Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 83
Pflegeheime geht. Wir sind eine Insel der Seligen, aber
nicht von Gott gegeben - wie es vielleicht irgendwann einmal in einer
ÖVP-Staatsverfassung stehen wird -, sondern durch die harte tägliche Arbeit der
Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen in Wien! (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist in Wirklichkeit verantwortungsvolle
Altenpolitik und gleichzeitig Jugendpolitik, weil damit auch die jungen
Angehörigen nicht in weitere Schulden gestürzt werden und ihnen nicht die
Lebensgrundlage genommen wird, wenn es zu dem Unglück kommt, dass man nicht nur
Gott sei Dank alt wird, sondern leider - und das können hier sicherlich viele
auch aus persönlichem Erleben bestätigen - oft krank alt wird.
Lassen Sie mich das auch sozusagen als einzige junge
Rednerin des heutigen Tages zu dem Thema sagen: Eigentlich habe ich vor, vor
allem in die Zukunft zu schauen, weil wir in Wirklichkeit hier und jetzt die
Politik machen für die Zeit, zu der die über 50-Jährigen, die jetzt hier im
Saal sind, alt sein werden. Letztendlich werden irgendwann auch wir, die wir
unter 50 sind, alt sein. Hier sehen Sie auch in Form der Rednerlisten, wie
ernst die SPÖ das Altsein nimmt, nämlich dass sich auch die Jungen in unserer
Partei mit allen Sachfragen beschäftigen, daher auch mit dem Altsein in Wien.
Das ist gut so, das werden wir auch weiterhin machen, und damit ist der
Fortbestand entsprechend gesichert. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl (unterbrechend):
Sie haben noch eine Minute
Abg Martina Malyar (fortsetzend):
Es gibt genügend Maßnahmen, die zeigen, was wir in Wien zum Thema Altsein in
Wien eingeleitet haben. Es ist jeder alte Wiener und jede alte Wienerin gut
aufgehoben, entweder zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen. (Abg Kurth-Bodo
Blind: Nein, das stimmt nicht!) Man kann sich auch zum Großteil die
Betreuung wirklich selbst wählen. Was mich angeht, kann ich sagen: Wenn es mich
einmal treffen sollte - und ich kann das auch schon als selbst pflegende
Angehörige sagen -, dann bin ich froh, dass wir in Wien wohnen und die
Einrichtungen zur Verfügung haben. Ich kann das aus eigenen Erfahrungen
bestätigen. Wenn Sie die Politik beiseite lassen und nur den Verstand sprechen
lassen, so werden Sie das aus eigenen Erfahrungen zu hundert Prozent
bestätigten können. (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenruf des Abg Gerhard
Pfeiffer.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gelangt Frau Abgeordnete Dr Pilz.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im
Rathaus): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren!
Frau Abgeordnete Korosec hat eingangs davon
gesprochen, dass Altsein ein aufregendes Abenteuer ist. Ich hoffe, sie hat
Recht, weil wir ja alle alt werden. Aber manchmal ist Altwerden vielleicht ein
erbärmliches Abenteuer, dort, wo die Versorgung, von der Frau Kollegin Malyar
gesprochen hat, so ist, dass gut aufgehoben zu sein in Wien eben nicht gut
aufgehoben zu sein bedeutet. Diese Fälle kommen in Wien vor. Ich möchte jetzt
bei der Menschenwürde auf ein sehr konkretes und sehr erbärmliches Beispiel
dafür, nicht gut aufgehoben zu sein, zu sprechen kommen.
Würde hat etwas damit zu tun, dass man auch die Dinge
zur Verfügung hat, die man braucht, um sich würdig zu fühlen. Manche Menschen
leiden, wenn sie hochbetagt sind - und manchmal auch schon Jüngere -, an
Inkontinenz, und sie leiden daran, dass sie wegen dieser Situation sozial immer
wieder ausgegrenzt werden. Damit sie sich nicht sozial ausgegrenzt fühlen müssen,
brauchen sie eine gute Inkontinenz-Betreuung, sie brauchen gute Produkte, die
ihre Situation auch menschenwürdig macht. Diese Inkontinenz-Produkte - bei
Kindern würde man es Windeln nennen, bei alten Menschen wollen wir davon
absehen, es so zu nennen, aber Sie sollen wissen, wovon ich spreche - sind
Einlagen, die gebraucht werden, wenn Menschen aus verschiedenen
gesundheitlichen Gründen nicht imstande sind, Stuhl und Harn zu kontrollieren.
Vielleicht ist unter Ihnen, ist unter uns jemand, vielleicht sind es mehrere,
die das eines Tages betrifft.
Frau Korosec hat schon gemeint, für Politiker und
Politikerinnen ist es vielleicht auch peinlich und unangenehm, aber da ist es
keine Kostenfrage. Ich rede jetzt davon, dass es Menschen gibt, für die diese
Basisversorgung mittlerweile schon eine Verhandlungsfrage geworden ist. Ich bin
informiert aus den Organisationen, die die Betreuung zu Hause durchführen, von
den Pflege- und HeimhelferInnen, worunter sie leiden, nämlich unter dem
Umstand, dass die Wiener Gebietskrankenkasse seit vergangenem Dezember eine
sehr, sehr unwürdige Kontingentierung und Beschränkung dieser
Inkontinenz-Produkte verordnet hat.
Das heißt jetzt konkret für jemanden, der Stuhl- und
Harnprobleme hat, dass er sage und schreibe drei Einlagen oder Windeln am Tag
bekommt. Stellen Sie sich vor, eine Frau oder ein Mann möchte auf die Straße
gehen und weiß, sie oder er hat eigentlich keine zweite Einlage, weil er sie
sich schließlich nicht leisten kann. Die Wiener Gebietskrankenkasse hat nämlich
ihre Verordnung beschränkt, und es gibt hier einen lapidaren Zettel, der den
Bedürftigen zukommt und auf dem steht: "Sie haben Ihre Ware bis zum
1. 5. 03 bereits erhalten. An eine weitere Zuteilung kann erst nach
diesem Zeitpunkt gedacht werden."
Inzwischen sind die Inkontinenz-Produkte ausgegangen,
und die Person hat zwei Möglichkeiten: Sie zahlt selbst - ein solcher Karton
mit 80 Stück kostet immerhin 65 EUR -, und das kann nicht jeder tun.
Schlimm genug, dass Würde im Alter heißt, dass Menschen darüber verhandeln
müssen, ob sie diese Dinge bekommen oder ob sie rationiert werden, und dass auf
dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten gespart wird. (Abg Martina Malyar:
Das ist aber die Krankenkasse!)
Sie fragen jetzt: Was hat das mit dem Wiener Gemeinderat zu
tun? - Ich sage es Ihnen: Betroffen sind die PflegehelferInnen und
HeimhelferInnen vor Ort in den Organisationen. Sie wissen, ich bin eine große
Kämpferin gegen die politischen Einbindungen in Vorständen und
Geschäftsführungen dieser Organisationen. Im konkreten Fall könnten Herr
Kollege Hahn, Frau Kollegin
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