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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 113

 

finde, dass wir da auch seitens der Politik einfach so tolerant sein müssen, dass wir ihnen das zugestehen, dass sie das selbst für sich entscheiden dürfen und dass sie dann auch von uns die Anerkennung für ihre Leistung bekommen, die sie verdienen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

So, jetzt zum eigentlichen Thema meines Redebeitrags: Ich nutze nämlich diese Rechnungsabschlussdebatte so wie auch schon in den vergangenen Jahren immer wieder dazu, um auf ein Thema aufmerksam zu machen. (Zwischenruf von GRin Martina Ludwig-Faymann.) Nein, Frau Kollegin, Sie brauchen sich gar nicht darüber lustig machen. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Nein, ich mache mich nicht lustig, ich habe geraten!) Es geht nämlich tatsächlich um ein Thema, das uns seit Jahren schon Sorgen bereitet, das aber jetzt - leider, muss man sagen - vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Monate neue Relevanz bekommen hat.

 

Seit Jahren führt Wien die Statistik der vorurteilsmotivierten Straftaten an, das sind sogenannte Hate Crimes. Es gibt jedes Jahr diesen Hate-Crime-Bericht vom Innenministerium, der das genau ausweist. 2022 hat Wien über 1.500 solche Hate Crimes, also solche Straftaten, verzeichnet, weit mehr als alle anderen Bundesländer. In Wien haben da vor allem die Motive Weltanschauung, Religion genauso wie Herkunft oder auch frauenfeindliche Motive dominiert. Religion stellt dabei die dritthäufigste Kategorie dar, also Angriffe gegen Juden, gegen Muslime, gegen Christen, und allein ein Viertel dieser Vorfälle betrifft Angriffe gegen Gläubige und deren Kirchen. Solche Angriffe äußern sich dann wiederum in Sachbeschädigung, häufig gegen Sakralstätten, vor allem also Kirchen, Friedhöfe, Denkmäler. Das sind ganz einfach erschütternde Zahlen. Das kann man nicht anders sagen, das kann man auch nicht schönreden. Dass dieses Thema sonst in dieser Stadt und seitens der Stadtregierung kaum thematisiert wird, ist in Wahrheit ein Armutszeugnis. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn wir jetzt von diesen abstrakten Zahlen einmal weggehen und uns anschauen, was das in der Praxis bedeutet, möchte ich nur einige wenige Beispiele aufzählen. Wir lesen alle, nehme ich einmal an, genug Zeitung und kennen sie selbst. Wir erinnern uns an die antisemitischen Schmierereien im 2. Bezirk vor einigen Wochen, wir erinnern uns an die Meldungen, dass vor einigen Monaten die Antonskirche in Favoriten mit islamistischen Parolen beschmiert wurde, vor wenigen Tagen erst ist im 20. Bezirk anscheinend ein Hakenkreuz in eine Häuserfassade eingeritzt worden. Das sind jetzt wirklich nur drei Beispiele aus dem letzten halben Jahr, in dem es noch viele, viele mehr gegeben hat. Daran sehen wir einfach, dass sich genau das bestätigt, wovor wir seit Jahren warnen, was wir auch seit Jahren kritisieren. Unser Stadtbild in Wien wird immer öfter als Projektionsfläche für Hass, Extremismus, Antisemitismus oder Christenfeindlichkeit missbraucht, und das dürfen wir natürlich so nicht hinnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Jetzt wissen wir, dass die Entfernung dieser Schmierereien leider in vielen Fällen nicht so funktioniert, wie sie sollte, wobei Schmierereien da fast ein verharmlosender Begriff ist, muss man sagen. Es geht ja in Wirklichkeit einfach um Hassparolen, und vor allem Sakralstätten, die Opfer solcher Angriffe werden, bleiben oftmals auf den Kosten sitzen. Um nur wieder ein Beispiel herauszugreifen: Die Antonskirche in Favoriten spricht davon, dass sie die Reinigung dieser islamistischen Parolen bis zu 250.000 EUR kosten wird und sie das natürlich allein nicht stemmen kann. Was ist denn das Ergebnis? Diese Parolen bleiben über Monate, womöglich über Jahre hinweg dort für jeden sichtbar, und das ist in Wirklichkeit genau das, was die Täter wollen. Die wollen natürlich diese Aufmerksamkeit, die wollen, dass das dort lesbar bleibt. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Gab es schon Gespräche?) Anstatt hier weiter den Kopf in den Sand zu stecken und das einfach widerstandslos hinzunehmen, würden wir uns erwarten, dass die Stadtregierung da natürlich eingreift.

 

Dafür gibt es auch internationale Vorbilder, die man heranziehen kann - auch das habe ich in der Vergangenheit schon thematisiert. In Schottland wurde schon vor einigen Jahren ein sogenannter Hate-Crime-Fonds ins Leben gerufen, der eben genau das Ziel hat, betroffene Institutionen und Gotteshäuser bei der Reinigung, Sanierung, aber auch bei der Bekämpfung solcher Hate Crimes zu unterstützen, zum Beispiel durch Videoüberwachung, wo es notwendig ist, wo immer wieder solche Vorfälle passieren. Die Zahlen zeigen uns, dass wir ganz offensichtlich so etwas in Wien schon lange brauchen. Wir stellen deswegen heute auch einen Antrag, mit dem wir genau so einen Fonds fordern, der Betroffene dabei unterstützt, Hassparolen zu beseitigen, und sich zumindest bis zu einem gewissen Grad um die Sanierung kümmert. Wir bitten um Ihre Unterstützung. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Die tatsächliche Redezeit waren jetzt 6 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Schober. Die selbstgewählte Redezeit sind 12 Minuten, die Restredezeit 15. Ich stelle einmal die 15 Minuten ein.

 

14.41.52

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Werte Kollegen und Kolleginnen!

 

Ich möchte ganz kurz mit Kollegen Prack beginnen, denn in den Ausschusssitzungen ist es ja so, dass er auch immer mit Fragen vorbereitet ist, die wir im Ausschuss bekommen. In deiner heutigen Rede, glaube ich, warst du zu sehr auf der eigenen Homepage verhaftet, denn du hast uns den neuen Slogan der GRÜNEN hier sehr oft dargestellt. Ehrlich gesagt, hat mich eine Sache gestört, nämlich herzugehen und uns vorzuschreiben, worauf wir stolz sein können. Das ist etwas, was mir nicht gefällt. Wenn wir als Sozialdemokratie stolz darauf sind, dass wir eine lange Geschichte im Wohnbau haben, dass wir diesen Wohnbau mitgestaltet haben, dann ist das etwas, was man uns selbst überlässt. Wir sind sehr stolz darauf, und ich kann dir garantieren, dass wir noch sehr viele Ideen haben, was den Wohnbau betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich werde jetzt noch ganz kurz über Wohnen, Wohnbau und Wohnqualität sprechen. Unsere Legislaturperiode ist schon fortgeschritten, aber da hat sich in dieser

 

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