Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 76
Ein zweites wichtiges Anliegen, das ich heute einbringen möchte und das nicht minder dringend ist, betrifft die Einrichtung einer Long-Covid-Ambulanz in Wien. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe es schon öfters gesagt: Nach der Pandemie werden die Probleme in diesem Bereich, nämlich jene der schwer Erkrankten, nicht weniger, sondern das Gegenteil ist der Fall. Der Bedarf ist weiterhin gegeben. Er ist hoch, er nimmt weiter zu. Die Fachwelt und die Betroffenen sind sich einig, die Wissenschaft ist sich einig: Wir brauchen eine spezialisierte Versorgungsstruktur. Die gibt es nämlich derzeit nicht. Die Behandlungsleitlinien empfehlen ebenfalls, dass Spezialambulanzen eingerichtet werden.
Soweit so gut. Es kann jetzt nämlich in Zukunft auch nicht mehr am Geld scheitern. Der Finanzausgleich sieht Mittel vor, dass auch die Stadt Wien spezialisierte Ambulanzen ausbaut, multiprofessionell und am besten auch niederschwellig. Denn vielleicht wissen Sie es: Die wirklich sehr, sehr schwer Erkrankten können das Haus oft gar nicht verlassen. Das heißt, es braucht da auch eine medizinische Unterstützungsleistung, die teilweise auch zu den Menschen vor Ort kommt. Die Mittel sind, wie gesagt, vorhanden. Ich darf nur in Erinnerung rufen: Die Stadt Wien hat 2024 142,9 Millionen EUR zusätzlich aus dem Finanzausgleich zur Verfügung. Es sollte sich also definitiv ausgehen, dass eine Long-Covid-Ambulanz geschaffen wird. Ich ersuche Sie wirklich, unsere beiden Anträge - einerseits die Arbeitsbedingungen für die Pflege in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu verbessern und andererseits für eine Long-Covid-Ambulanz - zu unterstützen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Weil dann von der FPÖ bald ein Antrag gegen den Europäischen Gesundheitsdatenraum kommen wird und heute eine Debatte zur Europäischen Union stattgefunden hat, erlaube ich mir, hier auch noch ein paar Worte dazu zu sagen. Mit diesem Antrag, nämlich diesem Nein der FPÖ zum Europäischen Gesundheitsdatenraum, ist es eindeutig: Wieder einmal zeigt sich die FPÖ antieuropäisch, ich würde auch sagen, antisolidarisch und antiwissenschaftlich, weil sie hier ganz klar gegen Verbesserungen für die BürgerInnen und PatientInnen auftritt.
Warum sage ich das? Dieser Europäische Gesundheitsdatenraum ermöglicht Forschung, ermöglicht einen sicheren Datentransfer und ermöglicht transparente Informationen für die einzelnen BürgerInnen. Ich glaube, das ist eine große Chance, die wir nützen müssen. Wir müssen sehr wohl die Rahmenbedingungen dafür definieren. Das macht Gesundheitsminister Rauch. Der setzt sich dafür ein, dass ganz klar ist, wer welche Daten sehen darf. Die Daten müssen bei uns PatientInnen liegen. Sie dürfen nicht kommerziell genutzt werden.
Ich glaube, darum geht es in Zukunft. Wir müssen die Digitalisierung auch nützen können und gleichzeitig die Sicherheit der Daten schützen. Ein Nein dagegen, wie es die FPÖ heute wieder einmal vorschlägt, ist ganz klar ein Nein gegen die Chancen und Möglichkeiten für PatientInnen und die PatientInnenversorgung. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Ing. Holawatsch, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Ing. Erol Holawatsch (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich durfte vor zirka zwei Wochen nach Berlin reisen und mir die Digitalisierungsmesse im Gesundheitswesen genauer ansehen. Einerseits war das für mich sehr ernüchternd, andererseits aber auch sehr innovativ und sehr interessant, was ich dort gesehen habe. Ernüchternd deswegen, weil wir als Stadt Wien und Gesamt-Österreich sehr weit hinterherhinken, was die Telemedizin betrifft. Diesbezüglich möchte ich noch einmal hinweisen, wie wichtig die Telemedizin für uns gerade im Gesundheitswesen ist. Telemedizin bedeutet Service, bessere Qualität, besseres Angebot, hohe Sicherheit für Patientinnen und Patienten.
Gerade in einer Zeit, in der technologische Fortschritte sehr wesentlich und die Anforderungen an das Gesundheitssystem sehr, sehr hoch sind und täglich wachsen, ist der Bereich der Telemedizin eine Möglichkeit, Patienten gut zu versorgen. Leider haben wir seit der Corona-Krise verabsäumt, den Bereich der Telemedizin weiterzuentwickeln. Ich denke, da gibt es sehr viel Potenzial nach oben, gerade in Bezug auf Probleme mit Öffnungszeiten, denn gesundheitliche Probleme nehmen da keine Rücksicht. Da wäre die Telemedizin ein wesentlicher Faktor, um die Menschen gut zu versorgen. Denken wir etwa an eine Mutter, die alleinerziehend ist - das Kind fiebert in der Nacht hoch, die Mutter ist verzweifelt. Wäre es nicht innovativ und zukunftsorientiert, der Mutter die Möglichkeit zu geben, Telemedizin einzusetzen, sich online mit einem Arzt zu verbinden, ihn zu befragen, welche Indikation vorliegen könnte, bevor man stundenlang in der Ordination oder der Ambulanz sitzt und nicht weiß, wie es weitergeht? Ich denke, das wäre ein wesentlicher Faktor, wo die Stadt Wien Aufholbedarf hätte. (Beifall bei der ÖVP.)
Genauso verhält es sich im Bereich der chronisch Kranken: Fernüberwachungstechnologie - auch das ist mittlerweile außerhalb von Österreich, von Wien State of the Art. So können wir Menschen dabei unterstützen, nicht permanent in den Gesundheitseinrichtungen sitzen zu müssen, dort Lebenszeit, Wartezeit zu versitzen, wo sie eigentlich zu Hause ganz gut betreut werden könnten. Telemedizin kann das leisten. Es geht nur darum, ob wir bereit sind, innovative Schritte zu setzen, um diesen Bereich weiterzuentwickeln. Leider fehlt mir seit Corona ein wenig der Glaube, dass es so ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, frühzeitige Intervention bei gesundheitlichen Problemen muss unser aller Ziel sein. Es geht darum, den Menschen eine gewisse Sicherheit zu geben, ihnen Effizienz zu bieten - nicht nur den Patientinnen und Patienten, auch dem Gesundheitspersonal. Denn gerade dieses Personal ist massiv überlastet. Wir hätten die Möglichkeit, durch den Einsatz von Telemedizin diesbezüglich einiges abzufangen. Es würde zu einer Win-win-win-Situation kommen für kranke Menschen, für die Angehörigen und auch für die Gesundheitsbetreiber und das Gesundheitspersonal. Wie vorher
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