Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 83
hat darüber hinaus im Sinne einer öffentlichen Debatte am
8. Oktober 2002 eine Enquete mit österreichischen Vertretern im Konvent
durchgeführt. Weitere Veranstaltungen werden folgen.
Wir - und da meine ich die Vertreter der Wiener
Landesregierung - als politisch Verantwortliche werden uns, so wie wir das
schon bisher getan haben, weiterhin mit unseren Partnern und Freunden in den
anderen Mitgliedstaaten insbesondere für folgende Anliegen einsetzen: die
Schaffung - und dies ist aufgrund meiner bisherigen Ausführungen wohl nicht
verwunderlich - einer Sozialunion und damit einhergehend die Absicherung der
Leistungen der Daseinsvorsorge, um den Zugang aller Bürger und Bürgerinnen zu
qualitativ hohen Leistungen auch künftig zu gewährleisten; die Anerkennung des
Prinzips der lokalen Selbstverwaltung und damit die stärkere Einbindung der
Städte und Regionen in die Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union mit
dem Ziel der weiteren Demokratisierung der Union; die Anerkennung und Förderung
der Städte als die Motoren der Wirtschaftsentwicklung, gerade im Hinblick auf
die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Wien und der Sicherung des europäischen
Gesellschaftsmodells; die Rechtsverbindlichkeit der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union; die Sicherstellung des Respekts vor der nationalen
Identität und damit auch vor den regionalen und lokalen Identitäten - und damit
die Anerkennung der Vielfalt der Kulturen Europas; und schließlich eine Rechtsvereinfachung
der bestehenden Verträge und damit einhergehend eine nachvollziehbare
Kompetenzordnung, damit ersichtlich ist, wer wofür politisch verantwortlich
ist.
Präsident Johann Hatzl (unterbrechend):
Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen!
Lhptm Dr Michael Häupl (fortsetzend):
Meine Damen und Herren! Ich freue mich daher besonders, dass es nach intensiven
Beratungen in der Europakommission gelungen ist, erstmals eine gemeinsam von
allen Fraktionen getragene Europadeklaration auszuarbeiten. Ich brauche daher
nicht näher auf die Inhalte dieser Europadeklaration des Wiener Landtags
einzugehen. Ich möchte an dieser Stelle den Damen und Herren Abgeordneten aller
Fraktionen, die daran mitgewirkt haben, dass diese Europadeklaration gemeinsam
zustande gekommen ist, insbesondere dem Vorsitzenden der Europakommission, Abg
Mag Andreas Schieder, danken und deutlich hervorheben, dass dieser gemeinsame
Konsens und die, wie ich hoffe, einstimmige Verabschiedung durch den Wiener
Landtag ein deutliches Signal nicht nur gegenüber der Wiener Bevölkerung ist,
sondern auch vor allem ein deutliches Signal an unsere Partner und Freunde in
den anderen Mitgliedsländern, dass Wien und die politisch Verantwortlichen in
dieser Stadt bereit und willens sind, auch weiterhin, wie bisher, aktiv und
engagiert am europäischen Einigungswerk im Rahmen unserer Möglichkeiten
mitzuwirken. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP, bei
Abgeordneten der GRÜNEN sowie des Abg Mag Hilmar Kabas.)
Präsident Johann Hatzl: Ich danke dem Herrn
Landeshauptmann für den Bericht.
Wie Sie wissen, bestimmt die Geschäftsordnung, dass
bei der nun folgenden Besprechung kein Redner öfter als zweimal und mehr als
insgesamt 20 Minuten sprechen darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung
sind der Landeshauptmann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung;
deren Redezeit ist pro Wortmeldung mit 20 Minuten beschränkt.
Wir kommen nun zur Besprechung der Mitteilung. Als
erster Rednerin erteilte ich Frau Abg Dr Vana das Wort.
Abg Dr Monika Vana (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Die GRÜNEN freuen sich, dass wir heute nach
monatelanger Vorlaufzeit eine Europadeklaration verabschieden können. Wir
freuen uns auch über die Einstimmigkeit in dieser Frage. Diese Einstimmigkeit
in europapolitischen Fragen ist ja keine selbstverständliche. Die
Einstimmigkeit soll auch nicht über die grundsätzlichen Unterschiede in unseren
europapolitischen Positionen hinwegtäuschen, zum Beispiel in der Frage der Erweiterungsvorbereitung,
in der Frage der Zuwanderung von Arbeitskräften, aber auch in wirtschaftlichen
Fragen, in Fragen der Liberalisierungstendenzen in Europa. Aber diese
Deklaration ist sicher ein Beispiel für eine sehr gelungene interfraktionelle
Zusammenarbeit, die von Konsens getragen ist. Wir sehen zwar, dass sie der
kleinste gemeinsame Nenner ist, der hier möglich war, sie ist aber trotzdem
eine Deklaration mit Substanz: mit Substanz, weil sie Wien im europäischen
Einigungsprozess nicht nur geographisch, sondern auch politisch in ein Zentrum
rückt beziehungsweise rücken will, weil sie ein Bekenntnis zu einer aktiven
Stadtaußenpolitik ist und weil wichtige Punkte, auch solche, die die GRÜNEN
eingebracht haben, darin vorkommen. - Ich glaube, ich muss ein bisschen leiser
reden, denn das Mikrophon ist sehr schlecht. Es hallt sehr wider - jedenfalls
höre ich das so. Ist das nicht unangenehm für Sie? - Okay.
Ich möchte auch wegen dieser Einstimmigkeit heute das
Gemeinsame über das Trennende stellen und die Punkte, die uns GRÜNEN
europapolitisch wichtig sind und die sich auch in unserer Deklaration wieder
finden, kurz ansprechen.
Wir verabschieden diese Deklaration zu einem aktuellen
Zeitpunkt. Sie haben sicher die Medienberichte seit gestern verfolgt: Es tagt
heute und morgen der EU-Konvent, der ja auch für Wien - das hat der Herr
Bürgermeister schon angesprochen - essentielle Bedeutung hat, weil er die Rolle
der Städte essentiell aufwerten will, aber auch, weil er sich sehr für eine
europäische Demokratie und eine europäische Sozialunion einsetzt. Dieser
Konvent tagt aber unter sehr turbulenten Vorzeichen, denn der Konventspräsident
Giscard d' Estaing hat gestern Vorschläge präsentiert, die die großen Staaten
eindeutig bevorzugen, die einen Rückfall in das 19. Jahrhundert bringen
würden, die das Europäische Parlament, auch die Europäische Kommission, von der
eigentlich wesentliche europapolitische Impulse ausgehen, wesentlich
entmachten, und er will einen
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