Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 90
Wir halten das daher für keine Vorgangsweise, weil
sie ein klares Machtgefälle darstellt und zeigt, dass hier die Behörde am
längeren Ast sitzt.
Ich habe mich aber zu diesem Tagesordnungspunkt vor
allem deshalb zum Wort gemeldet, weil ich eine sehr grundsätzliche Anmerkung
machen möchte, auf welche Weise wir hier die Gesetzeswerdung in diesem Bereich
beraten.
Wie Sie wissen, ist im Moment in der interfraktionellen
Debatte das Pflegeheimgesetz erstmals besprochen worden. Frau StRin Pittermann
hat zu einem solchen Gespräch eingeladen und uns einen Entwurf vorgelegt, der
schon weitgehend fertig war und die Meinungsbildung weitgehend erfolgt ist. Und
mein Eindruck von dieser Sitzung war, dass das, was wir hier aus dem Experten-
und Expertinnenwissen der Parteien, der anderen nicht regierenden Parteien,
beitragen können, eigentlich nicht mehr wirklich abändernd wirksam werden kann.
Wir glauben, dass wir uns dann auch die unüberbrückbaren Gegensätze, wie die
Frau Landeshauptfrau gemeint hat, ersparen, die es gibt, wenn wir vorher und
rechtzeitig ins Gespräch darüber treten, was inhaltlich Sinn macht, in ein
Gesetz aufzunehmen, und was eben keinen macht.
Beim Pflegeheimgesetz ist das ganz besonders augenfällig.
Denn so wie der Entwurf jetzt vorliegt, ist er eine Festschreibung von
Unzulänglichkeiten, von untragbaren Zuständen, und nicht etwa ein mutiger
Schritt in eine Zukunft, in der es Sinn macht, die Strukturen für die Situation
der hoch Betagten in den Pflegeheimen zu ändern.
Der Vorschlag kommt spät, zu spät für viele Menschen
und er schreibt Missstände fest, die dringend abzuändern sind. Ich habe schon
wiederholte Male davon gesprochen, wie schlimm wir es finden, dass Achtbettzimmer
in den Pflegeheimen bestehen, dass die infrastrukturellen Maßnahmen, die
Einrichtungen, die Kommunikationsräume nicht ausreichen.
Ich will das gar nicht mehr im Detail vertiefen für
Sie, ich will Ihnen nur sagen, dass der jetzige Entwurf, so wie er vorliegt,
ein bequemer Entwurf ist. Insofern bequem, als die Fristen, die überhaupt für
die Änderung der Verhältnisse vorgesehen sind, ohnehin schon einmal mit zehn
Jahren sehr reichlich bemessen sind und zweitens diese Mindeststandards, von
denen hier die Rede ist, uns keinesfalls genügen. Keinesfalls!
Wir glauben im Gegensatz zu Frau StRin Pittermann,
dass Achtbettzimmer nicht der Anregung und Unterhaltung dementer Personen
dienen, sondern höchstens zur Vergrößerung von Stress, zur Reduzierung von Intimsphäre,
auf die jeder Mensch ein Recht hat, und eigentlich nur eine bequeme
Unterbringungsform, die kostengünstig ist, darstellt.
Wir glauben also, dass es Handlungsbedarf gibt. Und
wenn hier von zehnjähriger Übergangsfrist die Rede ist und dann noch dazu
gemeint wird, selbst Häuser, selbst Heime, die den Mindeststandards nicht
genügen - und die sind weiß Gott schlecht genug -, selbst Häuser, die diesen
Mindeststandards nicht genügen, können eine Genehmigung zur Weiterexistenz
haben, wenn sie Leib und Leben nicht gefährden. Da sind wir aber schon sehr
weit herunten in unserer reichen Stadt mit dem, was man hoch betagten,
pflegebedürftigen Menschen zumutet.
Was ist denn Gefahr für Leib und Leben? Wenn die
Decke auf den Kopf fällt? Wenn die Toiletten zusammenbrechen? Wenn es durchs
Dach regnet? Nur das? Wollen wir nicht mehr investieren? Und wenn man dann
schaut, welche Kosten veranschlagt sind in Verbindung mit diesem Gesetz, dann
sind es - da wurde das Gesetz sehr präzise - nämlich in Summe
44 000 EUR im Jahr - und mit diesem erklecklichen Betrag zahlt man
offensichtlich Amtsorgane, die hier die Überprüfung vornehmen, ob das Gesetz
auch seine Richtigkeit hat.
Wir wurden in dieser interfraktionellen Sitzung vertröstet,
dass die wirklich relevanten Dinge, wo es um Änderungen geht, in der Verordnung
festgeschrieben sein werden. Wir kennen die Verordnung nicht, sie wurde uns
nicht vorgelegt, es fehlt uns der Glaube, auch angesichts dieser Haltung der
Frau Stadträtin, was Menschen in Pflegeheimen zuzumuten ist.
Wir meinen, es ist an der Zeit, dass alle, die hier
mitreden wollen und damit meine ich meine Kollegen und Kolleginnen aus den
Oppositionsparteien insgesamt und Experten und Expertinnen aus den
verschiedenen Parteien, wir meinen, dass diese politisch denkenden verantwortlichen
Personen in der Stadt eingebunden werden sollen in die Gesetzeswerdung und
nicht erst zu einem Zeitpunkt, wo die sprichwörtliche Kuh schon aus dem Stall
ist, noch halt der Form halber mit den ohnehin schon fix vereinbarten
Ergebnissen konfrontiert werden, damit man halt abtesten kann, wie hart der
Widerstand sein wird.
Wenn es mit dieser Einbindung ernst wäre und wenn
Frau StRin Pittermann meint, sie sei angewiesen und interessiert an Expertisen
aus den anderen Parteien, dann, Frau Kollegin Klicka, könnte man doch in der
Geriatriekommission dieses Gesetz beraten, diesen Vorschlag, dort sind
gescheite, ambitionierte Leute aus der Praxis, dort sind gescheite und
ambitionierte Leute aus den Parteien und dort könnte man, ohne dass man sich
gleich in fraktionellen Grabenkämpfen verstrickt, ausführlich und lang zu einem
Zeitpunkt debattieren, wo das Gesetz noch nicht sozusagen schon in seiner
letzten Version vorbehandelt wird. (Abg Erika Stubenvoll: Das ist ohnedies
schon geschehen!)
Also, es geht uns um den Prozess. Das hieße, man
würde nicht ein oder zwei Mal darüber reden, sondern man lässt sich ein Jahr
Zeit und schaut, welche inhaltlichen Vorschläge man miteinander umsetzen kann.
Und das würde dann auch bedeuten, dass man Nägel mit
Köpfen macht, dass es am Schluss so aussieht, dass man auch weiß, was es
kostet, hier die Dinge zu verändern. Sie erinnern sich, dass ich gestern davon
gesprochen habe, dass man hohe Beträge, Millionenbeträge an Euro offensichtlich
auch hier laut Kontrollamtsbericht in den sozialen Diensten, im ambulanten
Bereich mit vollen Händen hinauswirft.
Ich greife das Thema nicht noch einmal auf, aber ich
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