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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 93 von 100

 

Waggons angekauft, damit unsere Wienerinnen und Wiener in Wien, wenn sie mit der Schnellbahn fahren, in neuen Waggons fahren, und so weiter.

 

Es tut mir leid: Die Deutsche Bundesbahn war, glaube ich, für viele in Europa ein Vorbild, was Ausstattung und Verkehrsnetz betrifft. Heute hat sich das gedreht. Auch auf Bundebene hat man Gott sei Dank erkannt, dass da investiert werden muss. Die ÖBB stehen heute international gesehen - wenn wir jetzt einmal von den Hochwasserüberflutungen absehen - hervorragend da: tolles Schienennetz, toller Wagenpark. Ich will ja jetzt gar nicht ausschließen, dass auch dieses Umwelt-Ticket seinen Beitrag geleistet hat. Das ist sehr, sehr wichtig.

 

Zum Schluss möchte ich noch zwei, drei Bemerkungen zum Thema Budget machen. Na ja, wie wird unser Budget ausschauen? Ich denke immer ein bisschen über den Tellerrand und habe mir die bereinigten Finanzschulden des Bundes angeschaut, geprüft vom Rechnungshof. Bis 2020 hat Österreich - also nicht ganz Österreich, sondern der Bund - 208 Milliarden EUR Schulden angehäuft. Das sind also vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis Anfang 2020, in 75 Jahren, 208 Milliarden EUR. Heute wird ein Finanzschuldenstand von 304 Milliarden EUR erwartet. Das heißt, in den letzten 4 Jahren sind auf Bundesebene 100 Milliarden EUR zusätzliche Schulden aufgebaut worden.

 

Ich will das nicht verurteilen. Es gibt Gründe, warum das so ist. Wenn ich mir aber diese Zahlen anschaue, also das, was in 75 Jahren an Schulden aufgenommen wurde, so ist das innerhalb von vier Jahren um die Hälfte erhöht worden. Wenn wir den Kurs beibehalten, wird es sehr schlimm. Nachdem ja jetzt aber eh schon bekannt ist, dass von der EU wahrscheinlich ein Defizitverfahren gegen Österreich eingeleitet wird und der Konsolidierungsbedarf, wie ich gelesen habe, bis 2029 bei 16 oder 18 Milliarden EUR im Jahr liegt, befürchte ich auch … (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Weißt du, wie viel es auch in Wien …) - Ich mache keine Schuldzuweisungen. Auch in Wien: Wenn die Lage im Bund nicht rosig ist, kann es in ganz Österreich nicht rosig sein. Ich meine, da werden wir uns ja einig sein. Es war halt Corona, es war halt ein Krieg. (StR Peter Kraus, BSc: Es ist ein Krieg!) Es ist so. Wir können uns nur nach der Decke strecken.

 

Das heißt, für die Erwartung, dass wir in Zukunft mit Budgetmitteln geflutet werden - mit unseren eigenen oder auch mit jenen aus dem Bund -, gibt es eher einen negativen Ausblick. Darum unterstütze ich natürlich, dass man bei großen Bauprojekten versucht, Dinge so - unter Anführungszeichen - kostengünstig wie möglich zu realisieren. Wir haben ja heute gehört, dass der Prüfer, der die Kostenentwicklung bei den Stadtwerken und bei der Stadt Wien im Auftrag des Bundes prüft, sagt: Abgesehen von der Inflation, die übrigens die letzten 4 Jahre 27,5 Prozent war … Wenn man das mit den 2,5 Prozent pro Jahr gegenrechnet, mit denen die Wien Energie gerechnet hat - also 10 Prozent gegenüber 27,5 Prozent -, kann man sich ungefähr vorstellen, was sich da im Gesetz in großen Zahlen abspielt.

 

Daher finde ich, dass das Projekt bei allem Ächzen und nach der Decke Strecken im wahrsten Sinne des Wortes 30 m unter der Erde gut läuft. Wir bauen für ein oder zwei Jahrhunderte und nicht für morgen oder übermorgen, sondern man muss langfristig denken. Wer weiß heute noch, ob die U1 und U2 ein oder zwei Jahre später eröffnet wurden? Wichtig ist, dass es sie gibt und dass sie eine wesentliche Verbesserung der Infrastruktur in Wien bringen. - Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner ist GR Stark zu Wort gemeldet. Bitte.

 

19.13.28

GR Kilian Stark (GRÜNE)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe KollegInnen! Sehr geehrte unverdrossene ZuseherInnen, so es sie noch gibt!

 

Ich möchte gern unmittelbar an meinen Vorredner anschließen, der gesagt hat: In 100 Jahren fragt sich keiner mehr. (GR Mag. Thomas Reindl: Das habe ich nicht gesagt!) „In the long run, we are all dead.“ (Heiterkeit beim Redner. - GR Mag. Thomas Reindl: Das stimmt!) Faktum ist, dass es die Menschen, die heute in Wien wohnen, die heute in Wien arbeiten und die heute in Wien unterwegs sind, sehr wohl betrifft, ob die U-Bahn ein oder zwei Jahre früher oder später fährt, ob es einen Ersatz gibt oder nicht und wie der Zustand der Wiener Linien ausschaut.

 

Ich habe mir vorgenommen, vor allem über die Betroffenen zu reden. Es wurde viel über das Budget, über den Ablauf, und so weiter geredet. Man muss aber, glaube ich, den Blick doch ein bisschen darüber hinaus weiten. Denn die ersten Betroffenen sind natürlich die Fahrgäste. Es ist heute nach dem Brand in der U1 irgendwie ein passender oder auch unpassender Termin. Auch von mir gehen die besten Genesungswünsche und Dank hinaus. Es fährt aber jetzt die U1 nicht, es fährt die U2 nicht, es gibt keine Badner Bahn und in der Innenstadt keinen 1er und keinen 62er. Der 13A ist zum Brechen voll. Der braucht auch ewig lang, weil sich bei jeder Station viele Leute hinein und hinaus und aneinander vorbeidrängen. Auch der D-Wagen ist so irre voll, dass er die Intervalle nicht einhalten kann, und auch für den 43er und den 44er hat es keinen Ersatz gegeben.

 

Man merkt also, da kracht es bei den Wiener Linien an allen Ecken und Enden. Im Vergleich zu dem hohen Ruf, den die Wiener Linien ja zu Recht hatten, ist jedenfalls dieser in den letzten Jahren wirklich einigermaßen heruntergewirtschaftet worden. Die Leute, die auf die Wiener Linien angewiesen sind, haben längere Fahrzeiten und längere Fußwege, weil es teilweise überhaupt keinen Ersatz gibt.

 

Wir müssen uns aber auch die Anrainerinnen und Anrainer anschauen. So eine Baustelle bringt vielleicht etwas Positives: eine neue U-Bahn-Linie. So eine langjährige Großbaustelle vor der Haustür ist für die Anrainerinnen und Anrainer aber natürlich auch eine ziemliche Belastung: einerseits Lärm, Staub, und so weiter, die Fahrten der LKW. Auf der anderen Seite gibt es natürlich den Ausweichverkehr, der irgendwo in einer ehemals ruhigen Gasse unterwegs ist. Auch das wird verlängert. Das sind Folgekosten, die wir gar nicht sehen. Das sind Folgekosten, die die Wienerinnen und Wiener zu tragen haben.

 

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