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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 90

 

sagen - weit mehr als 2 000 Jahre vergangen. Ja, im antiken Griechenland hat man diesen Demokratiebegriff gehabt, da durften nur die Bürger wählen. Wer waren die Bürger? - Das waren Männer, und zwar genau genommen reiche Männer. Die Frauen durften nicht wählen, Sklaven durften nicht wählen, die Mittellosen durften im Übrigen auch nicht wählen. Das ist, wie gesagt, lange her.

 

Heutzutage ist es eine weit verbreitete Situation, dass sich bei europäischen Einwanderungsmetropolen die Bevölkerungsstruktur sehr, sehr stark verändert hat, und es ist nicht sinnvoll, à la longue und auf Dauer ein Sechstel der eigenen Wohnbevölkerung in einer Stadt vom demokratischen Entscheidungsprozess auszuschließen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Das schafft Gräben, das prolongiert einen veralteten, absolut nicht zeitgemäßen Demokratiebegriff, und gerade deswegen ist bereits eine Vielzahl europäischer Städte dazu übergegangen, das kommunale Wahlrecht - denn davon sprechen wir und nicht von etwas anderem - der gesamten Wohnbevölkerung einer Stadt zu gewähren.

 

Argument Nummer 2 ist das integrationspolitische Argument. Es stimmt nicht, dass Integration im Allgemeinen etwas ist, das man vorschreiben kann, das man mit drei kurzen Griffen bewirken kann, und dann ist das erledigt, dann kommt die österreichische Staatsbürgerschaft und dann kann man endlich wählen. Integration ist ein langwieriger Prozess. Der hat etwas zu tun mit Pflichten, er hat etwas zu tun mit Rechten, er hat aber auch etwas zu tun mit dem, wie man sich fühlt, mit dem, wie man dazugehört, und mit dem, wie man dazugehören darf in einer Gesellschaft.

 

Die Gewährung des Wahlrechts ist ja auch nichts anderes als eine Hand, die man der eigenen Wohnbevölkerung reicht, selbst wenn sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft hat. Das ist ein Schritt, der Menschen deutlich macht, dass sie dazugehören können, dass man möchte seitens der Stadtpolitik, dass sie dazugehören, und es ist ein Schritt, der die Integration von vielen eigentlich weiter erleichtert und ermöglicht, und zwar nicht die Integration auf dem Papier, sondern die Integration im Herzen und die Integration im Kopf, daher auch ein starkes integrationspolitisches Argument. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Auf diese zwei Argumente sind Sie bis jetzt leider noch nicht eingegangen. Zwei wesentliche Argumente habe ich Ihrerseits bis jetzt gehört, und auf die möchte ich auch kurz eingehen, bevor ich sozusagen zum zweiten Teil übergehe und die grüne Kritik an dem heutigen Vorschlag erläutere.

 

Das Erste, das Staatsbürgerschaftsargument. Sie sagen, wer wählen möchte in Österreich, soll österreichischer Staatsbürger werden, dann hat er ja alle Rechte und Pflichten. Sie sind es aber, die in den letzten Jahren Einbürgerungsgesetze vorangetrieben und teilweise auch beschlossen oder mitbeschlossen haben, die es vielen Zuwanderern geradezu verunmöglichen, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen, und das, obwohl diese Menschen seit 10 Jahren, seit 15 Jahren, teilweise sogar seit 30 Jahren in dieser Stadt leben.

 

Sie wissen ganz genau, dass Österreich ein recht restriktives Einbürgerungsrecht hat und dass hier zum Beispiel keinesfalls der Weg gegangen wird, wie er unter anderem in Belgien längst gang und gäbe ist, wo es zwar das kommunale Wahlrecht nicht gibt, aber dort kann jeder Mensch nach einem Jahr - bitte, nach einem Jahr! - bereits um die Staatsbürgerschaft ansuchen, und die bekommt er auch, die bekommt er übrigens für Gebühren, die geradezu lächerlich sind. Also, etwa an die 300 EUR kostet in Belgien die Einbürgerung, und nach fünf Jahren Aufenthalt kann man die belgische Staatsbürgerschaft sogar ohne Verfahren zuerkannt bekommen.

 

So ist es in Österreich nicht. In Österreich gibt es eine Vielzahl von Versagungsgründen und darüber hinaus - und das wissen Sie auch - horrende Gebühren, mit denen viele finanzschwache Haushalte konfrontiert sind. Überdies gibt es noch das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaften, was zusätzlich eine Hürde für viele ist.

 

Daher sage ich Ihnen, Sie sind nicht konsequent: Entweder man erleichtert die Einbürgerung - wenn ich schon in Ihren Köpfen denke - oder aber man gewährt das kommunale Wahlrecht und eine Reihe anderer notwendiger Rechte für Menschen, die in einem Ort leben. Aber sowohl das eine als auch das andere zu versagen, das kann ich überhaupt nicht verstehen. Dahinter kann nur der Wille stecken, Menschen auszuschließen aus einer Gesellschaft und sie, solange sie hier auch leben mögen, nicht und nicht integrieren zu wollen.

 

Das zweite Argument, das Sie immer wieder bringen: die Befürchtung vor ethnischen Kämpfen. Da würden sich dann Listen bilden, die sich auf Bezirksebene gegenseitig bekämpfen. Da kämpft dann - was weiß ich, nehmen wir ein klassisches Beispiel; ich komme aus Griechenland, also lasst uns fantasieren - eine griechische Liste gegen eine türkische Liste. Das ist ja geradezu amüsant.

 

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bringen Sie mir ein einziges Beispiel von einer europäischen Stadt, in der es das kommunale Wahlrecht gibt und in der es bei einer Kommunalwahl zu ethnischen Listen und zu Auseinandersetzungen auf der Straße gekommen ist. Also ich glaube, dass Sie da die Intelligenz von Zuwanderern bei weitem unterschätzen, dass Sie auch ihre Mündigkeit und ihre Fähigkeit unterschätzen, zu erkennen, auf welcher Ebene sie sich denn gerade engagieren und an welchen Wahlen sie sich gerade beteiligen. Also ich bitte, wie gesagt, wenn Sie da Beispiele kennen, bringen Sie sie. Das würde mich nämlich auch interessieren, dem würde ich gerne nachgehen. Wenn Sie aber diese Beispiele nicht kennen, weil es sie nicht gibt, dann hören Sie auf, hier Scheinargumente vorzubringen. Bringen Sie ein Argument, das hält. (Beifall bei den Grünen.)

 

Somit bin ich doch bei der grünen Position angelangt. Ja, das, was wir heute beschließen, ist eine große Entscheidung. Ja, damit übernimmt Wien die Vorreiterrolle in Österreich. Die Beschlussfassung des kommunalen

 

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