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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 76

 

geehrten Damen und Herren, das ist nichts anderes als ein Skandal! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nachdem heute Vormittag in der Fragestunde einiges relativ lapidar vom Tisch gewischt wurde, möchte ich noch einmal ein paar Fakten festhalten. Zum Ersten: Sowohl Annie Ernaux als auch Yanis Varoufakis sind mit unfassbar entsetzlichen Aussagen in diesem Zusammenhang in Erscheinung getreten. Annie Ernaux ist seit Jahren Unterstützerin der BDS-Bewegung, die vom Nationalrat als eindeutig antisemitisch eingestuft wird. Ich betone: Nicht von mir, nicht von der Volkspartei, nicht von sonst irgendjemandem, sondern vom Nationalrat, dem Sie ebenfalls als Fraktion angehören.

 

Zum Zweiten: Yanis Varoufakis hat bereits mehrmals öffentlich kundgetan, dass die Hamas für ihn einfach nur Widerstandskämpfer sind, dass der 7. Oktober ein Akt des Widerstandes war und relativiert natürlich damit diesen furchtbaren Terrorakt. Deutschland hat deswegen sogar erst vor einigen Tagen ein Einreiseverbot gegen ihn verhängt, und zwar mit der Begründung, dass damit antisemitische und Israel-feindliche Propaganda zu verhindern wäre.

 

Jetzt muss man sich vorstellen: Da stellt sich der Intendant der Wiener Festwochen dennoch hin und verteidigt genau diese Persönlichkeiten und deren Mitgliedschaft im Rat der Republik. Er verteidigt nicht nur deren Teilnahme, nein, er geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt öffentlich in einem Interview, dass es völlig legitim ist, Petitionen der BDS-Bewegung zu unterschreiben. Das sei angeblich ein Akt der Meinungsfreiheit. Frau Stadträtin, genau diese Argumentation haben Sie heute Vormittag ebenfalls übernommen. Sie haben am Vormittag wörtlich gesagt, es ist ein Akt der Meinungsfreiheit oder auch Teil der künstlerischen Freiheit, dass hier in Wien solche Positionen Gehör bekommen sollen. Das kann einen nur fassungslos machen.

 

Ich sage Ihnen ganz deutlich, wie wir dazu stehen: Antisemitismus ist keine Meinung, und auch das Existenzrecht des Staates Israel anzuzweifeln, ist ebenfalls keine Meinung. Es ist in jedem Fall nichts, was in Wien eine Bühne bekommen sollte. Das ist nicht einmal der Punkt, sondern Punkt ist: Wir entscheiden uns dazu, ob wir etwas mit 14 Millionen EUR Steuergeld fördern, und das ist schlicht inakzeptabel. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Was ich an dieser Sache wirklich ganz persönlich nicht verstehe: Wir haben ja im letzten Gemeinderat bereits einstimmig einen Beschlussantrag beschlossen, in dem wir aussprechen und auch im Begründungstext klar dargelegt ist, wie problematisch diese Persönlichkeiten sind oder zumindest eine Person davon ist. Da hatten wir also schon einen Konsens. Wieso stellen Sie sich dann heute hier hin und verteidigen das noch einmal? Es wäre Ihre Verantwortung, da die Reißleine zu ziehen und Konsequenzen zu setzen - im Übrigen auch im Sinne Ihrer eigenen Fraktion.

 

Ich muss ganz ehrlich sagen, besonders enttäuschend ist ja nicht nur Ihre Reaktion, sondern die der GRÜNEN, denn da gab es in dem Fall gar keine. Jetzt würde man sagen, na ja, gut, von FPÖ und NEOS hat man sich nichts anderes erwartet - also ich zumindest nicht und einige andere hier wahrscheinlich auch -, denn wann würdet ihr schon einmal eurem Koalitionspartner widersprechen, aber dass die GRÜNEN da plötzlich so stumm sind und das auch noch verteidigen, überrascht mich tatsächlich. Wo ist denn eure Moral in diesem Fall, wo ist denn der Aufschrei in diesem Fall, wenn Antisemitismus in unserer Stadt einen Platz bekommen soll? Da ist es euch plötzlich egal, da seid ihr am linken Auge offensichtlich blind, und da wird dann einfach alles totgeschwiegen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich sage auch eines vorweg an Sie gerichtet, Frau Kollegin Anderle: Ich glaube, Sie sind als nächste Rednerin gemeldet, und ich ahne schon, was Sie hier vorbringen werden, um diesen Irrsinn zu verteidigen. Ich nehme einmal an, Sie werden mir sagen, dass ja Annie Ernaux und Yanis Varoufakis gar nicht persönlich in Wien sein werden und dass das deswegen überhaupt nicht schlimm ist, es ist ja keine Tragödie. Der Punkt ist aber, wenn diese Persönlichkeiten auf der Homepage stehen, wenn sie in Ihrem Programmheft zu finden sind, wenn sich der Intendant persönlich dazu bemüßigt fühlt, in Interviews diese Personen auf seitenlangen Ausführungen auch noch persönlich zu verteidigen, dann ist das natürlich problematisch, und deswegen sind Ihre Aussagen auch die pure Heuchelei. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich darf zum Schluss kommen: Sie sehen, das Thema macht mich ziemlich emotional. Zu den ja immer so viel gepriesenen angeblichen Überprüfungen bei antisemitischen Inhalten haben wir im Übrigen auch eine Anfrage an den Bürgermeister gestellt, wie genau das denn vonstattengeht. Die Antwort war de facto: Na, eigentlich gar nicht. Wir bringen deshalb also heute noch einmal einen Antrag dazu ein und fordern, dass das im Kulturbereich endlich funktioniert, denn wir haben da offensichtlich massive Versäumnisse, denen wir begegnen müssen. Es ist in einer Stadt wie Wien - ich sage es noch einmal - völlig inakzeptabel, dass man so etwas nicht nur toleriert, sondern dass man dann auch noch sagt, zum Dank schenken wir euch noch 14 Millionen EUR Steuergeld. Frau Stadträtin, dass Sie sich persönlich hinter solche Persönlichkeiten stellen, ist mehr als traurig. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GRin Anderle. Ich erteile es ihr.

 

15.57.37

GRin Patricia Anderle (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte es hier noch einmal ganz klar und deutlich sagen: In dieser Stadt ist kein Platz für Antisemitismus. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Anscheinend doch!) In einer liberalen demokratischen Gesellschaft sind Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung inakzeptabel. Wir haben ganz klare rechtliche Rahmenbedingungen, die unser Handeln regeln, aber politische Entscheidungen oder politische Einschränkungen, die die Freiheit der Kunst und Wissenschaft beeinträchtigen, gehören nicht in Förderrichtlinien. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir dürfen nicht bestimmen, was Kunst ist, und Kunst und Kultur erheben auch niemals den Anspruch, gefallen

 

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