Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 100
tun das aus voller Überzeugung und mit einer ganzen Reihe an Maßnahmen, die heute hier auch schon zum Teil angesprochen worden sind.
Mir ist es besonders wichtig, bei den Männern selbst anzusetzen und in unserer Gesellschaft an einem gewaltfreien, partnerschaftlichen Männerbild zu arbeiten. Daher war es wichtig und richtig, dass wir im letzten Gemeinderat die Mittel für die Männerberatung Wien verdoppelt haben. Denn sie leistet psychologische, psychotherapeutische, soziale und juristische Hilfe und setzt vor allem bei der Gewaltprävention an. Mit dem Wiener Antigewaltprogramm führt sie ein opferorientiertes Täterprogramm durch und versucht, eine nachhaltige Verhaltensveränderung von gewalttätigen Männern zu erreichen.
Als Zeichen unserer Unterstützung für ein gewaltfreies, partnerschaftliches Männlichkeitsbild tragen viele von uns männlichen Abgeordneten heute den White Ribbon. Es ist uns klar, dass es bestimmt noch ein weiter Weg ist, bis wir eine Gesellschaft haben mit einem durchgängig gewaltfreien Männlichkeitsbild, aber als männliche Politiker wollen wir eine glasklare Haltung zum Ausdruck bringen und versprechen damit auch, alles daran zu setzen, diesem Ziel entgegenzukommen, echte nachhaltige Fortschritte zu erzielen und das selbstverständlich auch über die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ hinaus. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Ellensohn, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Gewalt gegen Frauen ist ein Problem für die Frauen, aber das Problem sind in der Frage die Männer. Wie unterschiedlich Männer sein können, haben Sie an den zwei Vorrednern gesehen. Es gibt den empathielosen Rechtsextremen und es gibt den Herrn Konrad (Ruf bei der FPÖ: Ach …) von den NEOS, der hier sehr deutliche Worte gesprochen hat in der Frage. Ich erkläre es auch gleich … (Zwischenruf bei der FPÖ - Beifall bei den GRÜNEN.) Ich erkläre das gleich: Das erste Frauenhaus in Wien … (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das erste Frauenhaus in Wien wurde wann eröffnet? (GRin Martina Ludwig-Faymann: 1978!) Wann wurde es eröffnet? Am 1. November 1978. Wie hat da ungefähr die Bevölkerungsstruktur ausschaut? Weil es immer um Religionen, Zuwanderung, et cetera geht. Es tut mir wahnsinnig leid, aber es war von der Mehrheitsreligion her eine sehr christlich geprägte. Der muslimische Zuwanderungsanteil war, ich weiß nicht, 2 oder 3 Prozent oder so ähnlich. Das Frauenhaus hat man aber nicht aus Jux und Tollerei 1978 gemacht, sondern zu einem Zeitpunkt, wo Vergewaltigung in der Ehe erst knapp vorher, glaube ich, abgeschafft wurde.
Das ist das Milieu, in dem unsere Väter und Großväter nach dem Krieg aufgewachsen sind! Ein Milieu, in dem Vergewaltigung in der Ehe kein Verbrechen war, in dem man tatsächlich 1978 erst endlich ein erstes Frauenhaus, 1980 dann schon das zweite Frauenhaus aufgestellt hat. Jetzt so zu tun, als ob Gewalt gegen Frauen frisch eingeschwemmt wird von irgendwo (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Zusätzlich!), ist einfach falsch. Wer das macht, macht nicht die Arbeit für die Frauen und für die Männer, die gegen Gewalt sind, sondern macht genau das Gegenteil - weil es euch wurscht ist, weil es der FPÖ und anderen nicht um Lösungen in der Frage geht, sondern nur um die Hetzerei. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)
Das Problem sind die Männer. Schauen wir es uns einmal an. (Ruf bei der FPÖ: Verurteilt ...) Männer ernähren sich schlechter, gehen weniger zum Arzt, sind dementsprechend leider nicht schneller gesund, könnten vermutlich den Abstand zu den Frauen, wann sie sterben, ein bisschen verkürzen und da aufholen.
Die Gefängnisse sind voll mit Männern. (GR Maximilian Krauss, MA: Vor allem mit Ausländern!) Zahlen: Aktuell, am 1. November, sind laut Innenministerium im Gefängnis 6 Prozent Frauen und 94 Prozent Männer. Also müssen wir doch dringend darüber reden, wie wir das ändern können - für uns (StR Dominik Nepp: Woher wissen Sie das, ob von den 6 Prozent alles Frauen sind oder nicht doch Männer?), für die Söhne, für die Enkel. Die Gefängnisse sind nämlich voll. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Woher ursprünglich?) Ja, auch mit Menschen ohne österreichischen Pass, aber auch mit Leuten mit österreichischem. Der Unterschied ist nicht im Wesentlichen der Pass, sondern das Geschlecht. Es sind 94 Prozent Männer im Gefängnis und nur 6 Prozent Frauen.
Stellen wir uns einmal eine Welt vor, in der Männer so gewalttätig und so kriminell sind wie Frauen. Dann hätten wir wie viele weniger im Gefängnis? Tausende Leute, die nicht ins Gefängnis wandern, tausende Opfer, die es nicht braucht! Also haben wir irgendein Problem mit unserem Rollenverständnis. Wie wachsen wir auf? Wie wachsen Männer auf? Wir haben gestern bei uns intern einen Schnellüberfall gekriegt mit der Frage: Wie oft weinst du? Da merkst du, wie alle Männer, die man bei uns fragt, sagen: Moment, was ist das für eine Frage? Da kommen dann unterschiedliche Antworten - beim Fußballspiel oder: Man sollte vielleicht öfter ... Aber wir wachsen einfach anders auf. Sehr, sehr früh werden wir in Rollen hineingedrängt, ob uns die gefallen oder nicht, und dann sind wir, wie wir sind.
Wir wachsen alle gemeinsam in dieser Gesellschaft auf mit dieser Art von Gewalt, das fängt an bei blöden Witzen, das fängt damit an, dass Männer, wenn sie heterosexuell sind, jetzt behaupten, sie wissen nicht mehr, wie sie Anbahnungen mit einer Frau machen sollen. Wie bescheuert kann ein Mann überhaupt sein, dass er nicht weiß, wie das funktioniert? (Beifall bei GRÜNEN und NEOS sowie von GRin Martina Ludwig-Faymann.) Als ob man das nicht wissen würde, was geht und was nicht geht und was erlaubt ist!
So. Was wir auf jeden Fall brauchen, ist mehr - und zum Glück gibt es überall mehr: Es gibt mehr Geld für die Männerberatung, es gibt seit letztem Jahr ein fünftes Frauenhaus, die Arbeit von Martina Ludwig-Faymann rund um die Frauenhäuser kann man nicht genug würdigen, das ist alles sehr, sehr wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr, sehr wichtig ist mir auch, dass sich gerade bei dem Thema auch Männer engagieren. Wir wollen ja nicht, dass unsere Söhne dann so werden, wie manche Männer
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