«  1  »

 

Landtag, 13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 57

 

des unfassbaren Schreckens.

 

Das Gelöbnis damals 1945 war klar: Niemals vergessen! Und: Niemals wieder! Ich denke, es gilt auch für heute und für die Zukunft.

 

Meine Damen und Herren! Anlässlich dieser Ereignisse, die vor 65 Jahren so tragisch begonnen haben für unser Land und für die Mitbürgerinnen und Mitbürger, glaube ich, gebietet es der Anstand, ganz kurz stehend der Opfer und der Patrioten zu gedenken. (Die Abgeordneten zum Wiener Landtag erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Augenblicke in Schweigen.) – Danke.

 

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Fragestunde.

 

Die 1. Anfrage (FSP/01047/2003/0002-KVP/LM) wurde von Herrn Abg Dr Matthias Tschirf gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal gerichtet: "Werden Sie auf Grund der Verfassungswidrigkeit von den das Ausländerwahlrecht betreffenden Bestimmungen der Wiener Wahlrechtsnovelle 2002 erneut - diesmal unter Beiziehung von Experten - in politische Verhandlungen eintreten?"

 

Ich bitte um die Beantwortung.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Danke schön. – Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

 

Sie unterstellen in Ihrer Fragestellung zwei Dinge, die ich vorweg gleich einmal zurückweisen möchte. Das eine: Sie gehen von der Verfassungswidrigkeit des neu geschaffenen Wahlrechtes aus, und zum Zweiten, Sie formulieren, dass nochmals, diesmal unter Beiziehung von Experten, verhandelt werden soll.

 

Zum einen: Wir haben dieses Wahlrecht, das Demokratiepaket insgesamt sehr lange vorbereitet, sehr lange diskutiert, sehr genau vorbereitet. Sie wissen, es hat einen Unterausschuss und viele Gespräche gegeben. Ich bin also sehr überzeugt von der Verfassungskonformität dieses Gesetzes.

 

Zum Zweiten möchte ich wirklich – und das nicht nur wegen mir, sondern vor allem deswegen, weil ich es, ehrlich gesagt, als eine Brüskierung von verschiedenen Gruppen betrachte – die implizite Unterstellung zurückweisen, dass bei der Vorbereitung dieses Gesetzestextes keine Experten dabei gewesen wären. Ich darf darauf verweisen, dass natürlich, wie in unserem Hause so üblich, die Abteilung, die mit der Vollziehung des zu schaffenden Gesetzes betraut ist, bei allen Verhandlungen anwesend war. Die Abteilungsleiterin der MA 62 ist nicht nur an sich eine exzellente Juristin, sondern kommt noch dazu aus dem Background des Verfassungsdienstes unseres Hauses, ist also, denke ich, wirklich eine exzellente Expertin. Wir haben selbstverständlich auch den Verfassungsdienst unseres Hauses mit einbezogen, und ich empfinde es ein bisschen als Desavouierung dieser so wichtigen Einrichtung, hier zu sagen, bis jetzt waren keine Experten dabei.

 

Zum Dritten haben wir, weil uns bewusst ist, dass Wahlrechtsfragen immer äußerst sensible Fragen sind, extra noch ein externes Gutachten machen lassen. Und wen, wenn nicht den Univ Prof DDr Mayer kann man als Experten in Verfassungsfragen bezeichnen? Das heißt, ich möchte diese zum Teil expliziten, zum Teil impliziten Unterstellungen schon sehr deutlich, auch im Interesse meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aber auch des externen Experten zurückweisen.

 

Darüber hinaus darf ich Sie informieren – wir haben das ja bei anderer Gelegenheit schon mehrmals besprochen –, dass wir selbstverständlich den Einspruch der Bundesregierung einer sehr genauen Prüfung unterziehen werden, auch wenn er auf rechtlich etwas sonderbare Art und Weise zustande gekommen ist, nämlich entgegen dem Artikel 69 B-VG, wonach die Bundesregierung nur beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Das ist hier nicht passiert, sondern es wurde ein sogenannter Zirkular- oder Rundlaufbeschluss gefasst, dessen Korrektheit von verschiedenen Seiten in Frage gestellt wird.

 

Nichtsdestotrotz werden wir uns selbstverständlich genau damit auseinander setzen. Ich werde auch, so wie das letzte Mal, die Klubs einladen und darüber informieren. Ich möchte allerdings jetzt schon festhalten – das liegt ja auf der Hand –, dass in dem Einspruch, der seitens der Bundesregierung vorgelegt wurde, keine neuen Argumente gegenüber den schon im Begutachtungsverfahren und auch in den politischen Verhandlungen vorgebrachten Argumenten dargelegt wurden.

 

Prinzipiell glaube ich, dass natürlich die juristischen Rahmenbedingungen wichtig sind, selbstverständlich, ich bedauere es aber ein bisschen, dass man sich von Ihrer Seite, Herr Doktor, leider sehr auf diese rein rechtlichen Fragen zurückzieht und nicht die inhaltliche Auseinandersetzung führt, denn das, denke ich, ist gerade in so einer wichtigen Frage sehr notwendig.

 

Diese Diskussion ist geführt worden. Sie hat zu einem Ergebnis geführt. Wir haben eine sehr korrekte und sehr genaue Vorgangsweise, wie bei uns Gesetze zu beschließen sind. Wir haben es eingehend diskutiert und deswegen gehe ich davon aus, dass das Gesetz, so wie es vorliegt, auch entsprechend verfassungskonform ist und wir bei der nächsten Wahl auch nach diesen neuen Regeln der Demokratie wählen werden.

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Abg Dr Tschirf.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

 

Vorweg Folgendes:

 

Erstens: Der langjährige Leiter des Verfassungsdienstes der Bundeshauptstadt Wien, Ponzer, hat klar und deutlich in seinem Gutachten gesagt, dass die Einräumung eines Wahlrechtes für Ausländer verfassungswidrig ist.

 

Zweitens: Die Bundesregierung hat gemäß Artikel 98 des Bundes-Verfassungsgesetzes ausschließlich auf Grund verfassungsrechtlicher Bestimmungen vorzugehen und hat ausschließlich die Rechtssituation zu prüfen. Das hat sie getan und daher kam sie zu diesem Einspruch.

 

Das, was wir monieren, ist, dass das stattfindet, was man sich in Parlamenten erwarten kann: dass ein

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular