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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 80

 

Ich habe jetzt die Rede von vorhin noch ein bisschen im Ohr. Die Stadtregierung lässt niemanden im Stich, das kann man für den Themenbereich Inklusion leider nicht sagen. Wenn ich eine Rede beginne mit „Österreich hat 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert“, dann habe ich irgendwie ein Déjà-vu. Ich habe das hier schon öfters gesagt, und es ist wirklich, als würde man sich ständig wiederholen müssen. Dass man das tatsächlich muss, ist traurige Realität.

 

Wien ist bildungspolitisch Schlusslicht in der Inklusion. Das Recht auf Bildung gilt nicht für alle SchülerInnen. Wir sehen das beim freiwilligen 11. und 12. Schuljahr, bei dem Wien bislang trauriges Schlusslicht in der Genehmigung war. Konsultiert man die Daten über die Kindergärten, schaut man sich diese genauer an, dann zeigt sich da auch ein eher trauriges Bild. Wenn man allerdings die Medienberichte über Inklusion hernimmt und wenn man die Wiener Stadtregierung und auch Sie, Herr Bildungsstadtrat, dazu hört, dann klingt das ein bisschen besser. Ich darf Sie zitieren: „Wir wollen die unterschiedlichen Talente und Interessen von allen Kindern so früh als möglich fördern. Dazu müssen bestmögliche Bedingungen geschaffen werden und das hat für uns als Fortschrittskoalition eine hohe Priorität.“ - Sehr geehrter Herr Wiederkehr, diese hohe Priorität zeigt sich keineswegs in den Zahlen und Daten, denn auch für Kindergärten habe ich schön langsam ein Déjà-vu.

 

Wir stellen jedes Jahr dieselbe Anfrage: Wie viele Kinder mit einer Behinderung warten auf einen Platz in einem städtischen Kindergarten? Es sind jedes Jahr zirka 1.000 Kinder, die Zahl wird nicht kleiner, im Gegenteil, sie ist wieder ein bisschen höher geworden. Das ist ein Armutszeugnis, dass es eine Weltstadt wie Wien nicht schafft, 1.000 Kinder mit einem Platz zu versorgen und 1.000 Kinder leider im wahrsten Sinne des Wortes sitzen lässt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir warten auf die angesprochene Diversifizierung des Berufsfeldes im Kindergarten. Das ist im rot-pinken Regierungsprogramm angekündigt, wir warten bis heute darauf. Ich habe jetzt nur die Probleme im städtischen Bereich angesprochen. Wir treffen als GRÜNE sehr viele private BetreiberInnen, die einen enorm wichtigen Beitrag leisten, was die Plätze betrifft. Sie wissen das, zwei Drittel aller Plätze werden von Privaten zur Verfügung gestellt. Ohne diese Privaten würde das System in Wien, das ohnehin schon ein marodes ist, sofort zusammenbrechen.

 

Diese privaten BetreiberInnen würden gerne mehr Kinder mit Behinderungen aufnehmen, bekommen aber dafür nicht die notwendigen Förderungen. Beispiel Fachassistenz: Wenn eine Fachassistenz im privaten Kindergarten nötig wird, wird das von der Stadt Wien leider nicht gefördert, nur für den städtischen Bereich. Dort aber funktioniert das leider auch nicht so ideal, denn wenn man eine Fachassistenz braucht, kann es sein, dass man dann Kind Nummer 1.000 auf der Warteliste ist. Solche Beispiele erreichen uns ständig, und ich bin mir sicher, dass auch Sie ständig solche Beispiele zu hören bekommen. Wir finden es immer sehr traurig und sehr verantwortungslos, wie Kinder, die an und für sich gut integriert sind, aus einer für sie guten Umgebung, aus einem privaten Kindergarten herausgerissen werden, um in den städtischen Kindergarten zu gehen und dort eventuell erst recht auf der Warteliste zu landen. Das ist zynisch und zieht Probleme nach sich, die dann wiederum oftmals die Frauen betreffen, die wiederum zu Hause die Betreuung übernehmen müssen und ihrem Beruf nicht weiter nachgehen können. Das ist auch aus feministischer Sicht ein Trauerspiel. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Deshalb setzen wir uns nicht nur heute, sondern eigentlich schon seit vier Jahren und mehr für eine Inklusionsoffensive ein, für mehr Plätze bei privaten, elementaren Bildungseinrichtungen, für mehr Ressourcen, für mehr Flexibilität bei der Genehmigung von Fachassistenzen, dass das auch für die Privaten genehmigt wird, damit die Belastung für die Familien und Kinder finanziell und psychisch reduziert wird. Wir wollen ein System, das es Eltern ermöglicht, dass sie nicht mehr BittstellerInnen sein müssen, um ein Recht einzufordern, das ihren Kindern seit 16 Jahren zusteht.

 

Setzen Sie bitte einfach ihre eigenen Vorhaben als rot-pinke Stadtregierung um, von barrierefreien Kindergärten bis hin zu mobilen Supportsystemen! Schaffen Sie Kindergärten, die allen zugänglich sind, insbesondere der Ausbau der inklusiven Plätze bei den privaten BetreiberInnen ist längst fällig! Wir wollen zusätzliche Förderungen für den elementaren Bildungsbereich, für die Privaten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, flächendeckend Plätze anbieten zu können, Plätze in allen Gruppen zu schaffen, denn das Ziel muss schon sein, dass wir auch in der Inklusion einen Schritt vorankommen. Das sollten wir als Gesellschaft schaffen. Bitte handeln Sie, setzen Sie einfach Ihre selbstgesteckten Ziele als rot-pinke Stadtregierung um, handeln Sie im Sinne aller Kinder Wiens! Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.

 

14.28.02

Berichterstatter GR Mag. Marcus Gremel, MBA|: Danke, Herr Vorsitzender! Werter Herr Bildungsstadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wir arbeiten tagtäglich daran, den Kindergärten mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Beim nächsten Poststück geht es um qualitative Verbesserungen der Rahmenbedingungen, bei diesem Poststück, über das ich Bericht erstatten darf, geht es um quantitative, um die Anschlussfinanzierung zur Schaffung von Plätzen. Wir brauchen mehr Plätze in unserer Stadt, damit wir garantieren können, dass jedes Kind, das einen Platz braucht, auch einen bekommt. Das betrifft insbesondere die Null- bis Dreijährigen, aber genauso, wie die Kollegin vorhin geschildert hat, auch die inklusiven Plätze in unserer Stadt. Sie können sich sicher sein, dass wir weiter hart daran arbeiten werden und jedenfalls noch etwas auf die Reise bringen, genauso wie wir es heute tun mit diesem Poststück zur Anschlussfinanzierung. Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung, damit wir einen weiteren Schritt zum Ziel, dass jedes Kind das Recht auf eine bestmögliche Bildung auch einlösen kann, erreichen. Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

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