Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 90
Töpfe im Krankenanstaltenverbund und riskantes Schuldenmanagement
durch Kursverluste in Schweizer Franken. (Abg Kurt Wagner: Das Programm der
FPÖ, nicht!) Wien hat daher die Frage zu beantworten: Wie steht es
tatsächlich um die Finanzsituation in Wien? Darauf brauchen wir eigentlich eine
Antwort, und auf nichts anderes, das wissen Sie ganz genau! (Beifall bei der
FPÖ. - Abg Christian Oxonitsch: Da haben Sie aber ein schönes Budget! - Abg
Josefa Tomsik: Ein A 4-Blatt ...!)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste ist Frau Abg Frauenberger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Präsidentin! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Auf all die Geschichten der VorrednerInnen möchte ich
gar nicht eingehen. Ich denke mir, die Unterschiede sind absolut zu hoch in den
Wahrnehmungen, nämlich die Unterschiede zwischen der SPÖ und dem etwas
schwächer gewordenen Partner - 10 Prozent - FPÖ in der Bundesregierung (Heiterkeit
bei der SPÖ.) und der SPÖ und der vermeintlichen Wirtschaftspartei, der
ÖVP: angekündigte Kürzungen, leere Töpfe, viele Phrasen und nach wie vor kein
Überblick über die tatsächliche Finanzsituation.
Auch ich möchte aus dem "Format", das heute
erschienen ist, zitieren, worin nachzulesen ist: "Im Oktober hatte
Finanzminister Karl-Heinz Grasser das prognostizierte Defizit mit
1,45 Prozent des BIP angegeben, das gesamtstaatliche Defizit wurde mit
1 Prozent angegeben. Daran wolle Grasser auch weiter festhalten",
schreibt "Format". "Eine neue Regierung müsste mehr als
2 Milliarden EUR herunterstreichen. Ein Defizit von 2,3 Prozent würde
einer Neuverschuldung von rund 5 Milliarden EUR entsprechen.
Das sind offenbar die Fakten, mit denen wir konfrontiert
sein werden, und ich denke mir, es ist eine absurde Ausrede, wenn man zwei
Wochen vor einem neuen Budgetjahr noch keine Aussage trifft, wie die Situation
tatsächlich aussieht, und das ausgerechnet von der Wirtschaftspartei, der ÖVP. (Beifall
bei der SPÖ. )
Kollege Kopietz hat schon angeführt, dass es, auch
wenn die Damen und Herren der ÖVP und FPÖ hier anders argumentiert haben, offensichtlich
nur an zwei Dingen liegen kann, nämlich zum einen daran, dass dieses
angekündigte Nulldefizit weit verfehlt wurde, und zum anderen daran, dass die
Bundesregierung die leeren Töpfe eben einfach nicht herzeigen will, leere
Töpfe, die, so ist zu befürchten, weitere Kaputtsparpakete der schwarz-blauen
Bundesregierung - Fortsetzung - bescheren werden, Kaputtsparpakete, die gerade
wieder die kleinen und mittleren Einkommen treffen werden, damit die
Österreicherinnen und Österreicher und damit natürlich auch die Wienerinnen und
Wiener. Und ich muss Ihnen eines sagen: Das ist eine ziemlich bittere Mitgift
in Zeiten einer Brautschau. (Beifall bei der SPÖ.)
Partnerschaften, Fusionen, aber auch Koalitionen
müssen - und das muss gerade auch die ÖVP wissen - immer so passieren, dass die
Fakten und die Voraussetzungen ganz klar nachvollziehbar sind. Niemand möchte
die Katze im Sack kaufen. Und so wie es aussieht, gibt es kein Geld für aktive
Politik, weder im Bereich des Arbeitsmarkts, weder im Bereich der Gesundheit
noch auch im Bereich der Bildung. Und die Leidtragenden sind wieder die
Wienerinnen und Wiener, die Österreicherinnen und Österreicher.
Nehmen wir nun diesen Topf der Arbeitsmarktpolitik:
Tatsache ist, dass 2,7 Milliarden EUR aus der Arbeitslosenversicherung
ausgeräumt wurden, und dieses Geld fehlt jetzt bei so einer hohen
Arbeitslosigkeit, um Beschäftigte und Arbeitslose zu qualifizieren. Im November
gibt es aktuell 280 000 Menschen, die arbeitslos sind; das sind um
55 000 Arbeitslose mehr als vor zwei Jahren. Nur jeder Siebente befindet
sich auf der Bundesebene in einer Schulung, und die tauchen dann natürlich in
den Arbeitslosenstatistiken nicht auf. In Wien befindet sich immerhin jeder
sechste Wiener und jede sechste Wienerin, die arbeitslos sind, in einer
Schulung, und das, weil wir hier investieren, weil der WAFF arbeitssuchenden
Menschen Unterstützung bietet und sie eben bei den Berufschancen unterstützt.
Noch schlimmer - das ist ohnedies auch schon erwähnt
worden - ist die Situation bei den Jugendlichen. Da ist seit dem Jahr 2000 die
Arbeitslosenzahl um mittlerweile fast 40 Prozent gestiegen. Wir haben
53 000 arbeitslose Jugendliche.
Zu den diesbezüglichen Alibiaktionen möchte ich auch
etwas sagen: 5 000 Jugendliche sind in einer Maßnahme, 53 000
Jugendliche sind aber arbeitslos. Es fehlen 8 000 Lehrplätze, das
Jugendauffangnetz bietet 3 000 Jugendlichen Platz. Diese Bundesregierung
gibt den Jugendlichen keine Zukunftsperspektive und keine Chance! (Beifall
bei der SPÖ.)
Es ist aber nun einmal so, dass Wien dieser Arbeitslosigkeit
nicht tatenlos gegenübersteht. Wir haben die Wirtschaftsförderung erhöht, wir
haben die Investitionen erhöht, wir haben die Zahl der Betriebsneugründungen
erhöht und sind mittlerweile auf Nummer eins. Wien ist aktiv in der
Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen und auch in der Förderung von
atypischen Beschäftigten.
Zum Abschluss möchte ich sagen: Der Bundeskanzler hat
den Auftrag, diese Regierung zu bilden, und wenn er den Auftrag ernst nimmt,
dann bitte nicht nur in diversen Verhandlungsgesprächen, sondern auch mit dem
notwendigen Respekt gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern, den
Wienerinnen und Wienern. Schließlich mussten diese die Fehlpolitik der letzten
zwei Jahre finanzieren, irregeleitet von Ihrer Nulldefizitlüge. Die
ÖsterreicherInnen und die WienerInnen haben ein Recht auf eine ehrliche
Aussage, auf eine ehrliche Auskunft über die tatsächliche finanzielle Situation
in Österreich. Die Zahlen müssen auf den Tisch, der Kassasturz ist angesagt. -
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Römer: Die Aktuelle
Stunde ist beendet.
Vor Sitzungsbeginn ist von Landtagsabgeordneten des
Grünen Klubs im Rathaus 1 Antrag eingelangt. Den Fraktionen wurde dieser
Antrag schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisung erfolgt wie beantragt.
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