolitischen Bereich, im
beschäftigungspolitischen Bereich, im umweltpolitischen Bereich – für
Unternehmen, für private Unternehmen zum Beispiel, erteilen dürfen, dann hat
sich die ganze Politik ad absurdum geführt, und ich glaube, dass diese Gefahr
real immer noch sehr, sehr unterschätzt wird und dass darüber öffentlich leider
sehr, sehr wenig diskutiert wird.
Die Grünen haben versucht, dieses Thema in
der Öffentlichkeit gemeinsam auch mit den Globalisierungskritikerinnen und
-kritikern zu forcieren. Es ist leider immer noch viel zu wenig bekannt, was
die realen Folgen von GATS und den weitergehenden europäischen
Wettbewerbsregeln wären. Wir würden uns daher auch wünschen, dass die Stadt
Wien hier noch mehr tut, um die Bevölkerung darüber zu informieren.
Allerletzter Punkt – der Herr Bürgermeister hat es
schon angesprochen, und es hat auch sehr prominenten Raum in der Deklaration –
sind die Handlungsspielräume der Städte, sind die Handlungsspielräume von Wien
und die Aufwertung der Städte im erweiterten Europa. In Städten leben zwar
80 Prozent der Menschen, und die meisten sozialen Probleme,
verkehrspolitischen Probleme, Integrationsprobleme manifestieren sich in den
Städten. Städte haben aber an sich als Gremium keinerlei oder wenig
Mitwirkungsrechte im Rahmen des Institutionengefüges der Europäischen Union.
Daher unterstützen wir alle Bemühungen des Bürgermeisters – wie wir es zum
Beispiel in der Frage des öffentlichen Personennahverkehrs getan haben –,
Städtekooperationen, Städtenetzwerke zu bilden, um hier gemeinsame
Städtepositionen zu vertreten.
Wir würden uns nur wünschen, dass auch im Landtag, im
Gemeinderat, auch in der Europakommission lebendigere, vor allem häufigere
Debatten zu diesen Themen stattfinden würden, denn wir haben ein bisschen den
Eindruck, dass die Stadtaußenpolitik des Bürgermeisters – die wir, und das
möchte ich noch einmal betonen, in den meisten inhaltlichen Fragen durchaus
unterstützen – ein bisschen hinter verschlossenen Türen gemacht wird und dass
zum Beispiel zu den stadtaußenpolitischen Leitlinien, die verabschiedet werden,
eigentlich keinerlei Debatte im Landtag oder im Gemeinderat stattfindet, dass
diese Leitlinien zum Beispiel nur von der Landesregierung verabschiedet, aber
nicht im Landtag diskutiert werden.
Wir würden uns auch wünschen – wir haben das schon einmal
angeregt –, dass wir, ähnlich wie es auf nationaler Ebene im Rahmen des
Mitbestimmungsrechtes des Hauptausschusses des Nationalrates geschieht, Sie,
Herr Bürgermeister, und gegebenenfalls natürlich auch die anderen Stadträte und
Stadträtinnen an europapolitische Positionen binden können, zum Beispiel bevor
Sie entsprechende Positionen im Ausschuss der Regionen oder in den
Städtenetzwerken vertreten. Sie wissen, wir haben eine ähnliche Regelung auf
nationaler Ebene, wir haben ähnliche Regelungen und Möglichkeiten auch in
anderen Landtagen, es wäre schön, wenn wir das in Wien auch vorsehen könnten.
Die Grünen werden in Kürze eine
Initiative dazu starten, weil auch das der sogenannten ...
Landtagspräsident Johann Römer (unterbrechend): Frau Dr Vana, Sie
haben noch eine Minute, bitte.
GRin Dr Monika Vana
(fortsetzend):
... Demokratisierung, der Sie, natürlich auch von uns unterstützt, das
Wort reden und die Sie forcieren, sicher gut tun würde und generell zu einer
Belebung der europapolitischen Debatte führen würde.
Ich komme daher zum Schluss. Wir unterstützen die
einstimmige Deklaration vorbehaltlos. Ich habe deshalb, trotz der fundamentalen
Unterschiede, die es in europapolitischen Positionen gibt, heute auch auf
billige Polemiken verzichtet. Wir unterstützen das klare Bekenntnis zu einer
aktiven Stadtaußenpolitik und hoffen, dass den schönen deklaratorischen Worten
auch Taten folgen werden – nicht nur in Wien, sondern auch von der
Bundesregierung. Ich hoffe, dass Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ,
die Sie hier diese wunderschöne Deklaration auch unterzeichnen, das auch an die
eigenen Mitglieder in der Bundesregierung weitertragen. – Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Landtagspräsident Johann Römer: Als
nächster Redner ist Herr Abg Prochaska gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Johannes Prochaska (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen
und Herren des Wiener Landtages!
Nach diesem zeitweiligen Ausflug ins Reich der
Phantasie darf ich Sie aufrufen: Zurück zur Zukunft!, denn es erübrigt sich im
Allgemeinen, die Wunschvorstellungen der Frau Dr Vana über eine Pariarolle
Österreichs in Europa im Einzelnen zu widerlegen. So erfolgreich waren Ihre
Sanktionsdenunziationen denn doch wieder nicht, dass sie uns in diese Rolle
gebracht hätten.
Ganz im Gegenteil. Österreich hat in den letzten
Wochen beim Sammeln der Kleinen gegen die Hybris der Großen beachtliche Erfolge
erzielen können und auch in den Reisen in die Nahostländer vor Ausbruch des
bedauernswerten Irak-Krieges hat Österreich durchaus nicht die Rolle des
Statisten, sondern die Rolle des Tragenden dort innegehabt. (Beifall bei der
ÖVP.)
Aber das ist nicht Gegenstand der heutigen Debatte. Reden wir wieder einmal über Europa,
meine Damen und Herren. In Abständen von durchschnittlich drei Jahren, einmal
kürzer, befasst sich der Landtag, manchmal auch der Gemeinderat, mit diesem
wichtigsten Zukunftsprojekt. Nicht dass ich glaube – seien wir ehrlich –, dass
die Staatskanzleien von London bis Rom jetzt in nervenzerreißender Spannung auf
unsere Enunziationen warten werden, aber es ist gut, weil wir uns selbst
zwingen, über Europa nachzudenken und Europa auch zu definieren, denn nur im
Gespräch befassen wir uns wirklich mit dem Begriff Europa, mit dem Umfang und
mit dem Inhalt,
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