Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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dieser Rede gewinnen? - Wenn Sie diese Rede einmal halten
sollten und dort zum Gouverneur werden wollten (Lhptm Dr Michael Häupl: Das würde ich nie tun!), leiste ich mir
sogar einen Flug und komme nach New York, um mir das anzuschauen. Das wäre interessant.
Ich verstehe also nicht, was Sie mit dem
"besseren amerikanischen Weg" gemeint haben, und ich werde mir
erlauben - vor diesem Hintergrund und zur Unterstützung -, alle aufzurufen,
ihre Erfahrungen mit der Kundenfreundlichkeit öffentlicher Leistungen
entsprechend zu dokumentieren und dem Herrn Landeshauptmann persönlich zu
übergeben, damit er darauf schaut, dass Kundenfreundlichkeit passiert, dass
öffentliche Leistungen nicht diskreditiert werden. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster ist Herr Abg Dr Tschirf zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben aus diesen Ausführungen, die Sie hier zur
Daseinsvorsorge gemacht haben, erfahren, dass Sie in einem Europa, in dem eine
Kommission regiert, deren Vertreter in vielem von Ihnen gar nicht so weit
entfernt sind, mit dieser mehr Probleme haben, als beispielsweise mit der CSU
in Bayern (Lhptm Dr Michael Häupl: So ist
das Leben!), das heißt, dass Sie weit mehr Kritik an Ihren Parteifreunden
zu üben haben. Das ist interessant.
Es ist an dieser Ihrer Darstellung für uns auch interessant
gewesen, dass Sie davon gesprochen haben - ich möchte das wörtlich zitieren -,
dass Sie keinerlei "reflexartiges Nein" zu Privatisierungen sagen -
das hören wir gerne -, wenn man tatsächlich nach den besten Lösungen unterwegs
ist.
Sie haben einige Beispiele genannt, die in der Zeit
der Regierung von SPÖ und ÖVP in den letzten viereinhalb Jahren angegangen worden
sind. Alle Beispiele, ob das jetzt die Wiener Stadtwerke sind, ob das jetzt die
Fragen ... (Abg Heinz Hufnagl: Das ist
aber keine Privatisierung!) Ich zitiere den Herrn Bürgermeister, Sie können
sich das mit ihm ausmachen. Ich bin offensichtlich auch anderer Meinung als Sie
und der Herr Bürgermeister. Ich meine, dass hier erst ein erster Schritt in die
entsprechende Richtung gesetzt wurde und dass tatsächlich weitere
Strukturmaßnahmen zu setzen sind. Wenn dem so ist, dann können Sie sicher sein,
dass wir alles daransetzen werden, dass die Politik dieser Stadt in diese
Richtung geht.
Wir glauben, dass solche Diskussionen, wie sie im
Landtag stattfinden, tatsächlich den großen Fragen der Politik gewidmet sein
sollen, der Kommunalpolitik dieser Stadt. Da gibt es einiges, mit dem wir uns
auseinander setzen sollten und das auch zu dem Bereich der Daseinsvorsorge
gehört, so etwa die Frage, welche Rolle überhaupt Städte, Gemeinden, vor allem
Städte einer bestimmten Größe und einer entsprechenden Bedeutung, noch spielen
sollten. Da vermissen wir vieles an Impulsen, die auch von Wien ausgehen
müssten. Wenn etwa Diskussionen über den Finanzausgleich stattfinden, dann ist
das eigentlich immer nur ein Fortwurschteln, ein Fortschreiben dessen, was
bisher ist, ein Aufschreien: Das geht nicht!
Interessant wäre es in diesem Zusammenhang, tatsächlich
von Wien aus Überlegungen zu entwickeln und sich zu fragen: Was ist eigentlich
die Aufgabe, die eine Großstadt zu erbringen hat, und in welchen verschiedenen
Parametern bemisst sie sich? Warum haben wir die entsprechenden Mittel zu
bekommen? - Wir sind damit auch an einem Punkt einer Zäsur angelangt, aber
gerade von Ihnen, Herr Finanzstadtrat, hört man immer nur ein Njet und
eigentlich wenig an Ideen, also genau das, was wir hier eigentlich verlangen
sollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade in einer
Zeit, in der wir es in Wien damit zu tun haben, dass die Region wirtschaftlich
immer stärker, immer größer wird und die Stadt selbst nicht mithalten kann,
müssen wir genau dazu entsprechende Überlegungen anstellen und entsprechend
darauf reagieren. Das gilt genauso für die Frage der EU-Ostöffnung, wo wir auch
die Chancen weitaus stärker nutzen sollten.
Wir erwarten uns daher, dass sehr vieles noch konkreter
angegangen wird, als das, was jetzt in einem Grundsatzreferat hier dargestellt
wurde. Denn all diese Fragen sind nicht nur Themen von Expertendiskussionen,
sondern eben handfeste ökonomische Fragen und auch Fragen der Lebensqualität
einer Stadt. Genau diese Qualitätsmerkmale gilt es auch stärker herauszuarbeiten,
auch herauszuarbeiten in der Struktur, wie das die Stadt für ihre Bürger
erbringt. Hier braucht es auch mehr Beweglichkeit, und es ist erforderlich,
Neuem gegenüber offener zu sein.
Wenn das heute ein Ansatzpunkt dafür ist, dass neue
Überlegungen über Strukturfragen angestellt werden, wie wir sie in
verschiedenen Bereichen in den letzten Jahren immer wieder eingemahnt haben,
wie wir sie etwa in der Frage von Beteiligungen eingemahnt haben, wie wir sie
in der Frage der Energieunternehmungen eingemahnt haben, dann stellen wir das
mit großer Freude fest. Wir sehen, dass Sie offensichtlich den Kurs ändern, der
bis vor wenigen Minuten gegolten hat, nämlich dass die Wiener SPÖ sich seit
zwei Jahren darauf beschränkt, lediglich die Bundespolitik zu kritisieren,
angefangen von der Geschichte von den 1 400 Pflichtschullehrern, die
entlassen werden, obwohl in Wirklichkeit im letzten Herbst tatsächlich 200
zusätzlich angestellt wurden, bis zur Frage der Wohnbauförderung, die nicht
mehr nach Wien geht, aber tatsächlich doch wieder nach Wien geht, bis hin zu
der Diskussion, die wir vor kurzem beim Generalverkehrsplan erlebt haben, wo es
einen unheimlichen Aufschrei gegeben hat. Jetzt liest man es wieder etwas
anders.
Wenn es nun zu einer überlegteren Vorgangsweise
kommt, wenn es eine entsprechende Veränderung in Ihrer Position zum Wohle der
Wiener gibt, dann ist das etwas, was wir mit großer Freude feststellen, denn
wir wollen gemeinsam etwas für die Wiener leisten.
Herr Bürgermeister! Vielleicht ist es aber auch etwas
anderes, vielleicht machen Sie sich auch Gedanken
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