Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 76
verlangt. Wer dem Antrag die Zustimmung gibt, bitte um ein Zeichen. - Zustimmung bei ÖVP, FPÖ, GR Kieslich, das ist nicht die ausreichende Mehrheit und somit abgelehnt.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 23 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die Festsetzung der Tarife ab 1. Mai 2024 für Impfleistungen des Gesundheitsdienstes der Stadt Wien analog den Ambulatoriumsbeiträgen für Impfleistungen der Klinik Favoriten, und ich darf die Berichterstatterin, Frau GRin Mag. Mautz, ersuchen, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Mag. Andrea Mautz: Ich ersuche um Zustimmung!
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön! Ich eröffne die Debatte, und zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Gorlitzer, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat!
GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Heute zum Schluss geht’s noch um die Impfleistungen des Gesundheitsdienstes der Stadt Wien, ein durchaus wichtiges und interessantes Thema. Vor allem in Hinblick auf die dieses Jahr stattgefundene Masern-Infektionsrate. Sie wissen, die Masern sind eine sehr schwere Infektionskrankheit. Seit der Einführung der Masern-Impfung 1960 ist sie sehr stark zurückgedrängt worden. Österreich hat sich gegenüber der WHO verpflichtet, die Masern-Elimination voranzutreiben. Dafür braucht es eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent in der Bevölkerung. Der Lebendimpfstoff wird in 2 Dosen verabreicht, die Masern-Impfung steht als Kombinationsimpfstoff gemeinsam mit Mumps und Röteln für alle Personen ab 10 Monaten aufwärts kostenfrei zur Verfügung. Idealerweise sollten möglichst Kinder im 1. Lebensjahr geimpft werden, bevor sie in die Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten, Kinderkrippe und natürlich auch Volksschule eintreten.
Wie schaut es mit der Durchimpfungsrate im Moment in Österreich aus? Laut Gesundheitsministerium sind die 1-Jährigen zu 82 Prozent mit der 1. Teilimpfung versorgt worden. Bei der 2. Teilimpfung sackt das Ganze auf 45 Prozent ab, damit sind 18 Prozent, also 15.000 Kinder in Österreich nicht oder nicht ausreichend geimpft. Bei den nachfolgenden Altersgruppen, nämlich der 2- bis 9-Jährigen, sind weitere 50.000 Personen nicht geimpft.
Warum das Thema so wichtig ist, möchte ich Ihnen kurz mit Hilfe einer Graphik darstellen. Da geht es (ein Blatt Papier mit einer Graphik hochhaltend) um die Reproduktionszahlen der Viren, um den sogenannten R0-Wert. Sie sehen dargestellt Grippe und Corona, der rote Punkt ist die infizierte Person, die gelben Punkte sind die Personen, die angesteckt werden. Ganz außen sehen Sie die Masern-Infektionsrate. Die Darstellung bedeutet: Wenn Sie 5 Minuten lang in einem Raum sind und nicht geschützt, sind Sie praktisch zu 100 Prozent infiziert.
Sie können sagen, na ja, das ist mir egal, die paar roten Punkterl halte ich schon aus. Aber eine Masern-Infektion hat auch eine ordentlich hohe Komplikationsrate, nämlich nicht nur Lungenentzündung, Mittelohrentzündung oder Bronchitis, bei 1 bis 2 Personen von 1.000 Erkrankten tritt auch eine lebensbedrohliche Gehirnentzündung auf, eine sogenannte subakute sklerosierende Panenzephalitits, die zum Gehirnzerfall führt und tödlich ist. Bei den Kindern ist das 1 Kind von 600 Masern-Erkrankten, das heißt, das ist bei Kindern noch einmal deutlich gefährlicher.
Worum geht es? Wir haben in Österreich eine Impfskepsis, die durch einige Parteien und Vereine wie die MFG oder die FPÖ verstärkt wird. Ich darf nur erinnern, wie der Parteiobmann der FPÖ über Pferdewurmmittel zur Bekämpfung von Corona geblubbert hat. Es gibt auch zusätzlich Personen, die die Gefahr der Masern-Infektion aus sprachlichen Gründen nicht verstehen oder die aus religiösen Gründen grundsätzlich gegen Impfungen sind.
Wir hatten im letzten Gesundheitsausschuss zu Beginn der Debatte über diese Masern-Infektionsraten, die deutlich angestiegen sind, gesprochen. Normalerweise waren es bis zu 20 Fälle pro Jahr, im Jahr 2024 gab es bereits 374, also fast das 20-Fache von Masern-Fällen in Österreich. Die zuständige Beamtin der MA 15 hat Maßnahmen erklärt zur besseren Information und auch gesagt, ja, sie haben eh einen Impfbus vor die Universität Wien gestellt. Das ist zwar gut, aber das ist komplett die falsche Zielrichtung. Denn die gebildeten und zumeist in Österreich geborenen Menschen sind in der Regel durch den Eltern-Kind-Pass sowieso geimpft und geschützt. Es geht vielmehr darum, eine Informationskampagne zu entwickeln, die die Bevölkerung über die Gefahr einer Infektion und die Möglichkeit des sicheren Schutzes durch diese Impfung aufklärt und informiert.
Seit der Einführung des Mutter-Kind-Passes im Jahr 1974, eine großartige Leistung der Gesundheitsministerin Leodolter damals, wurde die Masern-Mumps-Röteln-Impfung empfohlen und auch dokumentiert. Die davor Geborenen, das sind die heute Über-50-Jährigen, wissen oft nicht, ob sie eine Masern-Infektion gehabt haben und wissen auch nicht, ob sie eine Impfung erhalten haben, weil es nicht dokumentiert worden ist. Das heißt, diese Menschen wissen nicht, ob sie immun gegen das Masern-Virus sind oder nicht. Eine Impfung oder auch eine überstandene Infektion schützt lebenslang. Das ist anders als bei Corona, wo das ja nicht lebenslang schützt, weil der Masern-Virus sich nicht dauernd verändert wie die Corona-Viren.
Deswegen sind wir dafür, dass wir bei Über-50-Jährigen auch einen kostenlosen Antikörpertest anbieten - denn wer lässt sich gern freiwillig oder umsonst impfen -, um die Sicherheit des Immunstatus‘ zu gewährleisten. Falls dieser Antikörpertest negativ sein sollte, sollen die Personen eingeladen werden, eine Masern-Virus-Impfung nachzuholen. Derzeit ist der Masern-Virus-Antikörpertest privat zu bezahlen, das wird von niemanden abgedeckt. Da geht es nicht nur um den Selbstschutz, sondern um den Schutz der Gesundheit unserer gesamten Gesellschaft, und dafür treten wir als Wiener Volkspartei ein und bringen deswegen zwei Beschlussanträge ein: Einen zu einer verstärkten Informationskampagne zum Thema Masern-Infektionen und den zweiten zum kostenlosen Antikörpertest für Personen über 50 Jahre. Wir ersuchen um
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