Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 113
Kompetenzstelle Inklusion! Da geht man dann hin und hört: Entschuldigung, ihr kriegt keinen Platz. Oder: Entschuldigung, euer Kind muss durch halb Wien fahren und dort in eine Schule weitergehen. Besser wird Wien nimma, steht im Rathaus. Sagen Sie das auch den Eltern der Hans Radl-Schule? (GR Markus Ornig, MBA: Kennen Sie jemanden von der Hans Radl-Schule?) Oder den Eltern der 1.000 Kinder, die auf einen Platz warten? Das ist wirklich erbärmlich, tut mir leid. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Finanzstadtrat Hanke hat gestern erklärt, man wolle Geld in die Hand nehmen, um die wichtigen Punkte zu fördern. Aus unserer Sicht wäre das das Thema Inklusion. In unserem Wien für morgen wird kein Kind zurückgelassen, auch in der Sprachförderung nicht. Im Zusammenhang mit den Kindergärten habe ich gestern auch gehört, dass Wien, ich zitiere: „das beste Kinderbetreuungsprogramm hat“. Ich meine Betreuung und Bildung muss man ein bisschen auftrennen, aber es ist in dem Kontext gefallen, und dieses „wording“ und dieser Superlativ machen mich wirklich stutzig. Es ist auch nicht redlich, und das nicht nur auf Grund der mangelnden Inklusion.
Wenn wir das Beste im Elementarbereich in Wien gesehen haben, dann möchte ich wirklich nicht wissen, was das Schlechteste ist. Und das liegt nicht an den engagierten PädagogInnen und AssistentInnen, denn auch die retten uns das System. Die sind nicht besonders gut bezahlt. Sie gleichen viele Defizite aus, die Sie politisch nicht lösen. Das liegt an einer rückwärtsgewandten Politik von Rot-Pink. Und es ist keine Raketenwissenschaft ... (GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Ist das wirklich dein Ernst? - Beifall bei den GRÜNEN.) Wenn ein System nicht funktioniert, muss es geändert werden. Im Kindergarten geht es mit Ihren Ausgaben im Bereich Inklusion bis jetzt keinen Schritt voran. Nach dem Wiener Kindergarten können Kinder noch nicht ausreichend Deutsch, um dem Unterricht folgen zu können. Ich habe das schon angesprochen. Ich werde das jetzt auch ein bisschen abkürzen. Meine Kolleginnen wollen sich auch noch zu Wort melden.
Ich möchte nur an eines erinnern: Wir waren vor Kurzem mit dem Bildungsausschuss in Hamburg. Das war eine sehr gute Reise, wir haben dort sehr viele gute Dinge erlebt. In Hamburg gibt es frühe Sprachstandserhebungen, gezielte Förderprogramme, inklusive Ansätze, Elternbeteiligung, viel Weiterbildung und Evaluierung auf allen Ebenen. Das ist alles nicht neu. Das ist alles wissenschaftlich bestätigt. Das wäre auch unser Ziel für ein Wien von morgen. Aber irgendwie schaffen wir es in Wien trotzdem nicht. In unserem Wien von morgen sitzen auch Konstantins neben Achmets. Da werden sich vielleicht einige fürchten, aber tatsächlich sitzen sie nebeneinander, und zwar im Kindergarten und in der Schule, denn - abschließend - soziale Durchmischung ist ein Thema. Auch das ist bei uns selbstverständlich.
In einem Wien für morgen müssen Schulen besser durchmischt sein. Gerade, weil wir mit dieser fehlenden Durchmischung einen riesenökonomischen Schaden anrichten. Vielleicht ist das ein Argument auch in Richtung ÖVP, dass Sie ein wenig diese Segregation aufgeben möchten. Wenn man sich schon fragt, wohin sich Kinder integrieren sollen, wenn sprachliche Vorbilder fehlen.
Ich weiß nicht, ob ich mir von der rot-pinken Stadtregierung da noch etwas erwarten kann. Obwohl es auch immer zumindest das Bewusstsein gibt, sehen tut man in dem Bereich nix. In Wirklichkeit sorgen Sie dafür, dass gesellschaftliche Probleme weitergeführt werden, und das ist auch ökonomisch sinnlos, denn mit der sprachlichen Vielfalt ist es ein bisschen so wie im Pflanzenreich. Monokulturen sind vielleicht kurzfristig gut, langfristig aber sicher schädlich. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die tatsächliche Redezeit sind acht Minuten gewesen. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Hungerländer, und ich erteile es ihr. Die selbstgewählte Redezeit beträgt zwölf Minuten. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Guten Morgen, geschätzte Damen und Herren!
Fast zehn Jahre ist es her, dass die Flucht- und Migrationswelle, wie wir sie inzwischen nennen, eingesetzt hat, und nach fast zehn Jahren können wir feststellen: Das war der „Game Changer“. Das war eine Zuwanderungswelle, die unsere Stadt, wie wir inzwischen wissen, nachhaltig verändern wird. Und das in mehrfacher Hinsicht. Nicht nur die Struktur der Zuwanderung war ein „Game Changer“ - männlich dominiert und außereuropäisch -, auch die Vorbildung der Zugewanderten ist auf einem schlechten bis gar nicht vorhandenen Niveau. Wir wissen inzwischen, dass es sich nicht um ein singuläres, einmaliges Event handelt, sondern dass es sich um langfristige, transkontinentale Wanderungsbewegungen handelt. Wir wissen inzwischen, dass das internationale Schutzsystem nicht funktioniert, dass wir eine Vermischung von Asyl und Migration haben, auf die wir nicht vorbereitet sind. Wir wissen inzwischen, dass der Faktor Kommunikation mit dem Herkunftsland eine ganz neue Herausforderung darstellt, meine Damen und Herren.
Auf diesen Game Changer waren wir in vielfacher Hinsicht nicht vorbereitet. Warnende Stimmen wurden im besten Fall ignoriert, im schlechtesten Fall als menschenverachtend bezeichnet, auch in diesem Haus, meine Damen und Herren. Zehn Jahre lang haben wir es nicht geschafft, uns auf diese neuen Bedingungen einzustellen.
Das Ergebnis sehen vielleicht nicht wir, die wir in diesem Raum sitzen, das Ergebnis sehen die Menschen auf der Straße, im Freibad, ganz besonders die Frauen und die Lehrerinnen und Lehrer. Die Ergebnisse sehen wir, wenn wir die steigende Jugendkriminalität anschauen, wenn wir die schlechte Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen anschauen - auch bei den Männern sind wir nur mäßig erfolgreich - und wenn wir die katastrophalen Deutschkenntnisse in Wiener Volksschulen anschauen. Meine Damen und Herren, ich glaube, zehn Jahre nach Einsetzen der Flucht- und Migrationswelle müssen wir feststellen: Wir sind bei der Integration dieser Menschen weitgehend gescheitert! (Beifall bei der ÖVP.)
Nun ist man im Nachhinein bekanntlich schlauer. Aber eine Gruppe, für die das nicht gelten sollte, sind Politiker. Wir dürfen es uns nicht herausnehmen, im Nachhinein schlauer zu sein. Den Anspruch, den wir an uns selber haben müssen, ist, im Vorhinein schlauer zu sein, weil wir
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