Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 100
ein anderer Ansatz verfolgt werden, und deswegen kommt auch dieses neue Gesetz beziehungsweise diese Förderrichtlinie in Kraft, um in den Regelgruppen die Möglichkeiten zu schaffen, dass ein bis zwei Kinder mit besonderen Bedürfnissen auch gut betreut werden können. Das heißt, bis zu zwei Inklusionsplätze werden in den Regelgruppen möglich sein. Das sind Kinder, die mit einer ICD-10- oder ICD-11-Diagnose diagnostiziert worden sind und dadurch einen erhöhten Betreuungsbedarf haben.
Es ist klar, dass der Kindergarten für jedes Kind ein Inklusionskonzept vorlegen muss. Wir erwarten uns, dass wir diesen Abbau der Warteliste dadurch sehr rasch vorantreiben können, auch dadurch gewährleistet, dass mit allen Trägerinnen und Trägern im Kindergartenbereich, also mit den großen privaten Trägern nicht nur gesprochen wurde, sondern mit ihnen gemeinsam diese Gesetzesänderung, aber auch die Förderrichtlinie erarbeitet wurden. Förderbar sind Kosten, die unmittelbar der Inklusion der Kinder dienen. Das kann sehr, sehr unterschiedlich sein, das war eine absolut bewusste Entscheidung, keine konkreten Vorgaben zu geben, sondern den Kindergartenträgern diese Verantwortung offen zu lassen. Ich nenne ein paar Beispiele: Das können sein Honorarnoten für Therapeutinnen oder Therapeuten, die extra zugekauft werden, Ausbildungsmaßnahmen für das Personal, aber auch zum Beispiel ein höherer Aufwand für hauswirtschaftliche Tätigkeiten, ein höherer Aufwand der PädagogInnen im Zusammenhang mit Elterngesprächen, Entwicklungsgesprächen, Umbauarbeiten, wenn sie denn notwendig sind, spezielle Materialien, die für die Gruppe angeschafft werden, auch zum Beispiel die Verringerung der Kinderanzahl in einer Gruppe oder der Zukauf von Assistenzpersonal.
Das heißt, wir brauchen keine zusätzlichen Inklusions-ElementarpädagogInnen, sondern das Fördergeld kann im Sinne einer Autonomie in der Kindergartengruppe selbst ausgegeben werden. In diesem Sinne, glaube ich, ist uns Großartiges gelungen. Das zeigt auch der einstimmige Beschluss.
Es gibt einen Beschlussantrag der GRÜNEN, auf den ich ganz kurz eingehen will. Ich habe es vorhin erwähnt, es ist möglich, bis zu zwei Inklusionskinder in der Regelgruppe zu betreuen. Dafür gibt es unterschiedliche Fördersätze. Vielleicht auch zur Info: Dieses Programm hat einen ordentlichen finanziellen Rahmen, bis zu 100 Millionen EUR bis 2029, das ist eine ordentliche Summe Geld. In diesem finanziellen Rahmen bewegen wir uns. Der Antrag der GRÜNEN zielt darauf ab, dass jedes Kind gleich viel an Fördermaßnahme erhält. Aber ich habe Ihnen vorhin vorgelesen, wofür die Förderung verwendet wird. Das heißt, sie zielt nicht auf das Kind per se ab, sondern auf die Unterstützung des Kindes mit unterschiedlichsten Maßnahmen. Wenn wir uns in diesem finanziellen Rahmen bewegen, in dem wir es tun, würde dieser Antrag bedeuten, dass wir es wahrscheinlich nicht schaffen, so viele Plätze zur Verfügung zu stellen, die wir aber dringend brauchen. Deswegen bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen, freue mich aber sehr, dass es trotz allem den einheitlichen Beschluss für die Kinder in dieser Stadt gibt. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie von GR Dr. Kurt Stürzenbecher und GR Erich Valentin.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Malle, und ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Bildungsstadtrat, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Vorsitzende!
Wir werden der Post natürlich zustimmen, denn es ist uns auch ganz wichtig, dass Inklusion nicht nur Thema in den Sonntagsreden bleibt, sondern tatsächlich auch gelebte Praxis wird. Es ist ein guter erster Schritt. Aber wir haben eh schon darüber geredet, es geht uns nicht weit genug, und da schließen sich auch viele TrägerInnen in ihren Stellungnahmen an.
Jeden Tag erleben viele Familien in Wien, was es bedeutet, auf einen Platz in einem Kindergarten warten zu müssen, weil es für die Kinder, die einen erhöhten Förderbedarf oder eine Behinderung haben, oftmals schwierig ist, einen zu finden. Sie haben es schon angesprochen: Es gibt 1.000, die auf einen Platz warten. Wir stellen diese Anfrage jedes Jahr, es wird leider nicht weniger. Dabei bräuchten die so dringend einen Platz und auch, dass ihre Bedürfnisse, ihre Fähigkeiten anerkannt werden, dass sie respektiert werden. Das tun wir leider in Wien noch viel zu wenig.
Wir sprechen im Gemeinderat ganz oft über Chancengleichheit und Teilhabe, und diese 1.000 Kinder erleben das eben nicht so, und die Wartelisten sind lang. In vielen Fällen müssen die betroffenen Eltern sogar ihre Berufstätigkeit aufgeben, meistens ist das bei Müttern der Fall, weil eben kein Platz verfügbar ist. Das sind die meisten Geschichten, die uns so erreichen, das sind traurige Schicksale, und das ist ein Zustand, der unerträglich ist und den wir dringend beenden müssen. Wir dürfen nicht mehr zulassen, dass Eltern die BittstellerInnen ihrer Kinder sind. Das kann sich Wien einfach nicht mehr leisten. (Beifall bei den GRÜNEN.) Deshalb ist das Wiener Förderprogramm Inklusion - eine Initiative zur Gewährleistung der bestmöglichen Bildung und Teilhabe von Kindern mit erhöhtem und wesentlich erhöhtem Betreuungsbedarf in Regelgruppen längst überfällig gewesen. Es ist ein wichtiger und richtiger Schritt und trotzdem kein großer Wurf.
Wir haben jetzt schon Kinder mit Behinderungen, die so ein bisschen mitlaufen in den Gruppen, und da ist natürlich die Gefahr, dass man für die dann die Förderung einkassiert. Ob da neue Plätze geschaffen werden, ist ein bisschen zu hinterfragen, das werden wir weiterhin beobachten müssen, sagen auch die Leute in der Praxis: Wir haben diese Kinder schon, ob diese Maßnahme deshalb so viel mehr schaffen wird, sei noch unklar. Deshalb: Wir dürfen uns da auf keinen Fall nur mit halben Lösungen zufriedengeben, die Ausgestaltung des Programms entspricht nicht nur den realen Bedürfnissen, das sagen auch viele Pädagoginnen und Pädagogen, und es ist auch noch offen, ob es zu einer Entlastung führen wird.
Weil Sie, Frau Kollegin Emmerling, gesagt haben, jedem Kind die gleichen Chancen, jedes Kind ist gleich viel wert - das ist nicht ganz richtig, das ist auch die zentrale
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