Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 90
Staatsbürger. Nun sind Drittstaatenangehörige eben nicht
oder noch nicht Staatsbürger, und daher verletzen Sie mit diesem Schritt dieses
demokratische Prinzip. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wie ist das mit den
EU-Bürgern?)
Sie wissen
ja, dass dann, wenn Sie von den Grundprinzipien der österreichischen Verfassung
abgehen wollen, zwingend eine Volksabstimmung vorgesehen ist. Ich bin
neugierig, ob Sie sich zu diesem Schritt heute auch bekennen werden. So wie Sie
es angekündigt haben, gehen Sie sogar auch über diese Bedenken und über diese
Grundprinzipien der österreichischen Verfassung hinweg, und da frage ich mich,
wie weit Sie in der Wahrung und Wahrnehmung Ihrer Interessen eigentlich noch
Rechtsbeugung vornehmen wollen.
Dieser
Entwurf widerspricht aber auch dem Artikel 3 des Staatsgrundgesetzes,
wonach ein öffentliches Amt nur von Staatsbürgern ausgeübt werden darf. Es
wurde zwar eine Korrektur auf Grund des Mayer-Gutachtens angebracht, indem man
gesagt hat: Damit man nicht zu sehr und zu offensichtlich verfassungswidrig
vorgeht, bilden wir Ausnahmen. Ein Drittstaatenangehöriger kann halt dann nicht
Bezirksvorsteher, Bezirksvorsteher-Stellvertreter, Mitglied des Bauausschusses,
nicht einmal Mitglied der Kleingartenkommission werden, weil die hoheitliche
Aufgaben zu bewältigen haben. Die nehmen wir halt aus. Und alleine an diesem
Beispiel, dass Sie hier so vorgehen mussten, sieht man, wie windschief diese
gesamte Konstruktion ist.
Die
Verfassungswidrigkeit geht aber weit über diese von Ihnen jetzt versuchten
kleinen Korrekturen hinaus. Sie werden natürlich auch - als neunten Punkt -
durch diese Differenzierung zwei Klassen von Wahlwerbern schaffen: jene, die
unbeschränkt alle Funktionen besetzen können, und jene, die das eben nicht
können. Ich möchte da auch das schon genannte Beispiel verwenden. Kandidaten
ethnischer Listen, die etwa Zweitstärkste in einem Bezirk werden, können dann
die genannte Funktion nicht besetzen, etwa Bezirksvorsteher-Stellvertreter
werden, weil Sie ja da wieder eine Ausnahme geschaffen haben. Und da ist es
Ihnen egal, dass Sie selbst mit Ihrem eigenen Entwurf diese Diskrepanz, die ja
nicht zu lösen sein wird, zu geltenden Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung
schaffen.
Zehntens: Es wurde
heute auch schon in der Fragestunde diskutiert, dass eine offenkundige
Verfassungswidrigkeit auch dadurch gegeben ist, dass die fünfjährige
Hauptwohnsitzmeldung als alleinige Vorraussetzung vor dem Hintergrund der
Zuordnung maßgebender Rechte bei weitem als zu gering einzuschätzen ist. Hier
in den Erläuterungen wird nämlich gesagt, dass aus verwaltungsökonomischen
Gründen von einem rechtsgültigen Aufenthaltstitel abgesehen wird.
Was heißt das bitte? - Das heißt, Sie sagen und
nehmen in Kauf, dass auch ein Ausländer, der keinen aufrechten
Aufenthaltstitel, kein aufrechtes Aufenthaltsrecht hat, das Wahlrecht von Ihnen
eingeräumt bekommt. Und das muss doch auch dem glühendsten Verfechter dieser
Regelung auffallen, wie hanebüchen, aber auch wie rechtswidrig diese
Vorgangsweise ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Daher
glauben wir, dass ein derart weitreichender Beschluss nicht ohne die
Wienerinnen und Wiener gefasst werden soll. In Anbetracht der wirklich schwer
wiegenden politischen und auch rechtlichen Bedenken lehnen wir heute diese
Vorlage ab, meinen aber, dass diese Vorlage einer Volksabstimmung unterworfen
werden soll, dass der Souverän, dass die Wienerinnen und Wiener gefragt werden
sollen, ob sie wirklich diesen Weg gehen wollen. Und wenn Sie glauben, dass
sich das sowieso alle Wienerinnen und Wiener wünschen, dann darf ich Sie
einladen, diesem Beschlussantrag zuzustimmen, den ich hiermit vorlege.
"Der
Landtag wolle beschließen, es solle eine Volksabstimmung gemäß § 131c der
Wiener Stadtverfassung über die Beschlussfassung jener Teile des Gesetzes
beschlossen werden, mit denen die Wiener Stadtverfassung und die Wiener
Gemeindewahlordnung geändert werden und die sich mit der Einführung des
Wahlrechts für Drittstaatsangehörige befassen."
Ich darf
diesen Antrag hiermit übergeben.
Das Ausländerwahlrecht wird aus den genannten Gründen
von uns nicht nur abgelehnt, sondern wir werden mit den uns zu Gebote stehenden
einerseits juristischen Mitteln diese Vorlage, die heute beschlossen werden
soll, bekämpfen, und wir werden in der Folge auch alle politischen
Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Bestimmungen zu Fall zu bringen. Denn
unserer Meinung und unserer Überzeugung nach gefährden diese Gesetzesbestimmungen
die Integration und sie sind außerdem verfassungswidrig. (Beifall bei der
FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster ist Herr Abg Oxonitsch zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Christian Oxonitsch
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte
Frau Stadträtin!
Worum geht es? - Wir stimmen heute im Wiener Landtag
ganz einfach über mehr Demokratie in dieser Stadt ab. Wir haben den Wienerinnen
und Wienern vor der Wahl des Jahres 2001 ein Demokratiepaket präsentiert, und
wir gehen jetzt daran, dieses Mehr an Demokratie in Wien umzusetzen. Ich bin
sehr froh, dass heute sehr viele dieser Debatte - auch über Internet - zuhören
und diese Debatte mitverfolgen können, denn sie können durchaus ein bisschen
mitverfolgen, mit welch unterschiedlichen Positionen wir in den vielen
Diskussionen im Unterausschuss gerade auch seitens der Österreichischen
Volkspartei konfrontiert wurden.
Wenn es hier so dargestellt wird, als ob über die Opposition
drübergefahren würde, als ob es keine Gespräche gegeben hätte, so stimmt das
einfach nicht. Es ist ja auch bestätigt worden, dass es eine Vielzahl von
Diskussionen im Unterausschuss gab. Und wenn hier heute so getan wird, als ob
man über den einen oder anderen Punkt noch gerne geredet hätte, oder wenn man
so tut, als wäre man eigentlich dafür, aber im Detail spießt es sich noch ein
bisschen, dann erinnere ich daran, dass zu einem Zeitpunkt, als der Unterausschuss
noch getagt
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