Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 100
Ich nehme auch keinen Einfluss darauf, also ich habe auch keinen Einfluss darauf. Das ist ein privater Grundbesitzer, der nicht den Stadtrat anruft und fragt: Was hättest du gern? Es tut mir also leid. Ich kann es wirklich nicht beantworten. Ich würde es gern tun.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke, Herr Stadtrat, für die Beantwortung der 5. Anfrage. Die Fragestunde ist somit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „‚16 Tage gegen Gewalt an Frauen‘ Wien - Stadt der Frauen: stark, sicher, selbstbewusst“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte die Erstrednerin, Frau GRin Marina Hanke, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Marina Hanke, BA (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuhörerinnen!
Seit einigen Wochen wird oft nach Frankreich geblickt, wo der Prozess rund um Gisèle Pelicot alle, die sich damit beschäftigen, aufwühlt. Gisèle Pelicot soll über Jahre von ihrem Mann unter Drogen gesetzt worden sein. Er lud andere Männer ein, die betäubte Frau zu vergewaltigen. Diese Woche haben die 50 Angeklagten, die Täter, ausgesagt. Ich möchte ein paar dieser Aussagen vorlesen.
„Ich war wie fremdgesteuert. Ich habe nicht gewusst, dass ich vergewaltige. Sie hat sich ja nur schlafend gestellt und war gar nicht betäubt. Nachdem ihr Ehemann mir seine Erlaubnis gegeben hat, dachte ich mir, dass sie zugestimmt hat. Ich wusste nicht, was Konsens ist und dass ich das brauche.“
Diese Aussagen sind Zeugnis einer Welt, in der Gewalt gegen Frauen normalisiert ist, in der Männer viel zu oft keine Konsequenzen zu spüren haben. Eine Welt, in der Gewalt gegen Frauen normalisiert ist, ist eine Welt, in der Donald Trump, verurteilt wegen sexuellen Missbrauchs und Körperverletzung - es gibt viele weitere Anklagen -, wieder zum Präsidenten der USA geworden ist. Die FPÖ hat ihm gratuliert. (GR Maximilian Krauss, MA: Er ist überhaupt nicht dafür verurteilt! Da geht es um etwas völlig anderes! Sie beweisen schon im ersten Satz, dass Sie keine Ahnung haben!) Es ist eine Welt, in der der neue Verteidigungsminister, wie wir seit wenigen Tagen wissen, nach Vorwürfen des sexuellen Übergriffs Schweigegeld gezahlt hat, in der der neue Justizminister der USA jahrelange Ermittlungen wegen „Sex trafficking“, also Menschenhandel zum Zweck des sexuellen Missbrauchs, erlebt hat. (StR Dominik Nepp, MA: Was ist mit dem Sohn von Biden?)
Was hat das mit Wien zu tun, kann man in einer globalisierten Welt fragen. Das hat uns die Journalistin Corinna Milborn vor Kurzem in einem Video berichtet. Nick Fuentes, ein rechtsextremer Influencer, hat nach den Wahlen in den USA gepostet: „Dein Körper, meine Entscheidung für immer.“ Das hat ein junger Mann in einer Wiener U-Bahn zu einer jungen Frau gesagt. Es sind diese Worte, die ganz viele Frauen aus der ganzen Welt in den letzten Tagen und Wochen zugeschickt bekommen. Es ist aber noch mehr: Wer im Internet ist und durch die Timeline scrollt, der muss lesen: Wieder eine Frau im Iran gefoltert und ermordet. Frau in Polen wegen restriktiver Abtreibungsrechte gestorben. Frauen in Afghanistan dürfen nicht mehr miteinander sprechen. Übermorgen sind Vergewaltigungen legal - Fake News, die im April auf TikTok gestreut worden sind.
Thomas Gottschalk sagt, er hat nie Frauen belästigt, die das nicht wollten. Deutsche Band stellt sich hinter Fotografen, der Nacktbilder gegen Gästelisteplätze getauscht hat. Jede dritte Frau von Gewalt betroffen. Erneuter Femizid in Österreich. Wieso sollte man eine Frau nehmen, die keine Jungfrau ist? Sie ist gebraucht, secondhand, sagt der Influencer Andrew Tate, und 100.000 schauen sich das an. Oder erst gestern: Fotoausstellung zur häuslichen Gewalt in Wien zerstört.
Das begegnet jungen Frauen jeden Tag mitunter mehrere Stunden lang: Gewalt, Retraditionalisierung und das Erleben, dass die Täter davonkommen - in einer Welt, in der Gewalt gegen Frauen normalisiert ist, in der Frauen, die ihre Geschichten erzählen, zum Schweigen gebracht werden sollen, und in der Frauen sogar, wenn sie ermordet werden, noch die Schuld dafür gegeben wird. - Sie hat ihn eifersüchtig gemacht. Er wusste nicht weiter. Sie hat nicht gemacht, was er wollte. Deswegen wurde er zum Mörder. - Das und vieles andere sind Schlagzeilen, die wir lesen, wenn Frauen ermordet werden, weil sie Frauen sind.
Gewalt gegen Frauen ist ein komplexes System. Sie kennt - ich habe jetzt zuerst über junge Frauen gesprochen - auch kein Alter. Während die Aufmerksamkeit oft auf jüngere Betroffene gerichtet ist, bleibt die Gewalt gegen ältere Frauen zum Beispiel häufig im Verborgenen. Gerade sie aber sind in vielerlei Hinsicht besonders gefährdet, sei es durch häusliche Gewalt, Vernachlässigung, finanzielle Abhängigkeit, Angst vor dem Alleinsein oder psychische Übergriffe durch Partner, Kinder oder Angehörige.
Aus diesen und aus vielen anderen Gründen gibt es jedes Jahr die internationale Kampagne der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“. Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, in der Gewalt gegen Frauen nicht nur 16 Tage im Jahr problematisiert wird und in der nicht nur 16 Tage im Jahr gegen Gewalt gegen Frauen vorgegangen wird, sondern in der Gewaltschutz jeden Tag oberste Priorität hat, mit einer Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál, die den Kampf gegen Gewalt an Frauen als genau das positioniert: als oberste Priorität. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, in der es seit mittlerweile Jahrzehnten einen 24-Stunden-Frauennotruf gibt, an den sich von Gewalt betroffene Frauen und Angehörige wenden können, in der er es 5 Frauenhäuser gibt, die auch nach der Istanbul-Konvention genug Plätze für von Gewalt betroffene Frauen zur Verfügung stellen, in der es viele Vereine gibt, die mit von Gewalt betroffenen Frauen
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