Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
- Seite 34 von 64
der englischen Eisenbahnen unterblieben sind.
Diese fatalen, ja teilweise katastrophalen Auswirkungen
wurden im ersten Schritt der Meinungsbildung der Europäischen Kommission
weitestgehend ausgeblendet.
Neben dieser im wahrsten Sinn des Wortes katastrophalen
Entwicklung der Marktöffnung ist aber auch der versprochene Wettbewerb
ausgeblieben. Vielmehr sind neue regionale bis multinationale Konzerne und vor
allem Monopole entstanden, die keine Preisnachlässe, sondern vielmehr
Marktbeherrschung und Kundenferne entwickelt haben. Statt
Leistungssteigerungen, Qualitätssicherung und Kundennähe wurde das kontradiktorische
Gegenteil davon erreicht.
Dennoch hat der Langen-Bericht zu Leistungen der
Vorsorge und der Daseinssicherung in Europa, bekannt und benannt nach dem
erzkonservativen CDU-Europaabgeordneten Werner Langen, darauf keinesfalls
adäquat Rücksicht genommen.
In dieser für viele europäischen Kommunen inakzeptablen,
ja geradezu bedrohlichen Situation starteten einige Stadtoberhäupter, allen
voran Bgm und Lhptm Michael Häupl, eine Meinungsbildungs- und Überzeugungskampagne
in Brüssel, wenn Sie so wollen bestmögliches Lobbying, bestverstandene
Aktivitäten im Interesse ihrer Gebietskörperschaften. Und die Ergebnisse dieser
Aktivitäten können sich vor allem aus dem Blickwinkel eines Bedrohungsszenariums
für Wien durchaus herzeigen lassen.
Wenn das Europäische Parlament danach, nämlich am
13. November vorigen Jahres, folgende Beschlüsse gesetzt hat, so sind
darin für Wien sehr positive und zuletzt erfreuliche Resultate beinhaltet.
Erstens. Die Stadt Wien kann weiterhin die Geschäftsführung
und den Betrieb dieser Dienstleistungen ausschließlich autonom und frei
entscheiden und auch wählen, ob sie eine Leistung persönlich, sprich direkt,
erbringt oder diese delegiert. Im Rahmen der bereits angesprochenen
Subsidiarität steht es Wien frei, die gewünschte Leistungserbringung auch
autonom zu definieren und selbst auszuwählen. Entscheidend ist nicht, ob
Dienstleistungen für die Bürger von privaten oder kommunalen Unternehmen
erbracht werden, sondern ob die Qualität stimmt und ob Effizienz und Leistungsgewährleistung
auch entsprechend gegeben sind. Die Mitgliedsstaaten werden nunmehr
ausschließlich im Konjunktiv aufgefordert zu prüfen, ob in Abstimmung mit den
lokalen Behörden die Einschaltung von privaten Wasser- und Abwasserversorgern
überhaupt eine Qualitätssteigerung erbringen würde. Den im ursprünglichen
Langen-Bericht enthaltenen Forderungen, den Wassermarkt undifferenziert für
private Betreiber freizugeben, wurde vom Europäischen Parlament nicht entsprochen,
sie wurden ersatzlos gestrichen. Die Gefahr, dass die im Wiener Landtag vom
4. Oktober vorigen Jahres einstimmig beschlossene Unterschutzstellung des
Wiener Wassers, also der Einrichtung der MA 31, Wasserwerke, und der
Forstwälder der MA 49 in den Quellschutzgebieten, vor Veräußerung, durch
Europäisches Recht overruled und damit rechtsunwirksam geworden wäre, ist zumindest
vorläufig beseitigt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der extrem
neoliberalistische Entwurf des Langen-Berichts damit stark entschärft und alle
für Wien problematischen Passagen gestrichen wurden oder wesentlich in unserem
Sinn und in unserem Interesse verändert wurden.
Es ist mir ein Bedürfnis, im Namen der Sozialdemokratischen
Fraktion, aber ich denke aller gutwilligen Abgeordneten dieses Wiener Landtags
unserem Landeshauptmann zu diesem großartigen Erfolg von fantastischer
Überzeugungsarbeit und Meinungsbildung unseren ausdrücklichen Dank
auszusprechen. (Beifall bei der SPÖ.) Sein
vorbildlicher Einsatz weit über die erwartbare Pflichterfüllung der Aufgaben
eines Wiener Bürgermeisters hinaus verdient den Ausdruck von großem Respekt und
ungeteilter Anerkennung. (Zwischenruf des
Abg Dipl Ing Martin Margulies.)
Meine Damen und Herren! Auch die Grünen hätten über die Parlamentsfraktion
im Europäischen Parlament einen derartigen Vorstoß setzen können; der kam nun
nicht, geschweige denn, dass er von Erfolg begleitet gewesen wäre.
Die Europäische
Liberalisierungsdebatte konnte durch das engagierte Eingreifen Wiens - und auch
unsere Mitarbeiter im Wien-Haus in Brüssel haben hier hervorragende
Kommunikationsarbeit geleistet - zumindest bei den Themenfeldern
Personennahverkehr, Wasserver- und -entsorgung und Abfallwirtschaft entschärft
werden und auf eine realistisch-sachliche Ebene zurückgebracht werden. Damit
wurde absehbarer Schaden von Wien ferngehalten. Es gilt jedoch, wachsam zu
bleiben und durch ständige Weiterentwicklungen unserer kommunalen Dienstleister
höchste Versorgungsqualität sicherzustellen.
Ehrgeizige Großprojekte, wie die Erweiterung der
Hauptkläranlage um 15 Biologiebecken, wodurch die Belebung und die
Nachbehandlung des Klärwassers, vor allem im Stickstoffbereich, erfolgen kann,
die Errichtung des Liesingtal-Sammelkanals im Zuge der Renaturierung des
Liesingbachs, der Wienfluss-Entlastungskanal zwischen der Mündung bei der
Urania und der Pilgrambrücke, die unter den Donaukanalbrücken führenden Verbindungsleitungen
zwischen rechtem und linkem Hauptsammelkanal sowie - und das ist ein ganz
entscheidender Punkt - die Fertigstellung und Vervollkommnung des Netzausbaus
nördlich der Donau werden realisiert. Bekanntlich sind bereits 97 Prozent
aller Wiener Haushalte bei WIENKANAL angeschlossen und können so WIENKANAL auch
gegen noch so engagierte Mitbewerber ertüchtigen.
Bei der Abfallwirtschaft gilt es - und das wurde heute auch
schon teilweise in der Fragestunde thematisiert -, zwecks zeitgerechter
Vorsorge die Entscheidungen der Strategischen Umweltprüfung mit den
Kernelementen Vermeidung, getrennte Sammlung mit bestmöglicher stofflicher
Verwertung, Errichtung einer Biogasanlage, ebenso Errichtung einer
high-tech-Müllverbrennungsanlage mit Fernwärmeeinspeisung und
Elektrizitätsgewinnung nebst mittelfristigem Monitoring
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular