Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 113
ganz viel Wissenschaft und Grundlagenforschung in Wien.
Es gibt ein großes Potenzial für Patentanmeldungen und für die Entwicklung innovativer Produkte. Allerdings gibt es da ein gewisses Missmatch, denn bei der Grundlagenforschung betreffend die Herstellung von innovativen Produkten fehlt es ein bisschen. Ich meine, es ist wichtig, dass wir hier viel investieren, denn wir stehen in einem starken Konkurrenzverhältnis zu anderen Städten, zum Beispiel zu Lissabon. Lissabon hat in den letzten Jahren die sogenannten Collaborative Laboratories total aufgerüstet. Diese Labors arbeiten im Bereich der Grundlagenforschung mit Start-up-Companies zusammen und entwickeln dort Patente und innovative Produkte gemeinsam mit der Universität Lissabon. Vor zwei Tagen war ein Beitrag dazu im ORF zu sehen.
Was macht die Stadt Wien? Sie gibt für Wissenschaft genau 6,6 Prozent des gesamten Budgets für Kultur und Wissenschaft aus. Das sind um 100.000 EUR weniger, als veranschlagt. Und das wird wahrscheinlich zu wenig sein, um uns in diesem Zusammenhang im internationalen Vergleich ein bisschen voranzubringen.
Ich bin ein interessierter Leser Ihres Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsberichtes und suche darin begierig das Wort „Innovation“. Und tatsächlich bin ich auf Seite 40 das erste Mal in diesem Bericht auf das Wort „Innovation“ gestoßen - ich zitiere: „Der Stadt Wien ist bewusst, dass mit zielgerichteter Forschung das vorhandene Potenzial am besten ausgeschöpft werden kann. Die Ergebnisse bringen die Stadt Wien auf ihrem Weg der Zielerreichung näher: Wien soll bis 2030 Innovation Leader und Digitalisierungshauptstadt Europas sein.“ Wenn man auf der nächsten Seite weiterliest, freut man sich, denn dort steht, dass 50,5 Millionen EUR für das Wissenschaftsbudget ausgewiesen werden. Fast 53 Prozent davon gehen allerdings für die Museen drauf. Wenn man weiterliest, kommt man zum Pratermuseum und denkt: Hoffentlich gibt es einen innovativen Watschenmann! Irgendetwas muss doch jetzt bald kommen! Man findet das Wort „Innovation“ dann noch in zwei kleinen Absatzerln, nämlich beim Ludwig Boltzmann Institut und bei der Wirtschaftsuniversität, die zerquetschte 100.000 EUR an Forschungsförderung bekommen haben.
Nur zum Vergleich: Zwei Mal findet sich das Wort „Innovation“ in dem Bericht. 96 Mal kommt hingegen das Wort „Festival“ vor. Frau Stadträtin! Ich verstehe schon! Ich gehe auch lieber mit Ihnen auf ein Festival, als die Knochenarbeit in Labors im Sinne von Forschung und Innovation zu tätigen. Wir werden das aber viel mehr brauchen, denn der Wissenschaftsstandort Wien muss weiterentwickelt werden, und wir brauchen dafür mehr Power und mehr Budget. (Beifall bei der ÖVP.)
Bleiben wir aber bei den Festivals. Mir geht ein Festival beziehungsweise eine Gala ab, nämlich die Wienerlied-Gala im Rathaus. Diese Wienerlied-Gala hat leider das letzte Mal 2020 stattgefunden. Diese wurde jährlich veranstaltet, und wir alle kennen die Wienerlieder. Wir können sogar mitsingen. Ich stimme jetzt nicht „Brüderlein fein“, das „Fiakerlied“ oder die „Reblaus“ an. Sogar Sie kennen diese Lieder. Wir haben gerade vorher darüber gesprochen. Auch wenn Sie in Dresden geboren sind, können Sie die berühmten Wienerlieder mitsingen. Ich glaube, dass dieser Kultur, die nicht nur den Wiener Dialekt, sondern auch den Wiener Wein selbstironisch, humorvoll und moderner denn je darstellt, auch wieder etwas mehr Power und Raum geschenkt werden muss. Deswegen stellen wir dazu einen Beschlussantrag, den Sie, wie ich hoffe, unterstützen werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich ins Theater gehe, freue ich mich natürlich auf das Stück. Was mich dort aber immer besonders fasziniert, sind die Bühnentechnik und die Tontechnik und alles, was da dazugehört. Ich stelle allerdings immer wieder fest, gerade, wenn ich mit jungen Leuten über den Theaterbesuch spreche, dass viele von ihnen gar nicht wissen, dass auch das ein wirklich zentrales Element einer Theateraufführung ist. Und es gibt hier eigentlich relativ wenige Ausbildungsplätze, die diese Aspekte des Kulturbereichs wie Bühnenbild oder Licht- und Tontechnik im Fokus haben. Daher braucht es unserer Meinung nach eine Informationskampagne für Jugendliche, mit der über diese Berufsmöglichkeiten in der Kunst- und Kulturbranche aufgeklärt wird, und es sollte eine eigene Fachschule oder einen eigenen Schulzweig in den Berufsschulen geben, womit diese relevante Berufsausbildung möglich gemacht und dem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegengesteuert wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Zuletzt werden wir noch einen Antrag auf Zuweisung zusammen mit den Grünen einbringen. Es geht darum, dass es in Wien 182 leerstehende Geschäftslokale gibt. Und bekanntlich suchen viele Künstlerinnen Proberäume. Diese sind oft sehr teuer. Im Hinblick darauf meine ich, dass man diese 182 leerstehenden Geschäftslokale durchaus auch dafür nützen könnte. Leerstehende Geschäftslokale sind auch vom Stadtbild her nicht wahnsinnig schön, und deswegen wäre es unser Vorschlag, diese Räumlichkeiten Kunst- und Kulturschaffenden zu vergünstigten Mietpreisen zur Verfügung zu stellen. Auch das belebt Wien und die Grätzln. Ich hoffe diesbezüglich auf Ihre Zustimmung und wünsche Ihnen einen wunderschönen, erholsamen Sommer und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Anderle. Selbstgewählte Redezeit sieben Minuten. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Patricia Anderle (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Auch ich freue mich, dass ich jetzt noch ein paar Worte zum Kulturbereich sprechen darf. Der wirklich druckfrische - wie Kollegin Berner gesagt hat - Kunst- und Kulturbericht 2023 zeigt die Fortschritte und Herausforderungen auf, die wir mit dem Wiener Weg in der Kulturpolitik im letzten Jahr gemeistert haben. Wien ist eine Stadt der Vielfalt, doch nicht alle Wienerinnen und Wiener haben denselben Zugang zu Kunst und Kultur. Deshalb liegt unser Fokus auf Projekten, die kulturelle Teilhabe und Partizipation fördern. Ein gutes Beispiel ist der Verein neuer Wiener Diwan, der sich intensiv mit Fragen nach Identität
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