Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 76
für Eltern, aber insbesondere für Kinder. Wenn man neun Wochen gar nicht Deutsch spricht - und das ist bei vielen Kindern der Fall, die zum Teil dann gar nicht in Wien sind -, ist der Wiedereintritt in die Schule extrem herausfordernd. Das heißt, neben freiwilligen Angeboten bin ich auch dafür, dass Kinder, die es besonders brauchen, zumindest zwei Wochen verpflichtend lernen sollen. Eine Pflicht kann auch Freude bereiten, daher soll es so organisiert sein, dass das Lernen mit Freude stattfinden kann. Aber für diejenigen Kinder, die es besonders brauchen, soll das nicht nur optional sein, weil wir sehen, dass wir manche Kinder einfach nicht erreichen.
Das wären exemplarisch ein paar Punkte, die man bundesweit umsetzen kann. Man muss auch sagen, dass es angesichts der aktuellen Situation mit großem Familiennachzug unverantwortlich ist von der Bundesregierung, vom Bildungsministerium, so zu tun, als ob das eine reine Wiener Angelegenheit wäre. Das ist es nicht. Es benötigt eine bundesweite Kraftanstrengung, um Spracherwerb, um Integration bestmöglich gemeinsam zu bewältigen.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bevor ich die 4. Zusatzfrage vergebe, darf ich für das Protokoll bekannt geben, dass GRin Bozatemur den ganzen Tag anwesend und nicht verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen. - Die 4. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. GR Berger, bitte.
GR Stefan Berger (FPÖ): Herr Vizebürgermeister, bevor ich zu meiner Frage komme, hätte ich noch zwei Anmerkungen. Zum einen: Sie haben die Deutschförderklassen kritisiert, die die einzige FPÖ-ÖVP-Bundesregierung eingeführt hat. Wir waren vor einigen Wochen in Hamburg. Hamburg ist bekanntermaßen Rot-Grün regiert, und auch dort gibt es so etwas in der Art. Es ist nicht eins zu eins umzulegen, aber es hatte durchaus seinen Sinn und seine Hintergedanken, dieses Konzept zu verfolgen.
Wenn ich schon bei der von Ihnen angesprochenen Pflicht bin - da bin ich grundsätzlich voll bei Ihnen. Was wir allerdings im Rahmen der Integration schon sehen, ist, dass je nach Verantwortlichkeit immer die Verantwortung hin und her geschoben wird. Deshalb möchte ich Ihnen eine Frage stellen, die sich auf etwas bezieht, das Sie sehr wohl in der Hand haben: Sie haben durchaus richtig angesprochen, dass insbesondere in der unterrichtsfreien Zeit oder nach Ende der Schulstunde sehr oft nicht Deutsch gesprochen wird. Eine Möglichkeit wäre, auch die Pausensprache als Deutsch festzulegen. Wieso verweigern Sie sich dieser Möglichkeit, die Pausensprache oder die Sprache im Schulgebäude entsprechend vorzugeben?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Ich darf starten mit einer Anmerkung zu Ihrer Anmerkung - Hamburg. Ein ganz wesentlicher Bestandteil, den ich da mitbekommen habe, war eine Art Chancenindex - dass die Schulen, die mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen haben, mehr Mittel bekommen und am Schulstandort entscheiden dürfen, wie sie denn genau die Förderung der deutschen Sprache machen. Das halte ich auch für sinnvoll, denn an manchen Schulstandorten wird es natürlich zeitlich bedingt eigene Gruppen benötigen, um Deutscherwerb zu ermöglichen. Das Problem mit den Deutschförderklassen ist die zentral vorgegebene Art der Durchführung mit wenig Freiheiten an den Schulen und dass die Tatsache nicht gesehen wird, dass es in Wien einfach einen extrem hohen Sprachförderbedarf gibt. Das heißt, da muss man ansetzen.
Ich habe abseits dieses Themas erst letztens einen Fünfpunkteplan präsentiert mit fünf Maßnahmen, die wir als Stadt setzen, um die Sprachförderung zu forcieren. Da war ganz bewusst keine Sprachpolizei dabei, denn eine Sprachpolizei im Schulhof wird nicht sehr viel bringen. Aber selbstverständlich kann man sich in der Schule darauf verständigen, dass man, wenn Personen drum herumstehen, die die Sprache nicht verstehen, aus Respekt vor ihnen Deutsch miteinander spricht. Das halte ich für einen entsprechenden, höflichen Umgang. Aber ich habe auch nichts dagegen, wenn Personen in ihrer Erstsprache miteinander sprechen, zum Beispiel zu Hause, aber auch am Schulhof, wenn gleichzeitig die deutsche Sprache gelernt wird. Das ist meine Weltanschauung, aber nicht nur meine, auch die Empirie in der Sprachwissenschaft zeigt ganz klar, dass es nicht entweder Deutsch oder eine andere Erstsprache ist, sondern dass die Unterstützung von beiden den Spracherwerb am besten unterstützen kann. Darum halte ich nichts von Ihrem Vorschlag, andere Erstsprachen außer Deutsch als etwas Negatives darzustellen. Sie sind eine Bereicherung, wenn auch Deutsch gleichzeitig gelernt wird.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank, Herr Stadtrat. Damit ist die 2. Anfrage beantwortet. - Für das Protokoll darf ich bekannt geben, dass GR Neumayer ganztägig verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen.
Die 3. Anfrage (FSP-570701-2024-KGR/GM) wurde von Herrn GR Dipl.-Ing. Margulies gestellt und ist an den Herrn Bürgermeister gerichtet. In dieser Anfrage geht es um den Stadtrechnungshof Wien und für welche Einrichtungen es noch keinen Prüfvorbehalt gibt. [Gemäß § 73b Abs. 3 WStV kann der Stadtrechnungshof Wien die Gebarung von Einrichtungen (wirtschaftliche Unternehmungen, Vereine, öffentlich private Partnerschaften, Arbeitsgemeinschaften und dergleichen) prüfen, an denen die Gemeinde nicht mit mindestens 50 Prozent des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt oder in deren Organen sie vertreten ist, soweit sich die Gemeinde eine Kontrolle vorbehalten hat. Bei welchen Einrichtungen, bei denen diese Voraussetzungen im Sinne oben zitierter Regelung gegeben sind, gibt es bislang noch keinen Prüfvorbehalt für den Stadtrechnungshof Wien?]
Schönen guten Morgen, Herr Bürgermeister. Bitte!
Bgm Dr. Michael Ludwig: Schönen guten Morgen, Herr Vorsitzender! Hoher Gemeinderat, sehr geehrter Herr GR Margulies!
Wie Ihnen sicher bekannt ist, obliegt dem Stadtrechnungshof Wien die Prüfung der Gebarung der Gemeinde sowie der mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Stiftungen, Anstalten und Fonds. Darüber hinaus kann der Stadtrechnungshof, vereinfacht gesagt, die Gebarung von wirtschaftlichen Unternehmungen prüfen, an denen die Gemeinde Wien direkt oder indirekt mehrheitlich beteiligt ist.
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