Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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der gesamten Entwicklung im Bereich der Abfallwirtschaft,
zügig umzusetzen. Dermaßen gefittet wird auch die MA 48 etwaigen
Aktivitäten privater Müllentsorger mit dem Selbstvertrauen des Erfolgreichen
entgegentreten.
Hoher Landtag! Abschließend und zusammenfassend kann
festgehalten werden, dass in Wien alle unter dem Begriff der Daseinsvorsorge
subsumierten Aufgaben und Leistungen in kommunaler Verantwortung bestens
erfüllt werden. Die Ver- und Entsorgung unserer Stadt und die
Kundenzufriedenheit unserer Bürgerinnen und Bürger sind zu wichtig, um
neoliberalen Experimenten ausgeliefert zu werden. Die Daseinsvorsorge in Wien
ist und bleibt in den Händen der Wiener SPÖ in bester Verantwortung.
Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine klaren
Positionierungen in der heutigen Mitteilung über die Breitbandmaterie
"Daseinsvorsorge in Wien" und den Damen und Herren des Auditoriums
für ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der SPÖ.)
Präsident Johann Römer:
Als Nächster ist Herr Abg Dipl Ing Margulies zum Wort gemeldet. Ich erteile es
ihm.
Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Dem Landtagsabgeordneten Hufnagl ist möglicherweise
ein Versprecher passiert, aber wahrscheinlich meint er es tatsächlich so: Die
Daseinsvorsorge in den Händen der Wiener SPÖ. Vor einer Minute gesagt. Nicht in
den Händen der Gemeinde Wien oder des Landes Wien oder der Stadt, nein, die
Daseinsvorsorge in den Händen der Wiener SPÖ. Das ist ein Sittenbild, das
wirklich mehr sagt als tausend Worte. Und da können Sie sich noch so sehr
hinstellen und sich selbst loben und loben und noch einmal loben.
Vielleicht eine kurze Zwischenfrage: Kriegen Sie zu
wenig Lob von außen, dass das gang und gäbe ist in der Sozialdemokratie? - Der
Erstredner/die Erstrednerin stellt sich hin und erklärt, was Sache ist, der
Zweite sagt, wie super der Erstredner/die Erstrednerin war, und der Letztredner
der SPÖ geht heraus und sagt: Wir sind toll. Wir sind einfach so super, da geht
überhaupt nichts drüber.
Aber auf Grund der Rede des Herrn Landeshauptmanns
und Teilen Ihrer Rede will ich sogar noch eine positive Note hinzufügen, was
die Daseinsvorsorge tatsächlich betrifft: Theorie. Gut, kein Problem. Wenn ich
heute dem Herrn Landeshauptmann zugehört habe, habe ich mich zurückversetzt
gefühlt in meine Vorlesungen auf der Universität, Seminararbeiten, aufgelistet,
was kritische Ökonomen, zumindest zum damaligen Zeitpunkt, Nowotny, Matzka, geschrieben
haben, in letzter Zeit mag ja sein bis Stiglitz. Ja, Sachen und Punkte, die
theoretisch, wenn sie die SPÖ sagt, immer total gut klingen. Aber was ist in
der Praxis, meine sehr geehrten Damen und Herren? - Und hier ist es wahrscheinlich
schon an der Zeit, sich einmal ernsthaft mit dem, was von Ihnen theoretisch
gepredigt wird, auseinander zu setzen.
Und ich mache jetzt einen kurzen Sprung zurück, weil
die EU so sehr angegriffen wurde. Die Entwicklungen in der Europäischen Union.
Ja, bis vor zwei Jahren, wer war denn da in der österreichischen Bundesregierung?
Wer hat denn mitgemacht sowohl bei der EU-Erweiterung als auch in den
nachfolgenden Verhandlungen, dass sich diese Prozesse der Deregulierung, der
Liberalisierung und der Privatisierung überhaupt so weit ausdehnen können durch
ganz Europa? - Und wäre es nicht in den letzten zwei Jahren tragischerweise in
der Weltwirtschaft zu einem Abschwung gekommen, dann wäre wahrscheinlich diese
Liberalisierungsdiskussion nicht zu einem Stillstand gekommen, sondern, auch
massiv unterstützt von den Sozialdemokraten, weitergeführt worden.
Und das ist das große Problem, meine sehr geehrten
Damen und Herren der Sozialdemokratie. Sie können sich nicht so einfach aus der
Verantwortung stehlen. Natürlich ist es schön für uns zu hören, wenn Lhptm
Häupl versichert - und auch Abg Hufnagl, der jetzt hinausgegangen ist -, dass
die Wiener Sozialdemokratie für die kommunale Daseinsvorsorge immer da sein
wird und verhindern wird, dass weiter liberalisiert und privatisiert wird.
Aber die ersten Schritte sind schon getan. Unter anderem
auf Grundlage von bestehendem EU-Recht - das spielt sicher mit eine Rolle -,
dem die Sozialdemokraten zugestimmt haben. Wo war denn, Kollege Driemer, der
Aufschrei der Gewerkschaften? - Mir kommt vor, die Gewerkschaft schreit immer
nur dann auf, wenn sie von der SP das Zeichen kriegt: Sie darf aufschreien.
Aber ansonsten, wie es um die Beitrittsverhandlungen gegangen ist: Nichts hat
der ÖGB tatsächlich getan.
Wo war denn die Gewerkschaft, die massiv davor
gewarnt hat, dass bei einem EU-Beitritt genau solche Sachen wie
Ausgliederungen, Liberalisierungen, Privatisierungen, Deregulierungen auf uns
zukommen? Wo war da die Mobilisierung der Gewerkschaft? - Sie hat es nicht gegeben!
Sie hat es schlicht und einfach nicht gegeben! Sie haben im großkoalitionärem
Schlaf einfach mitgeschlafen! (Abg Johann
Driemer: Wir haben nicht geschlafen!)
Und jetzt kommen wir zu den konkreten Auswirkungen.
Wenn man sich tatsächlich anschaut, was der Kollege Landeshauptmann heute
gesagt hat über die Daseinsvorsorge und wie wichtig es ist, dass man die Gewinne
nicht privatisieren und die Verluste nicht sozialisieren soll - ein Satz, den
die Wiener GRÜNEN schon lange hier in diesem Haus und auch im Nationalrat
predigen und der bislang von der unglückseligen Dreierkonstellation ÖVP-FPÖ-SPÖ
nicht verwirklicht wurde. Wir freuen uns, dass Sie das jetzt so sehen, und wir
hoffen, dass tatsächlich Maßnahmen in dieser Richtung passieren.
Aber es passiert ja ganz genau das Gegenteil. Schauen
wir uns die Tarife an im öffentlichen Verkehr. Sie werden erhöht. Das ist jetzt
keine Kaffeesudleserei, das weiß man, und es wird wahrscheinlich spätestens im
April, vielleicht Anfang Mai, der Herr Finanzstadtrat seinen Sanktus zu einer
Tariferhöhung geben. Da führt höchstwahrscheinlich kein Weg vorbei.
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