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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 64

 

der gesamten Entwicklung im Bereich der Abfallwirtschaft, zügig umzusetzen. Dermaßen gefittet wird auch die MA 48 etwaigen Aktivitäten privater Müllentsorger mit dem Selbstvertrauen des Erfolgreichen entgegentreten.

 

Hoher Landtag! Abschließend und zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in Wien alle unter dem Begriff der Daseinsvorsorge subsumierten Aufgaben und Leistungen in kommunaler Verantwortung bestens erfüllt werden. Die Ver- und Entsorgung unserer Stadt und die Kundenzufriedenheit unserer Bürgerinnen und Bürger sind zu wichtig, um neoliberalen Experimenten ausgeliefert zu werden. Die Daseinsvorsorge in Wien ist und bleibt in den Händen der Wiener SPÖ in bester Verantwortung.

 

Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine klaren Positionierungen in der heutigen Mitteilung über die Breitbandmaterie "Daseinsvorsorge in Wien" und den Damen und Herren des Auditoriums für ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster ist Herr Abg Dipl Ing Margulies zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dem Landtagsabgeordneten Hufnagl ist möglicherweise ein Versprecher passiert, aber wahrscheinlich meint er es tatsächlich so: Die Daseinsvorsorge in den Händen der Wiener SPÖ. Vor einer Minute gesagt. Nicht in den Händen der Gemeinde Wien oder des Landes Wien oder der Stadt, nein, die Daseinsvorsorge in den Händen der Wiener SPÖ. Das ist ein Sittenbild, das wirklich mehr sagt als tausend Worte. Und da können Sie sich noch so sehr hinstellen und sich selbst loben und loben und noch einmal loben.

 

Vielleicht eine kurze Zwischenfrage: Kriegen Sie zu wenig Lob von außen, dass das gang und gäbe ist in der Sozialdemokratie? - Der Erstredner/die Erstrednerin stellt sich hin und erklärt, was Sache ist, der Zweite sagt, wie super der Erstredner/die Erstrednerin war, und der Letztredner der SPÖ geht heraus und sagt: Wir sind toll. Wir sind einfach so super, da geht überhaupt nichts drüber.

 

Aber auf Grund der Rede des Herrn Landeshauptmanns und Teilen Ihrer Rede will ich sogar noch eine positive Note hinzufügen, was die Daseinsvorsorge tatsächlich betrifft: Theorie. Gut, kein Problem. Wenn ich heute dem Herrn Landeshauptmann zugehört habe, habe ich mich zurückversetzt gefühlt in meine Vorlesungen auf der Universität, Seminararbeiten, aufgelistet, was kritische Ökonomen, zumindest zum damaligen Zeitpunkt, Nowotny, Matzka, geschrieben haben, in letzter Zeit mag ja sein bis Stiglitz. Ja, Sachen und Punkte, die theoretisch, wenn sie die SPÖ sagt, immer total gut klingen. Aber was ist in der Praxis, meine sehr geehrten Damen und Herren? - Und hier ist es wahrscheinlich schon an der Zeit, sich einmal ernsthaft mit dem, was von Ihnen theoretisch gepredigt wird, auseinander zu setzen.

 

Und ich mache jetzt einen kurzen Sprung zurück, weil die EU so sehr angegriffen wurde. Die Entwicklungen in der Europäischen Union. Ja, bis vor zwei Jahren, wer war denn da in der österreichischen Bundesregierung? Wer hat denn mitgemacht sowohl bei der EU-Erweiterung als auch in den nachfolgenden Verhandlungen, dass sich diese Prozesse der Deregulierung, der Liberalisierung und der Privatisierung überhaupt so weit ausdehnen können durch ganz Europa? - Und wäre es nicht in den letzten zwei Jahren tragischerweise in der Weltwirtschaft zu einem Abschwung gekommen, dann wäre wahrscheinlich diese Liberalisierungsdiskussion nicht zu einem Stillstand gekommen, sondern, auch massiv unterstützt von den Sozialdemokraten, weitergeführt worden.

 

Und das ist das große Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren der Sozialdemokratie. Sie können sich nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen. Natürlich ist es schön für uns zu hören, wenn Lhptm Häupl versichert - und auch Abg Hufnagl, der jetzt hinausgegangen ist -, dass die Wiener Sozialdemokratie für die kommunale Daseinsvorsorge immer da sein wird und verhindern wird, dass weiter liberalisiert und privatisiert wird.

 

Aber die ersten Schritte sind schon getan. Unter anderem auf Grundlage von bestehendem EU-Recht - das spielt sicher mit eine Rolle -, dem die Sozialdemokraten zugestimmt haben. Wo war denn, Kollege Driemer, der Aufschrei der Gewerkschaften? - Mir kommt vor, die Gewerkschaft schreit immer nur dann auf, wenn sie von der SP das Zeichen kriegt: Sie darf aufschreien. Aber ansonsten, wie es um die Beitrittsverhandlungen gegangen ist: Nichts hat der ÖGB tatsächlich getan.

 

Wo war denn die Gewerkschaft, die massiv davor gewarnt hat, dass bei einem EU-Beitritt genau solche Sachen wie Ausgliederungen, Liberalisierungen, Privatisierungen, Deregulierungen auf uns zukommen? Wo war da die Mobilisierung der Gewerkschaft? - Sie hat es nicht gegeben! Sie hat es schlicht und einfach nicht gegeben! Sie haben im großkoalitionärem Schlaf einfach mitgeschlafen! (Abg Johann Driemer: Wir haben nicht geschlafen!)

 

Und jetzt kommen wir zu den konkreten Auswirkungen. Wenn man sich tatsächlich anschaut, was der Kollege Landeshauptmann heute gesagt hat über die Daseinsvorsorge und wie wichtig es ist, dass man die Gewinne nicht privatisieren und die Verluste nicht sozialisieren soll - ein Satz, den die Wiener GRÜNEN schon lange hier in diesem Haus und auch im Nationalrat predigen und der bislang von der unglückseligen Dreierkonstellation ÖVP-FPÖ-SPÖ nicht verwirklicht wurde. Wir freuen uns, dass Sie das jetzt so sehen, und wir hoffen, dass tatsächlich Maßnahmen in dieser Richtung passieren.

 

Aber es passiert ja ganz genau das Gegenteil. Schauen wir uns die Tarife an im öffentlichen Verkehr. Sie werden erhöht. Das ist jetzt keine Kaffeesudleserei, das weiß man, und es wird wahrscheinlich spätestens im April, vielleicht Anfang Mai, der Herr Finanzstadtrat seinen Sanktus zu einer Tariferhöhung geben. Da führt höchstwahrscheinlich kein Weg vorbei.

 

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