Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 100
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist GRin Dipl.-Ing. Arapović zu Wort gemeldet. Bitte.
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović (NEOS): Frau Vorsitzende! Werte Berichterstatterin! Liebe Schriftführerinnen! Werte Vizebürgermeisterin! Liebe Kollegin Ludwig-Faymann! Wie man sieht: Druck wirkt, denn es ist eine reine Frauenrunde hier vorn.
Wir haben heute schon viel zu Frauenthemen gehört. Wir haben auch viel darüber gehört, was es braucht, wo es noch wirklich schwerwiegende Themen gibt, wo wir noch ganz, ganz viele Hebel ansetzen müssen und wo noch Druck auszuüben ist. Deswegen habe ich auch überlegt, wie ich meine heutige Rede anlege.
Ich komme eigentlich selten dazu, über dieses Thema zu reden. Wir haben eine wunderbare Frauensprecherin. Da habe ich mir gedacht: Ich setze sie eigentlich anders an. Ich setze sie so an, dass ich sage und behaupte, dass wir Frauen nicht zu etwas gemacht werden müssen. Sondern wir sind es. Frauen müssen nicht stark gemacht werden, sie müssen nicht beschützt werden, sie müssen nicht empowert werden. Wir sind bereits stark, wir sind bereits selbstständig, und wir sind voller Power. Was uns fehlt, sind keine Eigenschaften. Es sind keine Fähigkeiten, die uns fehlen. Was uns fehlt, sind Räume, die wir wirklich selbstverständlich betreten können, und Chancen und Möglichkeiten ohne Vorbehalte. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Es braucht nicht einmal, dass uns Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Das schaffen wir schon allein. Es genügt, wenn uns keine in den Weg gelegt werden, während Männer durch Seilschaft und Netzwerke gestützt werden. Zu lang haben wir zugeschaut, und zu lang wurden wir auch aktiv verhindert. Zu lang schon wurden uns die Türen verschlossen gehalten, die andere selbstverständlich durchschreiten konnten. Zu lang wurde uns zu wenig zugetraut, während Männern über vertraute Verbindungen die besten Chancen zugespielt wurden.
Wien ist eine Stadt, die die Chancen öffnet. Es dauert noch, bis es so weit ist. Es dauert noch, bis all diese Türen genauso selbstverständlich für uns offen sind. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir in Wien Räume schaffen, in denen Frauen und Mädchen ihre Potenziale entdecken, entwickeln und entfalten können. Da setzen wir ganz, ganz viele kleine Zeichen, aber auch Großes, mit dem wir es bewirken.
Ich nenne jetzt als Beispiel den Wiener Töchtertag. Er findet zum 23. Mal statt. Das ist wirklich keine Selbstverständlichkeit. Das heißt, vor 23 Jahren hat man damit begonnen. Es ist einfach unglaublich, sich vor 23 Jahren darüber bewusst zu werden, was das heißt und wie wichtig das ist. Über 5.000 Mädchen haben voriges Jahr oder noch dieses Jahr teilgenommen und konnten in Berufe, die als typische Männerdomänen gelten, hineinblicken und Technik, Digitalisierung, Wissenschaft und Handwerk entdecken. Der Töchtertag zeigt: Ihr könnt alles werden, was ihr wollt. Es gibt keine Türen, die für euch geschlossen bleiben sollten.
Das zeigt uns allen, wie wichtig es ist, diese Erfahrungen wirklich früh zu machen. Ich kann das auch aus meiner Sicht als Mutter sagen. Meine Tochter ist seit ihrem zehnten Lebensjahr bei diesen Töchtertagen. Im ersten Schuljahr in der Unterstufe war sie dort das einzige Mädchen aus der Klasse. Im nächsten Jahr hat ihr Klassenvorstand das so stark unterstützt, dass alle Mädchen an diesem Töchtertag teilgenommen haben. Ich finde das wirklich wichtig. Ganz wichtig finde ich, dass ich erwarte, dass meine Enkel diese Tage nicht mehr brauchen werden.
So leid es mir tut, Frau Vizebürgermeisterin, aber ich hoffe wirklich inständig, dass wir irgendwann einmal so weit sind, dass es solche Empowerments einfach nicht mehr braucht und es einfach eine Selbstverständlichkeit ist. Das ist wirklich mein Anspruch. (Beifall bei den NEOS und von GRin Dr. Jennifer Kickert.)
Es braucht aber auch eine Bühne. Es geht nicht nur darum, dass es diese Türen gibt und man hineinkommt, sondern es braucht auch diese Bühne. Es braucht aber auch andere Bühnen. Das macht die Stadt Wien auch.
Ich muss sagen, in meiner letzten Rede zur Digitalisierung habe ich den Hedy-Lamarr-Preis erwähnt. Der wurde inzwischen auch an Laura Koesten verliehen, die für alles steht, was Frauen in der digitalen Welt leisten können. Sie hat einen Berufswechsel von der Physiotherapie zur Informatik gemacht und zeigt, dass es für Innovation auch in diesem Bereich einfach Mut und Vielfalt braucht. Wirklich meine herzlichste Gratulation auch an dieser Stelle! (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie von GRin Dr. Jennifer Kickert.)
Mit diesem Preis ist es jetzt wirklich eine klare Botschaft, die ausgesendet wird: Digitalisierung ist keine Männerdomäne und sollte keine Männerdomäne sein. Sie ist auch eine Bühne für Vielfalt. Frauen müssen dort gleichberechtigt gesehen werden und mitgestalten. Daher ist die Gleichstellung aller Menschen auch wirklich mein innigster Wunsch und das, was mich antreibt.
Jetzt haben wir sehr stark über die Frauen gesprochen, aber auch wenn wir andere Gruppen ausgrenzen und nicht mitnehmen, sind es Frauen, die sehr schnell in Gefahr geraten, zu den anderen dazuzuzählen, obwohl wir eigentlich die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.
Daher ist Gleichstellung für mich auch keine abstrakte Forderung. Sie ist unsere Aufgabe, die wir alle gemeinsam meistern müssen. Denn es ist unser Anspruch, mitzumachen, mitzuentscheiden und mitzugestalten. Eine Gesellschaft, in der Gleichstellung gelebt wird, ist nicht nur gerechter, sie ist auch kreativer, innovativer und stärker. Denn nur, wenn jeder Mensch gleichermaßen teilhaben kann, können wir eine Zukunft bauen wie ein Haus mit offenen Türen: stabil, einladend, freundlich, hell, voller Leben und Zuversicht. Eine Utopie? - Nur, wenn wir nicht an die Gleichstellung glauben. - Danke schön. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist GRin Mag. Huemer zu Wort gemeldet. Bitte.
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