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Landtag, 13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 57

 

(Beginn um 9.00 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 13. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

Entschuldigt sind Frau Abg Klier, Herr Abg Scheed, Frau Abg Mag Schmalenberg, Herr Abg Dr Serles, Herr Abg Strache und Frau Abg Dr Vana.

 

Meine Damen und Herren! Hohes Haus!

 

Bevor wir zur Fragestunde kommen, gestatten Sie mir aus gegebenem Anlass, ein dunkles Kapitel unserer Geschichte nicht ohne Erörterung bei der heutigen Landtagssitzung vorbeigehen zu lassen.

 

Anfang März vor 65 Jahren hat eine Delegation der verbotenen Arbeiterorganisation an den damaligen Bundeskanzler Dr Schuschnigg die umfassende Unterstützung der Arbeiter im Kampf um die Erhaltung der österreichischen Unabhängigkeit angeboten. Dieses Angebot wurde bei der Konferenz der illegalen Arbeiterorganisationen erneuert, denn es bestand Anfang März kein Zweifel für alle in Österreich vertretenen politischen Parteien, dass Hitler die Absicht hatte, Österreich als selbstständigen Staat zu eliminieren und unser Land Nazi-Deutschland einzuverleiben.

 

Man wollte daher in diesen Tagen von sehr vielen politischen Seiten die bestehenden Tiefen in den politischen Unterschieden in Österreich bewusst überspringen, um Österreich zu retten, hatte doch Dr Schuschnigg einige Tage vorher bei seinem Besuch auf dem Obersalzberg Hitlers Absichten klar verstanden: Die deutschen Faschisten waren hundertprozentig bereit, in Österreich einzumarschieren.

 

Dr Schuschnigg veranlasste auch eine Volksbefragung. Für Sonntag, den 13. März, wurde sie vorbereitet. Bei dieser sollte das österreichische Volk entscheiden, ob es für ein freies Österreich sei oder nicht. Niemand zweifelte daran, auch international nicht, dass zumindest drei Viertel der Österreicher für die Freiheit und Selbstständigkeit stimmen würden.

 

Die Ereignisse aber haben sich dann überstürzt, und es kam anders. Am 11. März gab Bundeskanzler Dr Schuschnigg seinen Rücktritt bekannt und teilte gleichzeitig mit, dass er wisse, dass sein Nachfolger dem einrückenden deutschen Heer keinen Widerstand entgegensetzen werde und das Bundesheer in dieser Form so beauftragt wird. Der bisherige Innenminister Seyss-Inquart wurde zum Bundeskanzler bestellt. Er bildete eine Übergangsregierung, die Volksabstimmung wurde abgesetzt.

 

Am 12. März begann der Einmarsch der deutschen Wehrmacht, der Reichsführer-SS Himmler landet mit seinem Nazischergen Heidrich in Wien und organisiert die ersten Verfolgungen österreichischer Demokraten beziehungsweise Gegner des Anschlusses.

 

Am 13. März wird in Wien und in Berlin gleichzeitig das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem deutschen Reich verkündet. Damit wird Österreich in der Tat als selbstständiger Staat ausgelöscht, und ein mehr als siebenjähriges Martyrium für die Österreicherinnen und Österreicher beginnt.

 

Die ersten grausigen Konsequenzen des März 1938 waren bereits am 1. April deutlich erkennbar. Der erste Transport mit Österreichern in das Konzentrationslager Dachau erfolgte mit sehr, sehr prominenter politischer Besetzung aus den verschiedensten politischen Gruppierungen unseres Landes und der Kirche. Die Gründung des Konzentrationslagers Mauthausen erfolgte am 8. August 1938.

 

Die Bilanz des Naziterrors war unfassbar und unbeschreiblich. 2 700 Österreicher wurden in Gerichtsverfahren zu Tode verurteilt, 17 000 in Konzentrationslagern und 10 000 in Gestapo-Gefängnissen ermordet. 65 000 Juden und 8 000 Roma wurden in den Vernichtungslagern getötet, eine Viertelmillion Österreicher starben als Soldaten der Hitler-Truppen oder in Gefangenschaft. 25 000 wurden Opfer der Bombenangriffe und mindestens ebenso viele im Rahmen der Euthanasie-Programme ermordet. Ein hoher Blutzoll für ein Reich, das nicht das österreichische war.

 

Trotz der Nazimachthaber, denen das Leben von Menschen nichts bedeutete, die für eine Ideologie werkten, die an Scheußlichkeit nicht zu übertreffen war, trotz aller Gewaltanwendungen, trotz Folter, Verfolgung und Hinrichtung gab es aber in der Zeit zwischen 1938 und 1945 viele in unserer Heimat und auch in unserer Heimatstadt, die an Österreich glaubten, von der Freiheit überzeugt waren und aktiv dem Faschismus Widerstand entgegensetzten. Sie waren ein wichtiger Bestandteil, nicht nur in unserer Geschichte, sondern im tatsächlichen Leben, dass wir nach der Befreiung 1945 wieder ein selbstständiger Staat werden konnten.

 

Wir haben daher besonders den Toten, aber auch den überlebenden Österreichern, in unserem Fall den Wienerinnen und Wienern, den Patrioten Österreichs für ihre Tapferkeit, ihre Gesinnung zu danken, für ihre Bereitschaft, ihr Leben zu geben und zu riskieren, damit wir heute in Freiheit und Unabhängigkeit leben können.

 

1945 endete der Zweite Weltkrieg. Die Statistiker bilanzieren ihn grauenvoll. Über 50 Millionen Menschen sind zwischen 1939 und 1945 ums Leben gekommen. Von 110 Millionen Soldaten sind 27 Millionen bei den weltweiten Kämpfen gefallen. 19 Millionen Zivilisten wurden Opfer des sechsjährigen Ringens zwischen dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten auf der einen Seite und den alliierten Mächten auf der anderen Seite. Weitere 6 Millionen Menschen fielen dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. Eine ganze Reihe von Staaten hatten hohe Verluste; führend die Sowjetunion damals, sie hatte mit 20 Millionen Toten die höchsten Menschenverluste. Weitere Millionen verloren im Zuge von Flucht, Vertreibung und Verschleppung ihr Leben. Fast der gesamte europäische Kontinent lag in Trümmern. Mit Ausnahme der Städte in den neutralen Ländern und in Großbritannien sind nahezu alle Großstädte Europas zerstört, auch Wien ist weitgehend davon betroffen.

 

Dazu kommt: Während des alliierten Vormarsches offenbart sich das ganze Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen in den deutschen Konzentrationslagern. Den Soldaten bietet sich ein Bild des Grauens und

 

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