Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 76
Dies gilt auch für solche Unternehmungen, welche die Gemeinde Wien allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Stadtrechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern beherrscht. Diese Zuständigkeitsregelung entspricht dabei analog jener des Bundesrechnungshofes.
Im Unterschied zum Bundesrechnungshof kann sich die Gebarungskontrolle des Stadtrechnungshofes gemäß § 73b Abs. 3 der Wiener Stadtverfassung allerdings zudem auch auf jene Einrichtungen erstrecken, an denen die Gemeinde Wien keine Mehrheitsbeteiligung hält oder die Gemeinde Wien in deren Organen vertreten ist. Diese Regelung erstreckt sich neben Unternehmungen auch auf Vereine, Arbeitsgemeinschaften oder öffentlich-private Partnerschaften. Voraussetzung ist dabei, dass sich die Gemeinde Wien eine solche Kontrolle durch den Stadtrechnungshof vorbehalten hat. Dies gilt auch für Einrichtungen, die Zuwendungen beziehungsweise Förderungen aus Gemeindemitteln erhalten.
In Hinblick auf die von Ihnen angesprochenen erweiterten Zuständigkeiten des Stadtrechnungshofes ist festzuhalten, dass die Vereinbarung eines Prüfvorbehalts bei Minderheitsbeteiligungen nicht im ausschließlichen Einfluss der Stadt Wien liegt. Vielmehr ist immer auch die Mitwirkung beziehungsweise Zustimmung von Mitgesellschaftern beziehungsweise Partnern erforderlich. Nicht erforderlich ist eine Zustimmung bei der Gewährung von Förderungen an Vereine. Da sind entsprechende Prüfvorbehalte auf Grund der Regelungen des Förderhandbuchs im jeweiligen Fördervertrag durch die Förderdienststelle zwingend zu vereinbaren. Insofern ist daher davon auszugehen, dass in jenen Fallkonstellationen, in denen es keiner Mitwirkung beziehungsweise Zustimmung Dritter bedarf, ein solcher Prüfvorbehalt auch regelmäßig vereinbart wird.
Um Ihre gegenständliche Fragestellung auch umfassender beziehungsweise detailreicher zu beantworten, müssten jedoch sämtliche Satzungen, Gesellschaftsverträge, Statuten, et cetera aller wirtschaftlichen Unternehmungen, Vereine, öffentlich-privater Partnerschaften, Arbeitsgemeinschaften, und so weiter in allen Geschäftsgruppen gesichtet und im Detail geprüft werden.
Dies ist schon auf Grund der zumindest dreistelligen Anzahl an potenziell betroffenen Einrichtungen nicht möglich. Ich weise diesbezüglich auf den Beteiligungsbericht der Stadt Wien 2022 hin. Allein auf der ersten bis dritten Ebene der Beteiligungen der Stadt Wien, ohne Konsolidierungskreis der Wien Holding und der Wiener Stadtwerke, sind rund 80 Kapital- und Personengesellschaften dahin gehend zu überprüfen. Vorab muss festgestellt werden, ob es sich um Unternehmungen handelt, welche die Gemeinde Wien gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Stadtrechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern beherrscht. Ist dies nicht der Fall, so wäre die Satzung hinsichtlich eines Prüfvorbehalts zu untersuchen.
Ich darf daher um Verständnis ersuchen, dass der mit der Erhebung verbundene Verwaltungsaufwand beträchtlich ist. Innerhalb der für die Beantwortung der mündlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit - und diesen Rahmen nehme ich immer sehr ernst - kann eine derartig zeit- und ressourcenintensive Recherche zumindest bis zum heutigen Tag nicht erstellt werden.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank. Die 1. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. GR Dipl.-Ing. Margulies, bitte.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Ich bedanke mich dennoch für die ausführliche Antwort, wenngleich Sie schon selbst den Beteiligungsbericht mit knapp 255 Unternehmen auf den unterschiedlichen Ebenen angesprochen haben. Davon wären weit unter 100 betroffen gewesen, wenn man diverseste - „Stolz auf Wien“, und so weiter - noch herausrechnet und die Beteiligung zwischen 0 und 3 Prozent weglässt, bewegen wir uns in der Größenordnung von 40 Unternehmen.
Wenn es jetzt nicht so schnell gelungen ist, diese zu fragen - kann ich damit rechnen, dass es eine schriftliche Nachreichung auf meine Frage geben wird, damit wir festhalten können, bei welchen Unternehmen es noch keinen Prüfvorbehalt gibt?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr. Michael Ludwig: Bei ausreichender Zeit ist das sicher zu gewährleisten. Aber ich möchte schon darauf verweisen, dass das eine sehr umfassende Tätigkeit ist und natürlich auch eine sehr starke Belastung bestehender Verwaltungseinheiten. Aber wenn das so ein starkes Anliegen ist, wird es mit Sicherheit zu bewerkstelligen sein, allerdings in einem doch etwas umfassenderen Zeitrahmen.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. GR Dr. Gorlitzer, bitte.
GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Vielen Dank für die Beantwortung der Anfrage. 2013 hat Herr GR Thomas Reindl, der sicher ein sehr erfahrener Gemeinderat und vor allem in Verfassungs- und Geschäftsordnungsbelangen ein sehr gescheiter Mensch ist, in der Sitzung bezüglich der Unabhängigkeit der Prüfbefugnisse des Stadtrechnungshofes gesagt, dass auch über PPP-Modelle, wo die Stadt ab 25 Prozent beteiligt ist, gleich direkt eine Prüfung vorzunehmen ist, und das wurde dort stark diskutiert. Auch in Ihrem Regierungsprogramm schreiben Sie, dass bei Minderheitsbeteiligungen der Stadt Wien, wie bei der ARWAG oder Therme Wien, explizite Prüfungen durchgeführt worden sind.
Letztes Jahr haben wir eine Reform des Stadtrechnungshofes gemeinsam beschlossen. Einige Punkte sind aus unserer Sicht durchaus noch nachzubessern. Wir hatten ja eine Bildungsreise nach Hamburg und Berlin, wo wir uns ein bisschen alternative Szenarien angeschaut haben. Die Wiener ÖVP hat schon länger gefordert, dass Unternehmungen oder Vereine, an denen die Stadt Wien ab 25 Prozent beteiligt ist, durchaus zu prüfen sind vom Stadtrechnungshof. Jetzt kommt meine Frage: Ich glaube, es bedarf einer Nachbesserung der Reform des Stadtrechnungshofes. Haben wir das in nächster Zeit zu erwarten, dass wir da ein bisschen nachbessern können?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Bürgermeister, bitte.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular