Gemeinderat, 57. Sitzung vom 20.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 22
die Zivilgesellschaft aussprechen, an die Freiwilligenorganisationen, an die Nachbarinnen und Nachbarn, an die Freundinnen und Freunde, die jetzt auch in Wien die Schaufel nehmen, nach Niederösterreich fahren und einfach mithelfen. Das ist ein wunderbares Zeichen des Zusammenhalts, auf das wir stolz sein können in Österreich, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich möchte jetzt meinen Blick nach Wien richten und möchte auch da Danke sagen, denn ich glaube, das kann man nicht oft genug wiederholen. In Wien hat wirklich, wirklich vieles sehr, sehr gut funktioniert. Da gilt unser Dank - ich zähle jetzt nur ein paar auf - der MA 45, Wien Kanal, den Wiener Linien - was haben die dieses Wochenende geleistet, dass ab Mittwoch die Öffis wieder unterwegs sind, aber auch die Wiener Netze und ganz, ganz viele Einrichtungen dieser Stadt. Ein großes Danke dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Wochenende, aber auch jetzt diese Tage noch für uns alle da sind, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich möchte mich aber auch sozusagen an weitreichende Entscheidungen erinnern und mich dafür bedanken. Ich bin froh, dass wir in Wien Einrichtungen wie die Donauinsel haben. Ich bin froh, dass wir in Wien Dinge wie die fortschreitende Renaturierung beispielsweise beim Liesingbach haben. Ich bin froh, dass wir - ich war gestern selbst dort beim Auhof - diese Rückhaltebecken haben. Ich bin froh, dass es das alles gibt, es ist gut, dass wir diese Einrichtungen haben, und es ist gut, dass wir diese Einrichtungen - Renaturierung, technischen Hochwasserschutz - auch nicht gegeneinander ausspielen.
Ich finde das - und ich möchte das betonen - richtig, was Herr Bgm Ludwig die letzten Tage gesagt hat. Wir können froh sein, dass wir den Hochwasserschutz haben, wir können froh sein, dass auch die Renaturierung wie beispielsweise am Liesingbach positive Effekte auf den Hochwasserschutz hat. Das ist der Weg, den wir weitergehen müssen, damit wir Wien vor solchen Unwetterextremen schützen können, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es ist mir an dieser Stelle aber wichtig, die Ursachen und die Hintergründe von dem, was wir am Wochenende gesehen haben, auch wirklich zu benennen. Da geht es mir jetzt in dieser ganzen Debatte gar nicht darum, nach hinten zu schauen und irgendwie Schuldige zu finden, sondern es geht mir um eines: Wir müssen das, was hier passiert ist, in der Auswirkung der Klimakrise benennen und auch richtig analysieren, damit wir die richtigen Entscheidungen mit Blick nach vorne treffen können. Das Problem, die Zusammenhänge mit der Klimakrise zu erkennen, ist notwendig, damit wir gute Entscheidungen treffen können. Das nicht zu tun, wäre aus meiner Sicht auch, den Menschen in unserem Land Sand in die Augen zu streuen. Die Menschen in unserem Land, in unserer Stadt erwarten sich zu Recht, dass wir die Ursachen von dem, was an diesem Wochenende passiert ist und was auch im Sommer schon passiert ist, benennen, dass wir vor diesen Herausforderungen nicht davonlaufen, sie auch nicht leugnen, und dass wir dann entschlossen handeln.
Was haben wir an diesem Wochenende gesehen? Wir haben Regenmengen gesehen, die wir ansonsten normalerweise in sechs Monaten sehen. Wir haben gesehen, dass der Wienfluss ein 1.000-jährliches Hochwasser führt, wie die Daten der Stadt gezeigt haben. Wir haben gesehen, dass die Infrastruktur in Wien gehalten hat, aber dass sie an der einen oder anderen Stelle schon nah am Anschlag war und wir uns für die nächsten Jahre gut überlegen müssen, wo es noch Nachbesserungsbedarf gibt.
Wie hängen eigentlich diese großen Hochwasserphänomene, diese Unwetterextreme jetzt wirklich mit der Klimakrise zusammen? Diese Frage lässt sich mit Blick in die Wissenschaft aus zwei Perspektiven eigentlich ganz klar beantworten. Zum einen: Wir denken an diesen Sommer, wir erinnern uns an die Hitze in diesem Sommer. Die hat nicht nur uns in der Stadt betroffen, wir hatten diesen Sommer mit Blick auf das Mittelmeer einen Sommer, in dem sich das Mittelmeer wie noch nie zuvor aufgeheizt hat. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass immer mehr Wasser verdampft, dass mehr Wasser in der Atmosphäre ist, in der Atmosphäre gibt es auch heißere Luft, und das ist eine physikalische Grundregel: Je wärmer die Luft ist, umso mehr Wasser kann sie auch aufnehmen. 1 Grad mehr Erwärmung in der Luft bedeutet 7 Prozent mehr Wasser, das verdunsten kann. Das heißt, was wir gesehen haben, ist, dass extrem viel sozusagen Treibstoffe für diese Unwetterphänomene in der Atmosphäre waren. Das ist ein Wasserkreislauf, der immer intensiver wird, und Studien des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung haben in den letzten Jahren auch ergeben, dass wir bei einer Erderwärmung von 1,5 Grad - ich erinnere Sie, das ist eigentlich der Deckel, den wir uns beim Pariser Klimaabkommen gesetzt haben - Starkregenereignisse um über 20 Prozent zunehmen werden und Überschwemmungen 60 Prozent häufiger machen werden.
Aktuell liegt die globale Erwärmung bei 1,2 Grad. Das ist der Pfad, auf dem wir uns befinden, und die Auswirkungen sind eben schon spürbar. Das bedeutet, die Klimakrise bringt uns einen nasseren Planeten, sie bringt uns extreme und vor allem punktuelle Wetterereignisse, die massive Schäden verursachen können. Warum werden die dann an manchen Orten so extrem? Das hat auch wieder damit zu tun - das ist gerade Gegenstand intensiver Forschung -, dass sich solche Wetterphänomene dann länger an einem Ort befinden. Das heißt, dass sie nicht über den ganzen europäischen Kontinent drüberziehen, sondern - so, wie das jetzt bei dieser Tiefdrucksituation am Wochenende der Fall war - das Tief lange über dem Balkan festsitzt und die Regenmengen dann über Osteuropa und auch über Wien und Niederösterreich stark niedergehen.
Wir sehen also, man kann jetzt ein einzelnes Wetter nicht auf die Klimakrise direkt zurückführen, aber die Klimakrise führt dazu, dass die Intensität und die Häufigkeit von Wetterextremen zunehmen, dass wir mit häufigeren und stärkeren Regenmengen konfrontiert sind. Nur, wenn wir das verstanden und akzeptiert haben und die Klimakrise nicht leugnen, können wir die richtigen Maßnahmen
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